0315 - Der Mörder
»aber Mr. Harkort ist wirklich verreist. Ich kann Ihnen auch nicht sagen, wann er zurückkehren wird.«
»Seit wann?«, blaffte die Frau.
Phil gestikulierte mit den Händen. Miss Jane verstand ihn.
»Seit gestern. Er verreiste plötzlich!«
»Oh, dieser…«, drang es noch aus dem Lautsprecher. Dann war die Verbindung unterbrochen.
Phil stand auf.
»Das war der richtige Anruf«, sagte er. »Ich glaube nicht, dass sie es noch einmal versuchen wird, aber bleiben Sie für alle Fälle bei der gleichen Antwort.«
»Jawohl, Mr. Decker!«
Phil verließ das Büro und fuhr nach Lowery.
***
»Dr. James Litman?«, wiederholte Lieutenant Croft von der City-Polizei, Chef des 87. Reviers in Lowery. »Sie wollen doch nicht sagen, Mr. Cotton, dass gegen Dr. Litman etwas vorliegt?«
»Das wird sich herausstellen. Ich brauche alle Einzelheiten über ihn.«
»Er bezog vor etwa sieben Jahren das Haus in der Stypel Street, und er bewohnt es allein mit seinem jetzt etwa elf Jahre alten Sohn. Als Dr. Litman nach Lowery zog, hatte er kurz vorher seine Frau verloren. Ich nehme an, dass das der Grund war, warum er seine Praxis in Manhattan aufgab. Jetzt hält er seine Sprechstunden in zwei Räumen ab, die er in einem Haus der Main Street gemietet hat.«
»Hat er eine Sprechstundenhilfe?«
»Ich denke doch. Ich werde versuchen, es festzustellen.«
Während der Lieutenant sich noch bemühte, den Namen der Sprechstundenhilfe herauszufinden, kam Phil.
»Celia Seado rief an«, berichtete er. »Jetzt wissen sie es also, dass Harkort angeblich nach Südamerika getürmt ist und keine Dollars schickt.«
Nach einer Viertelstunde hatte Lieutenant Croft herausbekommen, dass die Sprechstundenhilfe des Arztes Grit Hamson hieß und bei ihren Eltern im Lowery-Bezirk wohnte. Wir fuhren sofort zu der angegebenen Adresse und trafen das Mädchen, ein hübsches, rothaariges Ding, an.
»Dr. Litman hält zurzeit keine Sprechstunden ab«, erklärte Miss Hamson uns. »Er ist selbst krank.«
»Wann erfuhren Sie das?«
»Er rief mich vor vier Tagen an, sagte es mir und bat mich, ein entsprechendes Schild an der Praxistür anzubringen und die Patienten an Dr. Tavel zu verweisen.«
»Haben Sie sich über seine plötzliche Erkrankung nicht gewundert?«
»Ja, er war noch nie krank, und ich wollte zu ihm farhren, um ihn zu pflegen und zu versorgen, aber er lehnte es brüsk ab.«
»Hat Dr. Litman keine Haushilfe?«
»Doch, eine Mrs. Pharson, die jeden Vormittag das Haus in Ordnung bringt.«
»Kennen Sie die Adresse?«
»Selbstverständlich.« Sie nannte sie uns.
Zehn Minuten später saßen wir Mrs. Pharson gegenüber.
»Ich weiß gar nicht, was in Dr. Litman gefahren ist. Als ich vor vier Tagen in seine Wohnung kam, war er noch dort. Sonst ist er um die Zeit immer schon in seiner Praxis. Er sagte mir barsch, ich brauche vorläufig nicht zu kommen, und dann verlangte er die Wohnungsschlüssel von mir, ich hatte nämlich alle Schlüssel. Na, ich war beleidigt, und ich warf sie ihm vor die Füße und sagte ihm, er solle sich gefälligst nach einer anderen Hilfe Umsehen, aber er antwortete nichts, sondern schlug mir die Tür vor der Nase zu. Ist etwas Besonderes mit ihm?«
Wir ließen Mrs. Pharsons neugierige Fragen unbeantwortet, aber Phil fragte seinerseits: »In welche Schule geht Dr. Litmans Sohn?«
»In die fünfte Klasse der Bezirksschule.«
Der Schuldiener rief den Klassenlehrer aus der Unterrichtsstunde.
»Hat Tommy Litman etwas ausgefressen?«, fragt er lächelnd, als er hörte, dass wir FBI-Beamte wären, und wir mussten ein Grinsen unterdrücken bei der Vorstellung, dass G-men zur Aufklärung von Schuljungen-Streichen eingesetzt werden könnten. »Leider können Sie Tommy nicht sehen. Er ist seit einigen Tagen krankgemeldet. Dr. Litman rief selbst bei mir an und entschuldigte seinen Sohn.«
»Danke«, antwortete ich. »Ich denke, wir sehen jetzt klar.«
Wir ließen den verdutzten Lehrer stehen, und als wir in den Wagen stiegen, sagte ich zu Phil: »Jetzt brauchen wir ein Dutzend Kollegen, mindestens zwei Wagen und ein paar Funksprechgeräte.«
»Organisieren wir«, antwortete er, »aber wir sollten auch im Archiv nachsehen, ob Dr. Litman wirklich so unantastbar ist, wie er seinen Mitbürgern vorkommt;«
Am Nachmittag, als die genaue Überwachung des Hauses in der Stypel Street längst funktionierte, legte der Leiter unseres Archivs einen schmalen Aktenordner vor mich hin.
Ich pfiff leise durch die Zähne, als ich ihn auf
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