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032

Titel: 032 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Die Seiltänzerin
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ich lasse dich zurück, falls Deri aufwacht, bevor du sauber geschrubbt bist."
    Diese Bemerkung rief Carys ins Gedächtnis zurück, wie entsetzt sie gewesen war, als Telor gesagt hatte, „es" werde so lange dauern, dass das Wasser sich abkühlte. Die Erkenntnis, dass er und sie dem Wort „es" jeweils eine andere Bedeutung gegeben hatten, löste einen neuen Lachanfall bei ihr aus, doch als Telor sich ihr wieder näherte und sie unwillkürlich die Finger fester um den Dolchgriff krümmte, kam sie zu sich und zog schützend die Decke um sich. Falls Telor sie auszog oder ihr beim Ausziehen zusah, würde er die Dolche sehen. Mittlerweile hatte sie schon fast so viel Vertrauen zu ihm, dass es ihr recht gewesen wäre, wenn er von der Existenz der Dolche gewusst hätte, aber sie hatte, so lange, wie sie sich erinnern konnte, zu niemandem volles Vertrauen gehabt, und war daher auch jetzt noch nicht dazu bereit.
    „Ich werde mich ausziehen", erwiderte sie. „Ja, aber bitte, sieh mir nicht dabei zu."
    Telor blieb stehen und starrte sie vollkommen verblüfft an. Nur einige Minuten zuvor hatte sie sich erboten, ihm zu Willen zu sein, und jetzt raffte sie die Decke so sittsam um sich wie eine Novizin. Die Wut und der Abscheu, die er empfunden hatte, nachdem ihm klar geworden war, was sie ihm unterstellte, schwanden langsam. Sie konnte nicht so unerfahren sein wie eine Klosterschwester. Das war ausgeschlossen. Aber jetzt begriff er, dass sie keine Hure war. Es wirkte auf ihn, als habe sie sich ihm nur angeboten, weil sie erkannt hatte, wie schrecklich ihre Lage sein würde, wenn er sie im Stich ließ, und sie war willens gewesen, alles innerhalb vernünftiger Grenzen zu tun, um ihm zu Gefallen zu sein. Als er an die Worte „aber nicht in dem Bottich" dachte, musste er grinsen. Er musste einräumen, dass das unvernünftig gewesen wäre.
    „Also gut", sagte er ziemlich zufrieden, „ich werde eine der Decken zwischen den beiden Pfosten befestigen, damit du einen Sichtschutz hast. Aber ich glaube, du wirst Hilfe brauchen, so zerschrammt und geprellt, wie du bist. Lass die Wirtin dir behilflich sein."
    „Ja, gern", willigte Carys ein. „Vielen Dank." Sie schaute Telor an, doch dabei war sie emsig damit beschäftigt, unter der Decke die Dolchscheiden abzunehmen. Es war Ungleich, ob sie Hilfe hatte oder nicht, vorausgesetzt, sie konnte die Dolche verbergen.
    Ehe die Wirtin eintraf, hatte sie die Dolche, die Lederriemen und die Scheiden in ein vom Rock abgerissenes Stück Stoff gewickelt. Ursprünglich hatte sie vorgehabt, es vom Unterrock abzureißen, sich jedoch Telors Bemerkung über ihre „dreckigen Sachen" erinnert und seine Leidenschaft fürs Waschen. Daher hatte sie überlegt, ob er vielleicht darauf bestehen würde, dass sie auch ihre Sachen wusch. Nachdem sie das Kleid ausgezogen und betrachtet hatte, fand sie, es sei ein guter Einfall, es zu waschen. Durch die Flucht war das ohnehin schon schmutzige Gewand noch dreckiger geworden. Sie hatte jedoch kein anderes zum Anziehen. Das Kleid, das sie täglich trug, war verloren gegangen. Sie konnte sich jedoch in die Decke wickeln, oder . . . Aufgeregt atmete sie tief durch. Telor hatte für das Essen und die Unterkunft und zweifellos auch für das Bad bezahlt. Vielleicht war er reich genug, um ihr neue Sachen zu besorgen.
    Sie überlegte noch, wie sie das Thema zur Sprache bringen könne, als die Wirtin mit einem Topf voller Asche und einigen Leinentüchern in den Raum kam. Die Wirtin wies sie an, sich über den Bottich zu beugen und sich das Haar anzufeuchten.
    Eingedenk der Möglichkeit, dass Telor hinter der Decke war, tat Carys, wie ihr geheißen, und machte keine Einwände, als die Wirtin die Asche nass machte und sie ihr gründlich ins Haar schmierte. Dann wickelte die Wirtin ihr einen Lappen um den Kopf und begann, die noch verbliebene Asche ihr überall auf dem Leib zu verteilen.
    Die Wirtin war eine freundliche Frau, die Mitleid hatte und das Unglück beklagte, durch das Carys so zerschunden und zerkratzt worden war. Sie ging so behutsam wie möglich vor, als sie die Asche einrieb, konnte jedoch nichts gegen das Brennen unternehmen, das Carys überall dort verspürte, wo die Holzasche auf Abschürfungen kam. Mittlerweile hatte sie begriffen, dass irgendetwas, das in der Asche enthalten war, sie sauber machte. Daher wehrte sie sich nicht, weinte jedoch vor Schmerzen, als die Wirtin ihr in den Zuber half, damit sie sich darin abwusch. Das Haar waschen zu müssen, war

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