0316 - Das Todeslied der Unterwelt
morgen früh um neun in unser Office. Wir sagen Ihnen dann, was wir davon halten und welche Rolle wir spielen können. Einverstanden?« Er sah mich forschend an, er sah Phil forschend an. Er drückte seine Zigarre aus und nickte.
»Okay. Ich sehe ein, daß Sie Zeit brauchen. Sie können die Akten bis morgen früh behalten. Es sind ja doch nur die Fotokopien oder die Durchschlage. Wir sehen uns also um 9 Uhr in Ihrem Office.«
Er ging. Und wir machten uns noch einmal an die Arbeit.
***
Um halb zwölf ungefähr kam mir ein vager Verdacht. Ich grübelte ein bißchen darüber nach. Um völlig ungestört dabei zu sein, sagte ich:
»Wie wär's mit Kaffee?«
Ich mußte es zweimal sagen, bis Phil es hörte.
Er nickte, ohne von der Akte aufzublicken, die er gerade vor sich liegen hatte.
In der kleinen Küche, die zu meiner Wohnung gehört, setzte ich Wasser auf, öffnete das Fenster und lehnte mich hinaus.
Die frische Nachtluft tat mir wohl. Ich atmete tief.
Als der Kaffee fertig war, wußte ich noch immer nicht, was ich von meinem jäh aufgekommenen Verdacht halten sollte.
Ich brachte den Kaffee ins Wohnzimmer, schenkte zwei Tassen ein und schob Phil die eine hin.
Er lehnte sich zurück, reckte sich und griff nach der Tasse.
»Das war ein guter Einfall«, murmelte er. '
»Hör mal zu, Alter«, entgegnete ich. »Wenn dieser ganze Plunder nun ein einziger Bluff ist?«
Phil setzte die Tasse hin, ohne daß er getrunken hatte.
»Ein Bluff? Wieso?«
Ich zuckte die Achseln.
»Was weiß ich, warum? Aber bei einer Sache von solchen Ausmaßen ist nichts zu phantastisch. Und was wissen wir schon von Gordon? Ich sah ihn zum ersten Mal.«
»Ich auch«, gab Phil zu. »Und wir haben von ihm nicht einmal seinen Ausweis verlangt. Er muß doch einen Ausweis von der WI haben, daß er als Detektiv für sie arbeitet. Er muß sogar eine richtige Lizenz als Detektiv haben, sonst kann er doch gar nichts anfangen.«
Ich ging zum Telefon und blätterte im dickleibigen Verzeichnis von Manhattan.
»Wen willst du anrufen?« fragte Phil.
»Den Boß der WI.«
»Jetzt? Mitten in der Nacht?«
»Bei dem, was hier auf dem Spiel steht, wird wohl auch ein Generaldirektor mal nachts ans Telefon gehen können.«
Ich hatte das Besetzt-Zeichen im Hörer.
Mit der linken Hand drückte ich die Gabel nieder, mit der rechten hielt ich den Hörer.
Nach einer Weile wählte ich erneut. Immer noch besetzt.
Ich wartete und wählte ein drittes Mal.
Endlich war die Leitung frei.
Der Mann, der gerade noch telefoniert haben mußte, konnte noch nicht weit von seinem Apparat weg sein, denn er meldete sich sehr schnell.
»Cotton, Federal Bureaü of Investigation«, sagte ich, damit es ein bißchen amtlich klang. »Sie sind der Boß der Western Insurance?«
»Der bin ich, mein Verehrter. Ich hoffe, daß Sie mich nicht um Mitternacht anrufen, um sich nach unseren Prämien zu erkundigen. Für FBI-Beamte sind sie höher als für gewöhnliche Sterbliche. Das sage ich Ihnen gleich.«
»Sie verraten mir nichts Neues«, grinste ich. »Ich wollte Sie etwas anderes fragen. Kennen Sie einen Mann namens Duff Gordon?«
»Sicher kenne ich den. Schließlich arbeitet er für uns.«
»Wie sieht er aus?«
»Warum wollen Sie das wissen?«
»Würde es Ihnen viel ausmachen, wenn ich darauf keine Antwort gebe?«
»Staatsgeheimnis, eh? Na, meinetwegen.«
Er fing an, Duff Gordon zu beschreiben. Ich brachte Zwischenfragen an. Es war nicht zu leugnen. Duff Gordon war Duff Gordon.
»Als was arbeitet er für Ihre Gesellschaft?«
»Er leitet unsere Prüfungsabteilung für angemeldete Schadenfälle.«
»Also eine Art Chefdetektiv?«
»So kann man es auch nennen.«
»Danke schön, das war alles. Gute Nacht!«
Ich legte den Hörer so schnell auf, daß er keine Rückfrage stellen konnte. Phil sah mich fragend an.
»Gordon ist echt«, erklärte ich. »Aber damit ist immer noch nicht gesagt., ob auch dieses Material echt ist. Wir müssen uns davon überzeugen, bevor er morgen früh wieder aufkreuzt. Wahrscheinlich wird uns morgen früh auch der Chef nach unserer Meinung fragen. Wir können ihm nicht auf gut Glück empfehlen, mit dem ganzen New Yorker FBI offiziell in die Geschichte einzusteigen, bevor wir nicht wissen, ob das Material echt ist. Wenn es stimmt, wird es am Ende so viel Staub aufwirbeln, daß die Zeitungen des ganzen Landes wochenlang voll davon sein werden.«
»Daran habe ich auch schon gedacht«, gestand Phil. »Aber wie wollen wir prüfen, ob es echt
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