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032

Titel: 032 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Die Seiltänzerin
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hörte, dass die Tür geschlossen wurde.
    Dann benutzte er den Schwertknauf, um an die Tür des anderen Hauses zu pochen, die prompt geöffnet wurde, und der Mann, dessen Benehmen sich gründlich von dem des furchtsamen Leibeigenen unterschied, flüsterte: „Von Mylord?'
    „Ich suche Michael den Holzschnitzer", erwiderte Deri laut und nickte.
    „Er ist nicht hier", antwortete der zu Lord William gehörende Mann. „Er ist mit uns zum Herrenhaus gegangen, doch wir wurden zurückgeschickt, um uns hier einzuquartieren. Ich weiß nicht, was aus ihm geworden ist."
    Deri schluckte schwer, beugte sich vor und gestand leise: „Ich bin kein Soldat. Ich bin der Diener des Holzschnitzers. Weißt du, ob er Werkzeug bei sich hatte? Lord William hat mich gefragt, aber ich wusste das nicht, und deshalb soll ich dem Holzschnitzer diese Werkzeuge hier bringen." Deri übergab das Paket.
    „Ich werde mein Möglichstes tun, um sie dem Holzschnitzer auszuhändigen. Willst du heute Nacht hier bleiben?"
    „Nein", antwortete Deri, da er befürchtete, dass sogleich eine Suche nach Telor begonnen würde, wenn auch nur ein Wort über die Anwesenheit eines Zwerges im Dorf laut und jemandem im Herrenhaus zugetragen wurde. Er nahm nicht an, dass die beiden Männer, mit denen er geredet hatte, gesehen hatten, dass er ein Zwerg war, denn es war dunkel, und sie hatten keinen besonderen Grund, sich seine Beine genauer zu betrachten. Enttäuscht darüber, nicht viel erreicht zu haben, lenkte er das Pferd Richtung Lechlade, hielt jedoch an, kaum dass er außer Sicht des Dorfes war.
    Die Vernunft sagte ihm, er solle weiterreiten und entweder bei Carys bleiben oder sich bei Lord William melden, doch eine enorme Verbitterung erfüllte sein Herz, und daher konnte er nicht weiterreiten. Wäre er ein normal gewachsener Mann gewesen, hätte er sich jetzt bei Telor befunden. Da er jedoch ein Monster war, das jeder auf den ersten Blick erkannte, war er mehr als nutzlos. Er trieb das Pferd wieder an und hielt erneut an. Er konnte nicht weiterreiten. Nein, das konnte er einfach nicht. Er war, nachdem ®r gründlich darüber nachgedacht hatte, was der zu Lord William gehörende Mann gesagt hatte, einigermaßen sicher, dass Telor nicht erkannt und gefangen genommen worden war. Er war überzeugt, das hätte einen so großen Aufruhr erzeugt, dass man sofort aufmerksam geworden wäre.
    Diese Erkenntnis war ihm keine Erleichterung, da er Musste, der Freund könne jeden Augenblick dabei ertappt werden, wie er sich an den Torriegeln zu schaffen machte, und er hatte keine Möglichkeit, das zu erfahren. Sobald Telor jedoch entdeckt worden war, könnte Deris Anwesenheit ihn nicht länger verraten! Zweifellos würde, wenn Telor entdeckt und gefangen genommen wurde, diese Tatsache bei Tag und bei Nacht so viel Aufsehen erregen, dass Deri, wenn er Marston Manor im Auge behielt, merkte, dass etwas nicht in Ordnung war. Und er wusste, von wo aus er das Anwesen im Auge behalten musste.
    Nach dieser Entscheidung fiel ihm ein tausend Pfund schweres Gewicht von der Seele, und er lenkte das Pferd zurück, um den kleinen Pfad zu finden, über den er, Telor und Carys in der Nacht ihrer Flucht zu der nach Creklade führenden Hauptstraße gerannt waren. Er konnte sein Pferd in dem verlassenen Bauernhof unterstellen, an dem man vorbeigekommen war, und Marston in dem Gehölz zwischen Bauernhof und Herrenhaus von irgendeinem großen Baum aus beobachten. Er würde in dieser Nacht aufpassen, am nächsten Tag und in der folgenden Nacht. Am dritten Tag würde er wegreiten müssen, um Lord William aufzusuchen, doch falls Telor bis dahin noch nicht entdeckt worden war, bestand die Chance, dass er in Sicherheit war, bis der Angriff erfolgte, es sei denn, er versuchte, Orin zu töten. Doch selbst wenn er das versuchte und er von Orins Männern nicht gleich umgebracht wurde, konnte Lord Williams Angriff noch rechtzeitig erfolgen, ehe mit Telors Bestrafung begonnen wurde.
    Deri hatte nicht die leiseste Ahnung, was er tun würde oder tun konnte, wenn ein Aufruhr erkennen ließ, dass Telor gefangen genommen worden war. Er hatte nicht die Hoffnung, den Freund retten zu können, falls Orin befahl, diesen sofort zu töten.
    Alles, was er dann noch tun konnte, war, seinen Freund zu rächen, wenn er mit Lord Williams Männern in das Herrenhaus eindrang. Aber Telors möglicher rascher Tod war nicht der Grund, weshalb er vor Angst einen trockenen Mund bekam und sich ihm der Magen zu-sammenkrampfte. Orin

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