032 - Das Monster aus der Retorte
Besonderheiten
eines Volkes – auch Komplikationen gegeben, die nun offenbar ausgeschaltet
werden sollen.“ Keiko Yamado öffnete ihr kleines, perlenbesetztes Handtäschchen
und sagte, daß sie nur den Wagen aus der Parklücke holen wolle. Das Auto stand
in der hintersten, dunklen Ecke des Platzes. Um nach dort zu kommen, mußte die
Agentin einen vorgebauten Häuserblock umgehen. Sie verschwand im Kernschatten
des Hauses, wo das Licht der Straßenlaternen und der Neonreklamelichter sie
nicht mehr erreichte. Larry Brent stand plaudernd bei dem japanischen Ehepaar,
als er den dumpfen, unterdrückten Aufschrei hörte, dann schlug eine Autotür zu.
Geistesgegenwärtig warf Larry sich herum, stürmte um die vorspringende Hauswand
und starrte hinüber zu der Reihe der parkenden Wagen, die vor der hohen Mauer
standen, die den Platz begrenzte. Gleich rechts befand sich eine Ausfahrt. „ Larry !“
Er hörte, daß Keiko seinen Namen rief. Und das war
auch der letzte Ton, der über ihre Lippen kam. Brent erblickte zwei dunkle
Schatten. Zwei Gestalten, die wie Spinnen aneinanderklebten.
Die eine Gestalt mußte Keiko sein, die neben dem Wagen
gestanden hatte, um ihn aufzuschließen. Ihr war aufgelauert worden. Wer aber
war die andere ? X-RAY-3 verlor keine Sekunde mehr. Er hörte noch die
raschen, dumpfen Schritte hinter sich. Offenbar hatte auch Keimatse inzwischen
gemerkt, daß hier etwas vorging. Der Amerikaner beeilte sich. Er wollte keine
Zeit verlieren, als er sah, daß Keiko Yamado brutal in ihren dunkelblauen
Chevrolet gestoßen wurde. Die andere Gestalt warf sich blitzschnell hinter das
Steuer des Sportwagens, dessen weißes Verdeck geschlossen war. Der Motor sprang
an, und die Scheinwerfer strahlten grell gegen die Mauer. Der Wagen machte
einen Satz nach hinten.
Larry Brent erreichte ihn in diesem Augenblick. Er
faßte die Tür zum Fahrersitz und wollte sie aufreißen, aber die Tür war von
innen gesichert. Der Mann hinter dem Steuer gab Gas, riß den Wagen herum und
startete erneut. X-RAY-3 wurde durch die Gewalt des Manövers zu Boden
geschleudert. Für den Bruchteil eines Augenblicks schwebte er in höchster
Lebensgefahr, als der brutale Fahrer den Wagen so steuerte, daß die Vorderräder
unbedingt über den am Boden liegenden Agenten rollen mußten.
Schweiß perlte auf Larry Brents Stirn.
Er rollte sich herum und wich um Haaresbreite den
durchdrehenden Reifen aus. X-RAY-3 kam halb unter einen anderen Wagen zu
liegen, schnellte aber wie ein Pfeil wieder nach vorn, warf sich auf das Heck
des vorüberschießenden Wagens und konnte sich an der überstehenden Chromleiste
festkrallen.
Brent sah noch, daß Keimatse und seine Frau um die
Ecke eilten und wie von Sinnen dem davonrasenden Wagen nachblickten, auf dessen
Kofferraum er lag und versuchte, sich einen festeren Halt zu geben, um nicht
abzurutschen. Der Chevrolet schoß hinaus auf die Straße. Durch das Rückfenster
sah der Amerikaner, daß Keiko Yamado offenbar ohnmächtig war. Reglos lag sie
halb über dem Sitz neben dem Fahrer. Ihre Arme hingen über der Rückenlehne, ihr
Kopf lag seitlich. Sie hatte den Mund halb geöffnet. Unterhalb der Schläfe des
kurzgeschnittenen, modern frisierten Haares sickerte ein dunkler Blutstropfen
hervor, und es sah so aus, als wäre Keiko mit einem spitzen Metallgegenstand,
vielleicht mit einem Messer, gefährlich verletzt worden. Larrys Lippen wurden
schmal. Seine Augen waren hart. Er versuchte, sich hochzuziehen. Seine
Fingernägel krallten sich in das Textildach des Sportwagens.
Er nahm die Dinge, die sich um ihn herum abspielten,
nur beiläufig wahr. Er sah die dunklen Gassen, durch die der Chevrolet raste,
und die kleinen, finsteren Häuser huschten wie Schemen an dem wie irrsinnig
beschleunigten Fahrzeug vorbei. Larry Brent war in diesen Sekunden nicht mehr
sicher, in welchem Teil Tokios er sich befand. Er wußte nur, daß es eine
Vielzahl von dunklen, abseits gelegenen Gassen gab, die direkt auf die Ginza
führten. Von dieser Prachtstraße waren sie vor wenigen Minuten gar nicht allzu
weit entfernt gewesen. Aber der geheimnisvolle Fahrer, der den Wagen Keiko
Yamados an sich genommen hatte, schien kein Interesse zu haben, auf dem belebtesten
Boulevard Tokios mit einem gestohlenen Wagen zu fliehen. Durch das rückwärtige
Seitenfenster gelang es Brent, einen besseren Blick in das Innere des
Sportwagens zu werfen. Er sah das lange, bis auf die Schulter fallende Haar des
Fahrers. Eine Frau?
Er erblickte die Unterarme
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