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032

Titel: 032 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Die Seiltänzerin
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Ast.
    „Ja, roll die beiden Decken zusammen, falls du das kannst", antwortete er. „Ich gehe nachsehen, was aus Deri geworden ist."
    „Trinkt er immer so viel?"
    „Nein. Das lag an dem niedergebrannten Dorf. Der Anblick hat ihn an seine umgekommene Familie und das verlorene Land erinnert."
    „Ich dachte, er sei immer Gaukler gewesen. Ich meine, seit unverkennbar war, dass er ein Zwerg werden würde."
    Telor schüttelte den Kopf. Dann berichtete er Carys einen Teil von Deris Geschichte, weil er wusste, das Mädchen werde zumindest einige Tage bei ihm und dem Zwerg sein. Danach wies er Carys warnend darauf hin, welche Themen für Deri am schmerzlichsten waren.
    „Ich werde auf der Hut sein", versicherte sie ihm nickend, und ihre großen Augen drückten starkes Mitgefühl aus. Eine vage Erinnerung an Tränen kam ihr in den Sinn, an Tränen, die um eine Liebe vergossen worden waren, die sie verloren hatte.
    Ihre bekümmerte Miene verursachte Telor Schuldgefühle. Sie war ein braves, gutherziges Mädchen, und von ihm war es falsch, ihr die beste, sich vielleicht ergebende Möglichkeit zu verwehren, sich einer guten Schaustellertruppe anzuschließen. Wegen der Hochzeit in Combe Castle würden sich so viele Schaustellertruppen wie auf einem Jahrmarkt einfinden, es sei denn, die Kämpfe hatten sie aus der Gegend vertrieben.
    „Wir werden sehen", erwiderte Telor, während Carys eine Decke der Länge nach zusammenfaltete, um sie dann einzurollen. „Falls dein Fußgelenk kräftig genug ist und wir den richtigen Zeitpunkt und ein Seil finden, das du benutzen kannst, darfst du vielleicht in der Burg deine Kunststücke vorführen."
    Erstaunt wandte Carys sich Telor zu. Sein Sinneswandel und die Tatsache, dass er die Sprache auf ein Thema gebracht hatte, das sie für erledigt gehalten hatte, überraschten sie. Da er sich jedoch bereits entfernte, zuckte sie nur mit den Schultern. Alle Männer waren seltsam, und er war der seltsamste von allen.
    Als man im Begriff zum Aufbruch war, kam die Wirtin mit Carys' nassem Kleid und Unterhemd um die Ecke des Gebäudes gerannt. Telor sah aus, als wolle er sie fortschicken, saß dann jedoch ab und legte die verschlissenen Gewänder auf das andere Gepäck, das mit Stricken festgebunden war. Carys war sehr dankbar dafür, dass sie nicht genötigt war, so schnell schon wieder eine andere Meinung als er vertreten zu müssen, und machte es sich auf dem Sattelkissen bequem. Mittlerweile fand sie es nicht mehr sehr Furcht einflößend, darauf sitzen zu müssen.

    Beim Reiten wurde nicht geredet, bis der schmale Pfad in einen breiteren Weg mündete. Telor hielt das Pferd an und schaute die Straße hinauf und hinunter. Carys verrenkte sich den Hals, um auch etwas zu sehen, wenngleich sie nicht wusste, wonach sie Ausschau halten solle. Sie war jedoch bereit, auf jedes vertraute oder ungewöhnliche Merkmal hinzuweisen. Als Telor sich umdrehte und Carys sich vorbeugte, berührte sie ihn. Er drehte jäh den Kopf zu ihr herum und wirkte überrascht, ganz so, als habe er sich soeben ihrer Anwesenheit erinnert.
    „Du dummes Mädchen", sagte er gereizt. „Warum hast du mich, ehe wir die Schenke verließen, nicht daran erinnert, dass du heute Morgen noch nichts gegessen hast?"
    „Ich habe etwas gegessen", antwortete Carys. „Auf dem Tisch waren noch Brot und Käse, und davon habe ich mir etwas genommen."
    Telor kam sich einfältig vor, knurrte gereizt und wandte die Aufmerksamkeit wieder der Straße zu. Es war dumm, vergessen zu haben, dass Carys zum fahrenden Volk gehörte und zweifellos gewohnt war, für sich zu sorgen. Aus irgendeinem Grund ärgerte ihn diese Erkenntnis. Daher erfreute ihn die Tatsache, dass der Straßenstaub nicht durch viele Füße und Hufe aufgewirbelt wurde und das Gras am Rand sowie die Büsche nicht zertreten und zertrampelt waren, längst nicht so sehr, wie es der Fall hätte sein müssen.
    „Vielen Dank", äußerte Carys leise und berührte ihn an der Schulter.
    So plötzlich, wie die ihm unerklärliche Gereiztheit eingesetzt hatte, schwand sie.
    Allerdings ging er auf Carys' Bemerkung nur mit einem Nicken ein. Scharf rief er Deri, der das Pony zu ihm lenkte.
    „Auf dieser Straße ist keine Armee in den Norden gezogen", sagte er. „Chippasham liegt im Süden und ist nicht mehr als drei Meilen entfernt. Was hältst du davon, wenn wir zur Stadt reiten, statt quer über Land zu ziehen? Es kann sein, dass die Kämpfe nur östlich von uns stattgefunden haben."
    Deri zuckte

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