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032 - Töchter der Nacht

032 - Töchter der Nacht

Titel: 032 - Töchter der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edgar Wallace
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froh sein, wenn wir den Abschaum der ganzen Menschheit anheuern konnten. Aber heute, bei der modernen Ölfeuerung, können wir uns die Leute aussuchen, und gewöhnlich sind sie dem Chefingenieur persönlich bekannt.«
    »Ist das Mr. Smythe?«
    »Ja. Kennen Sie ihn?«
    »Ich habe von ihm gehört. Er ist der Freund eines guten Bekannten von mir.«

14
    Margot war merkwürdig wach an diesem Abend. Lange noch stand sie an Deck, nachdem die meisten Passagiere schon nach unten gegangen waren, und las bei einer Lampe.
    Sie sah, wie Mrs. Markham vorbeikam und sich auf den Arm ihres Butlers stützte. Kurz darauf verschwanden die beiden wieder.
    Die meisten Lichter an Bord waren gelöscht, und die Decks lagen verhältnismäßig einsam und verlassen da. Nur ein paar Unentwegte gingen noch auf und ab.
    Margot wollte gerade aufbrechen, als sie einen Mann bemerkte, der langsam vom Schiffsende her näherkam. Er trug Abendkleidung und hielt sich ständig nahe der Reling, wobei er die meiste Zeit auf die dunkle Wasserfläche hinaussah. Erst als er in die Nähe ihres Stuhls kam, drehte er sich um.
    Mit einem lauten Ausruf sprang sie auf.
    Es war Jim Bartholomew!
    »Jim!« rief sie atemlos und streckte beide Hände aus. »Warum - wieso . . .«
    »Pst!« flüsterte er. »Nenne mich nicht Jim.«
    »Aber ich verstehe nicht. . .«
    »Nenne mich John Wilkinson, das ist auch ein ganz guter Name.«
    »Aber, Jim, was ist denn passiert? Was hat das alles zu bedeuten? Warum bist du auf dem Schiff? Ich freue mich ja so! Ich hatte mir schon große Sorgen gemacht, als du bei der Abfahrt nicht da warst.«
    Er sah sich vorsichtig um.
    »Geh zur Reling und tu so, als ob du aufs Meer hinausschaust - dann komm' ich zu dir, und wir können miteinander sprechen.« Er wartete, dann trat er neben sie und sagte ernst und leise: »Ich möchte, daß wir wirkliche Freunde werden.«
    »Das brauchst du nicht erst zu betonen«, erwiderte sie ebenso leise.
    »Ich fürchte, deine Geduld wird auf eine harte Probe gestellt - aber zuallererst möchte ich dich bitten, mich jeden Abend hier zu erwarten.«
    »Warum kann ich dich nicht am Tag treffen?«
    »Ach, es gibt Gründe - du kennst sie noch nicht . . .«
    Ihr Herz schlug heftig. Sie fürchtete, daß ihm etwas geschehen könnte, und wilde Vermutungen stiegen in ihr auf. Doch das brachte sie dem Geheimnis auch nicht näher.
    »Ich verstehe es nicht.« Sie legte ihre Hand auf die seine. »Aber ich vertraue dir, und ich bin so glücklich, daß du wenigstens an Bord des Schiffes bist. Unter welchem Namen sagtest du?«
    »John Wilkinson. Es war nicht gerade eine originelle Idee, nur einfach der erste Name, der mir eingefallen ist.«
    »Wo ist deine Kabine?«
    Er lachte leise.
    »Eine Kabine habe ich nicht, wenigstens nicht für mich allein.«
    »Aber, Jim . . .«
    Er drückte ihre Hand.
    »Mein Liebling, vor ein paar Tagen hätte ich dich kurzerhand in die Arme nehmen können - ich hätte dich bitten können, meine Frau zu werden. Aber diese Gelegenheit habe ich versäumt. Es war eine Art Eitelkeit - die Männer nennen es auch Stolz -, die mich zurückhielt, weil du sehr reich bist. Und heute laufe ich nicht nur Gefahr, dich ganz zu verlieren, sondern muß dir auch großen Kummer bereiten. Aber, so hoffe ich, in vier Tagen wird die schlimmste Gefahr abgewendet sein.«
    »In den nächsten vier Tagen?« fragte sie besorgt.
    »Ja, es klingt seltsam - in den nächsten vier Tagen muß ich mein Ziel erreichen, sonst steht es schlimm um meine Sache. Liebste Margot, willst du mir soviel Vertrauen schenken? Kannst du solange warten?«
    Sie nickte und schmiegte sich an ihn.
    »So, nun mußt du nach unten gehen. Ich werde hier an die Reling gelehnt stehenbleiben. Dort vorne kommt so ein schiefäugiger Schiffsinspektor, der soll keine Unterhaltung mit mir anfangen. Gute Nacht.«
    Er zog ihre eine Hand unter seinen Arm und küßte ihre Fingerspitzen.
    Ihre Gedanken wirbelten durcheinander, Freude und Furcht rissen sie hin und her. Sie fürchtete für den Mann, den sie liebte, denn sie fühlte, daß er in großer Gefahr schwebte.

15
    Am nächsten Morgen unterhielt sich Margot Cameron mit dem Obersteward. Sie gab ihren einzelnen Tisch auf und ließ sich einen Platz am Tisch des Zahlmeisters anweisen. Vier weitere Passagiere hatten schon Ihre Plätze dort. Zwei von ihnen erschienen während der ganzen Reise nicht zu den Mahlzeiten. Der dritte war ein Deutschamerikaner, der immer sehr zeitig kam und gewöhnlich den Tisch schon wieder

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