0315 - Der Mörder
irgendetwas mit einer Telefonzelle, drei Meilen von Ihnen entfernt, zu unternehmen beabsichtige, kam er nicht selbst, sondern schickte Boswell. Schickte er Bargeld oder einen Scheck mit?«
So angeschlagen der Anwalt war, auf diese Frage gab er keine Antwort.
»Sie können sich die Antwort in Ruhe überlegen. Als Zeuge eines Verbrechens nehme ich Sie ohnedies in Haft. Komm, Phil! Die Nachricht, dass sich die Stowe-Unterlagen jetzt in den Händen des Mörders befinden, möchte ich William Harkort persönlich servieren.«
»Augenblick noch! Wir haben nicht geklärt, warum der Mörder herkam, anstatt zu der Telefonzelle. Haben Sie uns angelogen, Chatwood?«
»Nein«, krächzte er. »Stimmte alles.«
Mir fiel etwas ein.
»Wie oft haben Sie nach sieben Uhr heute Abend telefoniert?«, fragte ich.
»Ich weiß nicht genau, vier- oder fünfmal.«
»Genauer gefragt: Wie oft wurden Sie angerufen?«
»Zweimal!«
»Wann genau?«
»Etwa um sieben Uhr dreißig und dann noch einmal, etwa zehn Minuten vor acht.«
»Wer war am Apparat?«
»Niemand! Es meldete sich niemand! Wahrscheinlich waren es falsche Verbindungen.«
Ich lachte.
»Ihnen hätte ich weniger Naivität zugetraut, Chatwood. Sie hatten den Mörder an der Strippe. Er überprüfte auf diese simple Weise, ob Sie auf dem Weg zum Treffpunkt waren, und da Sie zu Hause geblieben sind, kam er zu Ihnen. Ich nehme an, dass er sah, wie Matthew Boswell Ihre Wohnung betrat, und darauf verzichtete er auf einen persönlichen Besuch, sondern lauerte im Treppenhaus auf Boswell, knallte ihn nieder, nahm die Aktentasche mit den Papieren und verschwand. Chatwood, wenn Sie nicht so scharf auf Harkorts Dollars gewesen wären, wenn Sie mit uns gearbeitet hätten, dann wüssten wir jetzt, wo wir den Mörder suchen müssten.«
Inspektor McFarth kam herein, und ich wandte mich an ihn.
»Inspektor, bitte, verwahren Sie ihn für uns. Ich hoffe, ihn vor einen Richter bringen zu können.«
Als wir Chatwoods Wohnung verließen, deckten gerade zwei Cops den reglosen Mann auf dem Treppenpodest mit einer Decke zu.
***
William D. Harkorts Privatwohnung lag in der obersten Etage des Hauses, in dem er auch seine Büros unterhielt.
Nicht ein kleiderschrankbreiter Gorilla, sondern ein Mädchen mit Spitzenhäubchen und weißer Schürze öffnete auf unser Läuten.
»Mr. Harkort gibt eine Party«, antwortete sie, als wir den Chef zu sprechen wünschten. »Ich weiß nicht, ob ich ihn stören darf.«
»Haben Sie keine Hemmungen, Miss! Mr. Harkort wird unsere Mitteilung sehr wichtig finden.«
Wir mussten in der Diele warten, und das Girl verschwand hinter einem Vorhang, der den Zugang zu den Haupträumen verdeckte. Wir hörten Stimmengewirr, Tanzmusik und Gelächter.
Harkort erschien nach drei Minuten. Er trug einen Smoking, den Phil und ich uns nicht einmal leisten konnten, wenn wir ihn abwechselnd angezogen hätten. Sein Gesicht - das Gesicht eines alten Filmliebhabers, der nicht auf geben will - zeigte ein Lächeln, das mir ziemlich verkrampft erschien.
»Hallo, G-men«, sagte er. »Hoffentlich keine schlechten Nachrichten, die Sie bringen.«
»Der Mörder erschoss vor einer halben Stunde Matthew Boswell.«
Wenn ich ihm einen knallenden Haken versetzt hätte, die Wirkung hätte nicht durchschlagender sein können. Er wankte, wurde kreidebleich im Gesicht und sah schlagartig alt und verfallen aus.
»Das ist doch nicht möglich!«, stammelte er.
»Wenn Sie es nicht glauben, so können Sie sich Ihren Berufskiller mit der Vorliebe für Whisky und Mädchen im Leichenschauhaus ansehen.«
»Und Chatwood?«
»Der lebt und wurde nicht einmal angekratzt. Harkort, Matthew Boswell wurde erschossen, als er Chatwoods Büro verließ. Er trug die Unterlagen, die Stowe so sorgfältig gegen Sie gesammelt hat, bei sich. Das ganze Zeug befindet sich jetzt in den Händen des Mörders.«
Er nagte an seiner Unterlippe und schien sich langsam von dem Schock zu erholen.
»Sie können mich nicht festnehmen.«
Ich ging so nahe an ihn heran, dass ich sein Rasierwasser riechen konnte.
»Ich kann Sie auch festnehmen, Harkort,. aber ich weiß, dass Ihre Anwälte Sie wieder herauspauken werden. Ich nehme Sie nicht fest, aber Sie werden uns nicht los. Bisher haben Sie eine Leibgarde aus Gangstern gehabt. Jetzt erhalten Sie eine Garde von zwei G-men.«
»Ich verstehe nicht…«
»Der Mörder oder wahrscheinlicher Celia Seado, werden Sie anrufen. Ich glaube, dass Sie bald angerufen werden, und wir wollen
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