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032 - Töchter der Nacht

032 - Töchter der Nacht

Titel: 032 - Töchter der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edgar Wallace
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verlassen hatte, bis Margot erschien.
    »Ich habe noch nie eine so unangenehme Tischgesellschaft gehabt«, sagte der Zahlmeister zu Margot. »Und ich bin Ihnen sehr dankbar, daß Sie mir Gesellschaft leisten wollen - das macht das Leben noch einmal so ebenswert. In Zukunft werde ich von jedem Passagier, der einen Platz an meinem Tisch wünscht, eine schriftliche Garantie verlangen, daß er zu den Mahlzeiten auch wirklich erscheint. Übrigens speist gewöhnlich noch ein italienischer Offizier mit mir zusammen - haben Sie ihn vielleicht schon gesehen?«
    »Ach, ist es der Herr mit den grauen Breeches?«
    Sie hatte den distinguierten italienischen Stabsoffizier in seiner feldgrauen Uniform, den vielen Goldtressen und den blankpolierten Reitstiefeln schon ein paarmal gesehen. Vor allem war er ihr durch seine Breeches und den eleganten Schnitt seines Waffenrocks aufgefallen.
    »Ja, den meine ich. Er heißt Pietro Visconti, ist ein großer Patriot und geht als Attaché an die italienische Botschaft in Washington. Jedenfalls reist er mit diplomatischem Paß.«
    Kurz darauf erschien der Italiener. Er war verhältnismäßig klein, hatte scharf geschnittene, intelligente Gesichtszüge und sprach sehr viel und sehr lebhaft. Sein Benehmen war tadellos; er bewegte sich etwas eckig militärisch, besonders wenn er sich aus dem Hüftgelenk heraus verbeugte. Er sprach fließend Englisch, war äußerst unterhaltsam und hatte sogar Humor.
    Margot brauchte seiner Komplimente wegen nicht allzu besorgt zu sein. Er würde ihr nicht gefährlich werden, denn er vertraute ihr noch am gleichen Nachmittag an, daß er sich leidenschaftlich in eine andere Dame verliebt hätte. Margot seufzte erleichtert auf, als sie dies hörte. Es handelte sich um niemand anders als Mrs. Markham. Er schwärmte von ihren schönen Augen, ihrer anmutigen Gestalt, ihrem zarten, reinen Teint und ihrer vornehmen Haltung. Auch nach diesem ersten Geständnis sprach er jedesmal, wenn er bei dem Thema angekommen war, eine halbe Stunde lang ohne Punkt und Komma weiter. Margot war froh über die Zerstreuung. Die Tage waren ihr bis jetzt schon recht lang vorgekommen der heutige Tag aber wollte überhaupt kein Ende nehmen. Sie versuchte, am Nachmittag ein wenig auszuruhen und zu schlafen, um frisch und munter für die Unterhaltung mit Jim zu sein, aber sie konnte nicht einschlafen. Und als sie dann an Deck zurückkehrte, traf sie Major Visconti, der sie sogleich wieder in eine Unterhaltung verwickelte.
    Am Abend stellte ihr Mrs. Markham den Pfarrer Charles Price vor. Nach einem kurzen Gespräch schon war sie angenehm überrascht, weil sie es mit einem liebenswürdigen, klugen Mann zu tun hatte, der sich sehr taktvoll mit ihr unterhielt und in seinen Ansichten großzügig war.
    Er erzählte ihr, daß er aus Gesundheitsrücksichten eine Reise nach Europa unternommen hätte.
    »War es wegen Ihrer Nerven?« fragte Margot.
    Er sah sie überrascht an.
    »Ja. Wie kommen Sie darauf?«
    »Sie sind etwas nervös. Seit Sie mit mir sprechen, sehen Sie sich dauernd um und fahren beim geringsten Geräusch zusammen.«
    »Ja, das stimmt. Und natürlich hat mir auch das Abenteuer von Mrs. Markham zugesetzt. Es tut mir wirklich leid, daß sie solche Aufregungen hat, aber ich muß sagen, daß sie recht mutig ist.«
    Der Decksteward brachte den Tee, den er auf kleinen, geflochtenen Unterlagen servierte.
    »Gehen Sie zu Bekannten nach Amerika?« fragte Mr. Price, als er die Teetasse entgegennahm.
    »In gewisser Weise ja, aber hauptsächlich ist es ein geschäftlicher Besuch. Und dann kann ich hoffentlich bald wieder nach England zurückfahren.«
    Im gleichen Augenblick fiel ihr ein, daß sie nicht sofort umzukehren brauchte, da ja Jim auch nach Amerika reiste. Was er in New York vorhatte, wußte sie freilich nicht. Die nächsten vier Tage sollten eine wichtige Entscheidung für ihn bringen. Wo mochte er sich nur aufhalten? Warum kam er nicht aufs Promenadendeck zu den anderen Passagieren?
    Schließlich gab sie es auf, das Geheimnis lösen zu wollen. Mr. Price, der sie dauernd durch seine große Brille scharf beobachtet hatte, stellte die leere Teetasse ab.
    »Meiner Meinung nach sind Sie selbst sehr nervös, Miss Cameron!« sagte er.

16
    Als Margot zum Abendessen kam, fand sie außer der Bordzeitung auch noch eine Passagierliste vor. Darauf hatte sie schon sehr gewartet, aber nicht gewagt, danach zu fragen. Sorgfältig ging sie die langen Spalten durch, und als sie überall nachgesehen hatte,

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