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032

Titel: 032 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Die Seiltänzerin
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Wache rief, aller Wahrscheinlichkeit nach in größere Schwierigkeiten bringen würde als den Zwerg, erwiderte mürrisch: „Es passt mir nicht, getäuscht zu werden."
    Überrascht durch den furchtsamen Unterton, den Carys' Stimme enthalten hatte, hielt Deri sich vor, dass er zwar der Sohn eines reichen Freisassen, indes nicht von Adel
    war, und bezähmte daher seinen Unmut. „Wir haben nicht einmal um Unterkunft gebeten", äußerte er brummig. „Du hast sie uns angeboten."
    „Ich habe dem Mann bereits gesagt, dass wir nicht versucht haben, ihn zu täuschen, sondern uns nur aus Sicherheitsgründen so verkleidet haben, weil Telor etwas bei Lord William zu erledigen hat", warf Carys ein. Sie hatte sehr bekümmert geklungen.

    „Und ich habe nichts getan, das den Mann so verärgert haben kann. Ich habe Ann nur geholfen, in dem Topf zu rühren."
    Beinahe hätte Deri gelacht. Niemals hatte er gehört, dass einem potenziellen Mitlügner Informationen in derart unschuldigem Ton mitgeteilt wurden. Da Carys wohl kaum jemandem die Wahrheit anvertraut hätte und er keine gute Meinung über Besitzer des Speisehauses hatte, war er mit ihren Märchen einverstanden. An den Wirt gewandt, sagte er: „Falls es dir Leid tut, das Geld nicht bekommen zu haben, das du erhalten hättest, nur weil du uns gesagt hast, wir hätten freie Unterkunft, dann mach dir keine Sorgen. Sag, was du verlangst, und ich werde bezahlen."
    Der Wirt, der die Verbindung dieser Leute mit Lord William im Sinn hatte, war mehr als willens, sich durch das Zahlungsangebot beschwichtigen und sein allgemeines Misstrauen gegenüber Schaustellern dämpfen zu lassen. Er nannte den Preis und fügte dann hinzu: „Aber dieser Betrag beinhaltet die Kosten für euer Essen. Ich bin ebenso wenig ein Dieb, wie du, Seiltänzerin, eine Diebin bist, und die erste Nacht ist kostenlos, wie ich das versprochen habe."
    „Ich werde bezahlen", erwiderte sie, „wenn ich mein Seil spannen und auf dem Hof üben darf."
    „Einverstanden", stimmte der Wirt zu. Dann ging er zur Tür zurück und schrie: „Lass den Topf sein, Ann. Du kannst bis zum Essen der Seiltänzerin zuschauen."
    „Warum, zum Teufel, solltest du bezahlen?" fragte Deri, während der Wirt mit seiner Tochter redete.
    „Schon gut", antwortete Carys eindringlich. „Ich muss dir zunächst sagen, dass Ann kein Kind ist. Bitte, tu ihr nicht weh, indem du sie wie ein kleines Mädchen behandelst."
    „Was?"
    Heftig schüttelte Carys den Kopf. „Sie wird gleich herauskommen, und sie ist schon verletzt genug. Sie darf
    nicht merken, dass wir über sie reden. Bitte, wirst du mein Seil, wenn ich es jetzt hole, für mich spannen? Ich werde dir später alles erklären."
    Nach diesen Worten sprang Carys an Deri vorbei und hatte schon die Leiter erklommen, ehe er Einwände erheben konnte. Es war nicht so, dass er Einwände erheben wollte, weil er nicht wirklich begriffen hatte, was sie über das Mädchen geäußert hatte, und ihm das ohnehin nicht wichtig war. Wichtig war für ihn die Art und Weise, wie sie ihn gebeten hatte, das Seil für sie zu spannen. Es war schön, gebraucht zu werden. Und auch Telor brauchte ihn. Er hätte Carys niemals mit dem Auftrag fortschicken können, den er, Deri, in Creklade erledigt hatte. Der Landvogt hätte einem jungen Burschen vermutlich nicht geglaubt, und es war undenkbar, eine junge Frau mit einer solchen Neuigkeit zu ihm zu schicken. Die verschiedenen Aufträge, die Deri übertragen worden waren, hatten ihm das schlimmste Gefühl der Nutzlosigkeit genommen, aber er kam sich noch immer wie ein Eindringling vor und wurde auch jedes Mal, wenn er daran dachte, wie Telor und Carys sich in den Armen lagen, von heftigem Neid geplagt.
    Das Seil lag sicher zusammengerollt unter dem Strohsack, wo es Carys als hartes Kopfkissen gedient hatte, wenn sie darauf geschlafen hatte - vorausgesetzt, Telor hatte sie schlafen lassen. Sie zerrte es hervor, stopfte die Decke wieder um den Strohsack und hoffte, dass Ann in der Zwischenzeit auf den Hof gekommen war.
    Aber natürlich wagte sie nicht, zu lange fortzubleiben, weil Deri dann vermuten würde, sie täte das absichtlich, und das konnte ihn kränken und ihn gegen Ann einnehmen. Sie hatte bereits im Sinn, wo sie das Seil anbinden lassen wollte. Aus Gewohnheit untersuchte sie an jedem Ort, wo sie mehr als nur einige Stunden zu bleiben erwartete, die Haltepunkte für ihr Seil, und sie hatte einen dicken Haken über und etwas rechts von der Hintertür des

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