0315 - Medusas Schreckensnacht
beabsichtigte, ließ sich nicht feststellen. Die Abschirmung, die die Mädchen am Einsatz ihrer Telepathiegabe hinderte, bestand nach wie vor. Und bei Parker und Leon trauten sie sich selbst trotzdem nicht mehr über den Weg. Wie hatten sich beide so abschirmen können, daß sie auch bei vorsichtigen Sondierungsversuchen nicht zu durchschauen gewesen waren?
Die Schritte entfernten sich, wurden leiser und waren schließlich nicht mehr zu hören.
Dennoch blieb Ungewißheit. Vielleicht hatte der Mann dennoch etwas gemerkt und nur so getan, als entferne er sich, um die beiden Mädchen in Sicherheit zu wiegen?
»Egal«, flüsterte Uschi. »Wir müssen es riskieren. Ich will mir nicht die ganze Mühe umsonst gemacht haben.« Sie hatte sich die Uhr wieder übers Handgelenk gestreift. »Vielleicht schaffen wir es ja.«
Sie packte die nur einen Zentimeter weit vorstehende Türkante und zog daran. Die Schloßzunge gab auf der anderen Seite nach.
»Vorsicht – sie kippt…«
»Und sie kratzt«, keuchte Monica entsetzt. »Hoffentlich quietscht sie nicht! Metall auf Stein… verflixt!«
Die gelöste Tür war schwer. Sie mußten sie um mindestens einen halben Meter zur Seite schieben, um hindurchschlüpfen zu können, und sie dabei an den Rahmen lehnen, damit sie nicht mit einem Donnerschlag umkippte. Sie jetzt von außen wieder so anzuziehen, daß sie wie verschlossen aussah, war unmöglich. Es wäre vielleicht gegangen, wenn sie das Schloß losgeschraubt hätten, aber diese Schrauben waren so versenkt, daß Uschi mit der Armbandzierplattenspitze nichts ausrichten konnte. So waren nur die Angeln geblieben.
Endlich standen sie auf dem Korridor.
»Und nun?« fragte Monica leise und ratlos. Rechts und links führte jeweils in einiger Entfernung eine Treppe nach oben. Über welche sie in den Keller geschafft worden waren, wußten sie beide nicht zu sagen, weil sie da ohne Besinnung waren.
»Rechts«, entschied Uschi. »Los – und leise.«
Sie huschten über den Gang bis zur Treppe, blieben vorsichtig stehen. Sie lauschten. Aber niemand war zu hören. Das ganze Haus war wie ausgestorben. Welch ein Unterschied zu der Party am vergangenen Abend!
Uschi schlich sich hoch, sah sich wieder vorsichtig um. Nach einem weiteren kurzen Gangstück kam eine Holztür. Mit ein paar Schritten war Uschi da, legte das Ohr ans Holz und lauschte wieder.
Dann versuchte sie, durchs Schlüsselloch zu spähen.
Hinter der hölzernen Tür befand sich der Eingangsbereich des Bungalows!
»Besser kann es gar nicht mehr kommen«, flüsterte Uschi begeistert und teilte ihrer Schwester mit, was sie sah. Monica blieb pessimistisch. »Denke an die Dienerschaft. Es braucht bloß einer überraschend aufzukreuzen oder im Vorgarten zu tun haben…«
»Egal. Wir müssen es riskieren. Oder sollen wir uns hier wieder erwischen lassen?«
Monica versuchte erneut, telepathisch nach der Umgebung zu tasten. Aber sie stieß wieder auf die Abschirmung. Sie schien inzwischen das ganze Haus zu umfassen. Noch keine Chance, mit Gedankenkraft um Hilfe zu rufen. Zamorra… Gryf … Teri Rheken … egal wo auf dem Erdball sie sich aufhielten. Vielleicht war einer von ihnen in einigermaßen erreichbarer Nähe.
Uschi drückte die Türklinke herunter. Sie gab nach. Lautlos schwang die Tür nach außen auf. Uschi glitt in die Eingangshalle hinaus. Monica folgte ihr sofort.
Niemand zu sehen.
Sollte ihnen die Flucht wirklich gelingen?
Uschi war schon an der gläsernen Haustür. Wenn die jetzt verriegelt war, weil alle Bewohner den Bungalow verlassen hatten…?
Die Haustür ließ sich öffnen!
Vorsichtig sah Uschi sich um. Niemand draußen zu sehen. Da trat sie ins Freie.
Monica tauchte hinter ihr auf. »Sollten wir uns nicht nach irgendwas zum Anziehen umsehen?« überlegte sie. »Wir können doch nicht…«
»Wir müssen«, entschied Uschi. »Ich möchte zwar auch nicht, aber wir verlieren zuviel Zeit. Los, lauf.«
»Da drüben sind die Garagen«, sagte Monica. »Ich versuche, einen Wagen zu erwischen. Vielleicht gelingt es mir.«
»Du bist ja verrückt!« keuchte Uschi.
Monica bewegte sich schon seitwärts, dicht an der Hauswand entlang. Ihr Ziel war die Großgarage.
Eine seitliche Tür war offen. Monica schlüpfte hinein. Drei Fahrzeuge standen da, darunter der Ferrari vom vergangenen Abend.
Aber die Fahrzeuge waren abgeschlossen, und Monica sah keine Möglichkeit, an die Wagen heranzukommen. Aber sie konnte etwas anderes tun. Sie löste an allen drei Wagen
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