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Böses will, aber ich weiß nicht, wohin er sich anschließend begeben hat." Dann furchte er die Stirn. „Wie kommt es, dass du so gut ausgestattet bist? Du und deine Gefährten hattet keine drei mit Gütern beladenen Pferde, als ihr zum letzten Mal hier wart, und der Zwerg trug, als er in die Stadt kam, zerlumpte Sachen."
„Das sind alles Anns Habseligkeiten", erwiderte Carys. „Sie ist Deris Freundin, und wann immer meine Gefährten und ich getrennt wurden, treffen wir uns später in Anns Haus."
Der Landvogt nickte.
„Deri ist schon mein Freund, seit wir Kinder waren", sagte Ann. „Er hat mir mein Leben erhellt, und ich bin bereit, alles für ihn zu tun, was ich tun kann."
„Daher bin ich zu Anns Haus gezogen, sobald ich frei war", nahm Carys den Faden der Geschichte auf. „Aber Deri ist nicht gekommen. Jetzt befürchte ich, er könne versucht haben, wieder in das Herrenhaus zu gelangen, um mich zu retten, oder dass er irgendwo in der Nähe von Marston auf mich wartete, gefasst und getötet wurde. Spielleute erfahren viele Dinge, Herr, und ich habe gehört, dass Lord William of Gloucester Männer zusammenzieht, die Orin Marston abnehmen sollen. Falls das stimmt, glaube ich, dass ich, um mich für das zu rächen, was man mir angetan hat, oder um zu helfen oder um Deri zu rächen, in der Lage bin, Männer auf den Besitz zu bringen."
Und ehe der Landvogt Einwände erheben konnte, beschrieb Carys rasch ihren Plan und sagte zum Schluss: „Man wird mich in Marston nicht erkennen, weil ich eine Frau und kein Junge bin, und ich werde mein Tanzkleid tragen. Ann wird unser Zwerg sein. Niemand kann sie für Deri halten. Und weil ich eine richtige Seiltänzerin bin und Ann eine richtige Zwergin, wird man glauben, dass die Männer, die wir bei uns haben, richtige Schausteller sind."
Der Landvogt starrte Carys an, aber nicht sehr lange. „Wie viele Männer?" fragte er dann.
„Nicht mehr als acht oder zehn. Mit Ann und mir werden wir dann zehn oder zwölf Leute sein. Es wäre ungewöhnlich bei einer Truppe, wäre sie größer. Es könnten zwei Männer mehr mit uns kommen, falls sie die Rolle von alten Weibern spielen können, die den Karren mit den Habseligkeiten ziehen, Holz und Wasser holen und kochen."
Die Augen des Landvogts waren an Carys vorbeigerichtet, während er zu sich selbst murmelte: „Ich habe vier Männer, die ein Instrument spielen können, und, ja, Dick und Will könnten die alten Weiber sein . . . hm." Dann schaute er Carys an und nickte. „Lord William wird bald hier sein. Falls er diese Sache für gut hält, soll es so geschehen. Halte dich irgendwo auf, wo ich dich finden kann."
Carys war durch ihre Auftritte in verschiedenen Rollen so viele Überraschungen gewohnt, dass sie nur nickte und Ann ins Freie zog. Wenngleich sie beim Frühmahl und der Versorgung der Pferde nichts Diesbezügliches zu Ann sagte, war sie doch sehr beunruhigt. Falls Deri sich bereits Lord
William angeschlossen und von ihrem Plan, in Marston einzudringen, Kenntnis bekommen hatte, würde das das Ende ihres Vorhabens bedeuten. Doch nun hatte sie bereits alles in die Wege geleitet, und die Dinge nahmen ihren Lauf.
Das Herz sank Carys in die Knie, als ein Bote erschien, der sie zu dem soeben eingetroffenen Lord William beorderte, doch als sie vor ihm stand, merkte sie, dass sie nichts zu befürchten hatte. Die dunklen Augen, die auf sie gerichtet waren, drückten Belustigung aus.
„Alors, tu es . . . äh . . . du bist die Seiltänzerin, die Telors Zwerg beschützen sollte?"
„Ja, Herr", flüsterte sie und sank auf ein Knie, während Ann neben ihr einen tiefen Knicks machte.
„Und du, kleine Frau?"
„Ich bin Ann, Herr, Deris Freundin", antwortete sie, und ihre Stimme hatte dünn und schrill vor Angst geklungen.
„Kann es sein, dass der Barde oder der Zwerg über dieses Abenteuer Bescheid wissen?" fragte Lord William als Nächstes.
„Nein, Herr", wisperte Carys, und Ann schüttelte nur kaum sichtbar den Kopf.
Lord William stieß ein kurzes Lachen aus und nickte. „Für mich ist es von Vorteil, mehr Männer nach Marston einzuschleusen. Daher werde ich dem Landvogt sagen, er soll euch ziehen lassen. Aber falls eure Männer ob eures eigenmächtigen Handelns sehr ärgerlich sein und euch tüchtig verprügeln sollten, dann erzählt ihnen nicht, dass ich euch aufgefordert habe, nach Marston zu reiten. Vergesst nicht, das ist euer Einfall. Eure Prellungen und blauen Flecke werden euch vielleicht lehren, euch
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