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032

Titel: 032 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Die Seiltänzerin
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mit den Achseln und stöhnte dann auf. „Ja, lass uns unbedingt auf dieser Straße bleiben. Ich bin nicht in der Verfassung, Abhänge hinauf- und hinunterzureiten."
    „Stell dich darauf ein, die Flucht antreten zu müssen, falls wir irgendwo Anzeichen von Bewaffneten sehen", warnte Telor ihn.
    Carys hörte dem Wortwechsel kaum zu, da sie den Eindruck hatte, nicht viel mehr als ein Gepäckstück zu sein, bis sie anfangen konnte, sich den Lebensunterhalt zu verdienen und so ein Mitspracherecht bei Entscheidungen bekam. Ihre Aufmerksamkeit galt der Erforschung von Telors Wesen. Das würde der wichtigste Faktor in ihrem Leben sein, wenn sie bei Telor und Deri blieb. Im Übrigen war ihre Situation nicht aussichtslos, denn bei einer Hochzeit auf einer Burg würden viele Truppen von Spielleuten sein. Vorsichtig bewegte sie das Fußgelenk. Es tat kaum noch weh, doch das versetzte sie nicht in Jubel. Sie war leicht enttäuscht über Telors Versprechen, sie könne möglicherweise in Castle Combe auftreten. Die Wahrheit war, dass sie ihn mochte und beinahe sicher war, lieber ihn zum Beschützer haben zu wollen als irgendeinen anderen Mann, selbst wenn sie nicht ganz sicher war, ob sie ihn richtig einschätzte. Bei einigen Männern konnte das gefährlich sein, aber die Art, wie er seinen Bauernspieß auf die Erde geworfen hatte, als er wütend gewesen war, statt sie zu beschimpfen, entzückte Carys.
    So viele Dinge, die ihn betrafen, amüsierten sie und nahmen sie für ihn ein, zum Beispiel seine Besorgnis, ob sie hungrig sei, denn seit Jahren hatte niemand ihr Besorgnis bekundet. Es war nett von ihm, an sie zu denken, selbst wenn seine Freundlichkeit nicht frei von Irritation gewesen war. Er hatte das Recht dazu, irritiert zu sein, falls er gedacht hatte, sie habe von ihm erwartet, entweder zurückzureiten oder anzuhalten, damit sie sich den Magen füllen könne.
    Sie berührte ihn und sagte: „Ich dachte, das Essen auf dem Tisch sei von der Wirtin gegen Bezahlung hingestellt worden und der Rest, den du übrig gelassen hattest, sei für mich, da Deri nichts essen konnte. Falls ich etwas genommen habe, das ich nicht hätte nehmen dürfen, dann tut mir das Leid."
    Telor ließ einen Zügel los und tätschelte Carys die Hand, die leicht, als sei sie nicht sicher, wie er reagieren würde, auf seinem Arm lag. Er war überrascht, wie gut sich alles nach den schlechten Nachrichten entwickelte, die er tags zuvor erhalten hatte. Chippasham lag gleich hinter der Anhöhe vor ihm, und noch immer gab es kein Anzeichen dafür, dass Unheil drohte. Wenn das Glück anhielt und die Stadt und die nach Osten führende Straße frei von Kämpfen waren, konnte man vor Anbruch der Dunkelheit in Castle Combe sein. Und was Telor wie großes Pech vorgekommen war -die Begegnung mit Carys - , hatte sich auch nicht als so unangenehm herausgestellt. Natürlich hätte er in Castle Combe in großen Schwierigkeiten sein können, wenn sie die liederliche Schlampe gewesen wäre, als die sie ihm vorgekommen war, nachdem er sie gefunden hatte, oder das grobe, schrille Geschöpf, dem es im Allgemeinen gelang, in einer Truppe fahrenden Volks zu überleben. Stattdessen war sie jedoch ein charmantes, bescheidenes Mädchen, das wunderbarerweise der schlimmsten Verrohung entronnen war, der Frauen unter Fahrensleuten ausgesetzt waren. Sie sprach sogar einwandfrei und hatte eine Aussprache, die seiner glich. Vielleicht stammte sie ebenfalls aus Bristol.
    „Nein, nein", erwiderte er. „Du hast nichts Falsches getan. Du hast Deris Frühstück gegessen. Ich bin sicher, er wird sagen, dass er nichts dagegen hat."
    „Nein, ich habe nichts dagegen", warf der Zwerg mit tiefer Stimme ein. „Und du würdest mir einen Gefallen tun, wenn du aufhörtest, übers Essen zu reden."
    Carys lachte, und der Klang ihres Lachens machte Deri lächeln. Sie war entzückt über die Reaktion, die ihr Versuch, Ehrlichkeit zu bekunden, erzeugt hatte. Jetzt wusste sie, dass Telor zwei Dinge voraussetzte -  sauberkeit und Ehrlichkeit.
    „Ich bin froh, dass du nicht verlangt hast, Deri, das Reden ganz einzustellen, denn ich habe eine Frage. Soll ich ein Mädchen oder ein Junge sein, wenn wir in Chippasham eintreffen?"
    Die Frage veranlasste Telor, erneut das Pferd anzuhalten und sich im Sattel umzudrehen. Er musterte Carys von oben bis unten, sagte jedoch nichts, derweil er sie betrachtete. Sie zuckte nicht mit der Wimper und schaute ihn nur fragend an. Er schnitt eine Grimasse. Sie sah noch

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