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032

Titel: 032 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Die Seiltänzerin
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diese Erklärung wurde Deris und Carys'
    Argwohn etwas vertrieben. Er wurde jedoch sofort wieder geweckt, als Telor, statt sich darüber aufzuregen, dass Carys' Beine bis zu den Schenkeln entblößt sein würden, von ganzem Herzen ihr auffallendes Tanzkleid bewunderte. Carys hatte das Bliaut aus dritter Hand erworben. Es war zerschlissen, aber immer noch leuchtend blau. Sie hatte den Rock abgeschnitten und das, was übrig geblieben war, zu Bahnen zerschnitten, es dann mit Streifen aus grünem, rotem und purpurfarbenem Tuch garniert und ein gelbes Tuch am Gürtel befestigt. Deris Kostüm, zu dem eine leuchtende, aus Frauenstrümpfen gemachte Henkersschlinge gehörte - der Gedanke war nämlich dem Zwerg,
    je länger er über diesen Einfall nachgedacht hatte, unwiderstehlich erschienen - , fand ebenfalls unter Gelächter Zustimmung.
    Noch verdächtiger war die Tatsache, dass Telor den gemeinsam, halb scherzhaft vorgebrachten Vorschlag, er könne, falls er ähnlich wie ein Hofnarr angezogen sei, aber zusätzlich eine Maske und eine Perücke tragen würde, für Deri und Carys spielen, nicht indigniert zurückwies. Ca-rys lief ein Frösteln über den Rücken, als er sie nur ein bisschen traurig anschaute und sagte, das sei eine gute Idee, die er zukünftig berücksichtigen werde. Bald danach fragte er, ob sie vergessen habe, sich ein hübsches neues Kleid zu kaufen, und als sie antwortete, sie habe vorgehabt, es ihm später zu zeigen, erwiderte er: „Nein, zeig es mir jetzt."
    Daher holte sie die altgoldfarbene Tunika und das tiefgrüne Bliaut und spürte wieder ein Frösteln über den Rücken rieseln, als sie sah, wie Telor sie anschaute, und ihn sagen hörte: „Du bist eine Dame, die jeden Mann heiraten kann." Und dann, ehe sie ihm irgendeine Frage stellen konnte, stand er auf und blickte sie sehnsüchtig an, ihre weit geöffneten goldbraunen Augen und ihre rostfarbenen Locken, die durch die Farben des Kleides beinahe wie Flammen aussahen. Rasch wandte er sich ab, nicht gewillt, sie vor Deri zu küssen, doch ehe er den Satz, er würde so schnell wie möglich zurück sein, beendet hatte, war der Zwerg aufgesprungen und aus dem Raum gegangen. Dennoch nahm Telor sich nur die Zeit für eine kurze Umarmung und ein geflüstertes „Du bist mein Leben", denn er brachte Deris überstürzten Abgang mit zu großer Empfindlichkeit hinsichtlich der Beziehung zwischen Carys und sich selbst in Verbindung.
    Deri dachte jedoch nicht an den Schmerz, den der Anblick einer leidenschaftlichen Umarmung ihm verursachte, sondern nur daran, Telor zu folgen, um sicher zu sein, dass dieser nicht versuchte, aus Lechlade zu entwischen. Der Freund strahlte so sehr das Bedürfnis aus, den Menschen, die er liebte, das größte Vergnügen zu verschaffen, ehe er, vielleicht für immer, von ihnen schied, dass Deri argwöhnte, Telor habe vor, sich noch am selben Tag heimlich davonzumachen, um sich in Marston Zugang zu verschaffen. Seit dem schrecklichen Augenblick, in dem Deri, als er die Vision gehabt hatte, Telor könne sterben und Caiys in seiner Obhut zurücklassen, in seinem Glauben an sich selbst erschüttert worden war, hatte er beschlossen, Telor um jeden Preis am Leben zu erhalten. Er war nicht sicher, was er tun könne, falls der Freund nach Marston aufbrach, hatte jedoch ganz gewiss vor, ihm zu folgen und zu versuchen, ihn zu beschützen.
    Tatsächlich schien sein Argwohn ihn jedoch auf eine falsche Fährte gelockt zu haben.
    Telor ging schnurstracks zu Lord Williams Unterkunft, und kaum eine halbe Stunde später hörte Deri die kraftvolle Stimme des Barden aus einem Fenster dringen, das geöffnet worden war, um die laue Sommerluft einzulassen. Erleichtert eilte er zum Speisehaus zurück, wo er, als er auf den Hof kam, von der Stimme eines Mädchens, das seinen Namen rief, zum Stehenbleiben veranlasst wurde.
    „Oh, Deri! Carys konnte sich nicht denken, wohin du gegangen bist", rief Ann atemlos aus und rannte aus dem Laden zu ihm. „Sie ist sich umziehen gegangen und hat mich gebeten, dir zu sagen ..."
    Der Wirt rief ihr etwas zu, und Ann rief zurück: „Ich komme, Papa." Aber sie ging nicht zu ihm. Sie schaute wieder Deri an und lächelte. „Carys möchte, dass du sie vor der Schenke triffst. Sie hat gesagt, sie würde so tun, als würde sie dich anheuern, und dann sollst du dich umziehen, und . . . und ich bin sehr darauf erpicht zu sehen, was du machst." Ann berührte Deris Hand.
    Mit dem Blick eines Vogels, den eine Schlange

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