031 - Die blaue Hand
verdeckt wurden.
Er öffnete die Garagentür. Sie ging auf eine Nebengasse hinaus. Eine Frau sprach mit einem Milchmann, sonst war niemand zu sehen, doch auch die beiden waren so sehr in ihre Unterhaltung vertieft, daß sie nicht auf den Wagen achteten.
Digby beeilte sich nicht. Er kletterte nochmals aus der Führer kabine, schloß das Garagentor und zündete sich erst eine Pfeife an. Langsam fuhr er dann in Richtung Bayswater Road davon. Er hielt nur kurz an einer Tankstelle und fuhr mit mäßiger Geschwindigkeit weiter durch die Vorstädte, bis er die lange Straße erreichte, die von Staines nach Ascot führt. Hier hielt er an und stieg aus.
Er nahm die kleine, flache Kassette aus seiner Tasche, füllte die Spritze wieder, öffnete die hintere Wagentür und schaute hinein.
Eunice lehnte mit dem Rücken an einer Wagenwand, schläfrig mit dem Kopf nickend. Sie sah ihn verwirrt an.
»Keine Angst!« Er stieß rasch die Nadel in ihren Arm.
Sie verzog das Gesicht ein wenig und streichelte ihren Arm.
»Das tut weh«, murmelte sie.
Als er aus Ascot herauskam, wurde vor ihm ein Auto von Polizisten angehalten. Er mußte ebenfalls warten und beobachtete gespannt die Untersuchung des Wagens vor ihm.
Jetzt kam Digby an die Reihe. Er nickte dem Polizisten freundlich zu. »Kann ich weiterfahren?«
»Ja.«
Der Sergeant machte keinerlei Anstalten, ins Innere des Lieferwagens zu schauen, auf dem der Name einer bekannten Londoner Möbelfirma stand.
Digby atmete auf. Er durfte ein solches Risiko nicht noch einmal eingehen. An der nächsten großen Kreuzung würde ihn bestimmt eine zweite Sperre erwarten. Er mußte nach London zurückfahren. Richtung Stadt wurden die Wagen wohl kaum angehalten. Er bog in eine Nebenstraße ein und erreichte bald wieder die Hauptstraße. Hier passierte er einen weiteren Wachposten. Die Polizisten nahmen gar keine Notiz von ihm. Sie hielten nur die Wagen in entgegengesetzter Richtung an, und stadtauswärts wartete eine lange Schlange von Autos.
Der sicherste Ort, wohin er Eunice bringen konnte, war eine von ihm gemietete Garage in Paddington, die schon der Bande der Dreizehn gute Dienste geleistet hatte. Sie stand seit fast einem Jahr leer, nur Jackson war öfters dort gewesen, um die dazugehörigen Räume in Ordnung zu halten.
Er erreichte den Westen Londons, als es zu regnen begann. Alles ging nach Wunsch. Die Straße, in der sich auf der Rückseite eines Häuserblocks die Garage befand, lag vollkommen verlassen. Er öffnete das Tor und fuhr den Wagen hinein, bevor etwa anwesende Inhaber von Nachbargaragen auftauchen und ihre Neugierde befriedigen konnten.
Digby besaß einen Hauptschlüssel für alle von ihm benutzten Garagen, Häuser und Räume, mit dem er sämtliche Schlösser öffnen konnte.
Halb führte, halb trug er Eunice aus dem Wagen. Sie seufzte, denn sie fühlte sich müde und zerschlagen.
»Hier!« Er drängte sie vor sich her eine dunkle Treppe hinauf. Oben auf dem Treppenpodest blieb er stehen und schaltete das Vorplatzlicht an. Er öffnete die Tür zu dem Appartement, das zur Garage gehörte, trat rasch ein und zog die schweren Vorhänge zu, bevor er Licht machte. Das nett möblierte Zimmer sah gemütlich aus, obwohl seit einem Monat nicht mehr abgestaubt worden war. Er fühlte Eunice den Puls und sah ihr in die Augen.
»Sie fühlen sich jetzt wohl - warten Sie hier, ich bin gleich zurück. Ich will nur etwas zum Essen einkaufen.«
Nach zwanzig Minuten kam er zurück und sah, daß sie den Mantel abgelegt und sich Hände und Gesicht gewaschen hatte. Sie trocknete sich die Hände, als er eintrat.
Er durfte ihr keine Spritze mehr geben, die letzte Dosis war zu stark gewesen, und er fürchtete, daß sie zusammenbrechen oder eine Herzschwäche bekommen könnte. Das wäre für ihn ebenso unangenehm wie für sie.
»Essen Sie etwas«, schlug er vor.
Sie setzte sich gehorsam an den Tisch. Er hatte kalten Braten, Käse, Butter und Brot mitgebracht. Aus der winzigen Küche nebenan holte er zwei Gläser und füllte sie mit Wein.
»Ich fühle mich so furchtbar müde«, sagte sie, ohne etwas anzurühren.
Um so besser, dachte Digby Groat, dann wird sie jetzt einschlafen.
Sie zog die Schuhe aus und legte sich auf die Couch. Kaum hatte sie sich mit einem tiefen Seufzer zur Wand gedreht, schlief sie schon fest.
Digby aß allein. Nachher rauchte er lange. Nun war also Eunice in seiner Gewalt. Wenn die Situation auch nicht gerade angenehm war, tröstete ihn die Aussicht auf die
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