0315 - Der Mörder
habe sie abgesessen.«
»Sie haben auch Leute behandelt, die zur Gang von Dan Stowe gehörten, nicht wahr? Ich glaube, Sie haben auch Dan Stowe selbst einmal zusammengeflickt. Stimmt das?«
Das Misstrauen glomm wieder in seinen Augen auf.
»Es mag sein«, stieß er hastig hervor. »Ich erinnere mich nicht an die Namen. Ich habe meistens nicht einmal danach gefragt.«
»Doc, flicken Sie noch immer Patienten dieser Sorte?«
»Nein!« Er schrie das Wort geradezu. »Ich habe nichts mehr damit zu tun!« Er sprach so hastig, dass seine Stimme sich überschlug. »Damals habe ich es nur wegen meiner Frau getan. Ich wollte rascher verdienen, mehr verdienen, damit ich ihr das Leben bieten konnte, das sie gewohnt war. Sie war Schauspielerin gewesen, eine erfolgreiche Schauspielerin. Sie war es gewöhnt, teure Pelze, teuren Schmuck zu tragen. Sie wollte nicht darauf verzichten, und ich liebte sie. Nur darum wurde ich zum Gangster-Arzt.« Plötzlich erschöpft, schwieg er. »Das wissen Sie doch alles«, sagte er leise nach zwei Atemzügen, in denen er nach’ Luft rang. »Meine Frau ist seit sieben Jahren tot. Warum sollte ich mich weiter als Arzt für Gangster hergeben?«
»Dafür könnte es mehrere Gründe geben«, sagte ich langsam. »Es hat keinen Sinn, Dr. Litman, wenn Sie uns nicht reinen Wein einschenken.«
Er schien meine Worte gar nicht gehört zu haben.
»Ich muss gehen«, stieß er hervor. »Ich habe keine Zeit. Ich werde in meinem Haus erwartet. Bitte, lassen Sie mich gehen.«
»Wer erwartet Sie?«, fragte ich.
»Wer?« Er log verzweifelt. »Niemand! Ich… ich erwarte einen wichtigen Anruf!«
»Schön, Dr. Litman! Wir werden Sie in Ihre Wohnung begleiten!«
Er knickte so in die Knie, dass ich unwillkürlich nach seinem Arm griff, weil ich fürchtete, er würde zusammenbrechen, aber er riss sich zusammen.
»Sie können mich nicht begleiten«, stieß er leise hervor. »Wenn Sie mitkämen, würde etwas Schreckliches geschehen. Sie müssen mich jetzt gehen lassen. Es erregt Verdacht, wenn ich nicht rechtzeitig zurückkomme.«
»Sie wissen, dass Sie mit uns sprechen müssen«, sagte ich ernst.
»Ja«, antwortete er, »ich werde sehen, dass ich am Nachmittag das Haus noch einmal verlassen kann.«
Ich nickte Phil zu. Wir blieben zurück, und der Arzt ging mit hastigen, stolpernden Schritten weiter.
Am Nachmittag gegen vier Uhr kam er zum zweiten Mal aus dem Haus. Wir erhielten die Nachricht und warteten in der Rüssel Street auf ihn.
Er blieb von selbst stehen, als er uns erblickte.
»Ich habe etwa eine halbe Stunde Zeit«, sagte er. »Ich machte ihnen klar, dass ich Medikamente und Geräte aus meiner Praxis holen müsste.«
»Sie sind also in Ihrer Wohnung.«
»Ja«, antwortete er, »ein Mann und eine Frau. Ich glaube, der Mann wird allgemein der Mörder genannt; und die Frau heißt Celia Seado. Sie scheint eine Freundin Dan Stowes gewesen zu sein.« Er schien viel ruhiger als am Vormittag.
»Am besten gehen wir zu meiner Praxis. Wir können unterwegs darüber sprechen. Ich verliere so keine Zeit.«
Während wir weitergingen, der Arzt in der Mitte zwischen Phil und mir, fragte ich: »Wann kamen sie?«
»Vor fünf Nächten. Ich öffnete, und der Mann setzte mir sofort eine Pistole auf die Brust. Ich versuchte, ihn zu überrumpeln, aber er schlug mich mit der Waffe nieder, und als ich zu mir kam, da hatten sie bereits Tommy aus seinem Bett geholt und erklärten mir, sie würden den Jungen töten, wenn ich mich nach ihren Wünschen nicht richtete. Sie hatten beide Pistolen, der Mann und auch die Frau.«
»Woher wussten sie über Ihre Lebensumstände so gut Bescheid. Es hätten doch noch mehr Leute in Ihrem Haus sein können?«
»Die Frau war genau informiert, Vor einem Jahr hat Stowe noch einmal versucht, mich als Arzt einzuspannen. Zwei seiner Leute waren lädiert worden, und ich sollte sie flicken, aber ich lehnte es ab, obwohl er mir drohte. Es geschah dann auch nichts, aber die Frau wird wahrscheinlich bei dieser Gelegenheit alles über mich erfahren haben.«
»Der Mörder war schwer verletzt.«
»Er ist es noch, aber er ist von einer unglaublichen Zähigkeit. Sie zwangen mich, die Wunde sofort zu behandeln.«
»Hatten Sie keine Gelegenheit, ihn zu betäuben oder so etwas?«, fragte Phil.
Dr. Litman schüttelte den Kopf.
»Er wollte es nicht. Er duldete nicht, dass ich ihm eine Spritze gab. Ich musste seine Verletzung ohne Betäubung säubern und vernähen. Er wurde fast verrückt vor
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