032
zwei Spielleute, die gemeinsam reisten und sich zusammengetan hatten, weil das profitabler war. Sie waren Freunde, und daran würde sich nichts ändern, wenn sie, Carys, Telors Geliebte wurde. Und Deri müsste nicht befürchten, dass ihre Fähigkeiten die Aufmerksamkeit von ihm ablenkten. Ein guter Narr war immer eine Hauptattraktion, der beste Anreißer für die anderen Darbietungen.
Dennoch hatten viele Zwerge, die sie kannte, verquere Gedankengänge und ein unberechenbares Wesen. Beides waren Folgen ihrer Missbildung. Nicht, dass Deri wirklich missgebildet war, nur unproportioniert. Um sicher zu sein, nichts Falsches zu sagen, wechselte Carys, nachdem sie rasch genickt hatte, das Thema und fing an, über den Jahrmarkt zu plaudern, der, wie man sehen konnte, voll im Gange war.
Flackernde Fackeln beleuchteten die Buden und eine improvisierte Bühne, auf der eine Gruppe von Schauspielern irgendein komisches Stück aufführte. Carys und Deri hörten brüllendes Gelächter und sahen die Schauspieler, einen Mann und eine Frau, die mit gespielter Wut auf zwei Zwerge einhieben. Mit der Wendigkeit eines Akrobaten sprang und hüpfte einer der Zwerge herum, stieß den anderen Zwerg und warf ihn grausam um. Der zweite Zwerg war ein tollpatschiges Geschöpf, das torkelte und sinnlos brabbelte. Sowohl Carys als auch Deri mussten unwillkürlich lachen, wenngleich sie nicht nahe genug waren, um den Dialog mitzubekommen.
Als sie von der Brücke gingen und den leichten Abhang zum unteren Hof hinunterschritten, verloren sie die Bühne aus den Augen. Caiys stellte fest, dass der untere Hof sehr bevölkert war und noch mehr Menschen sich einfanden. Obwohl die großen Außentore von Castle Combe geschlossen waren, stand eine kleinere Eingangstür offen, durch die Männer und Frauen mit ihren Kindern strömten.
„Wer sind alle diese Leute?" wollte Carys wissen.
„Leibeigene und Freisassen aus den weiter entfernten Dörfern", antwortete Deri.
„Die Leute werden den ganzen Abend lang hierher kommen. Vielleicht findet schon morgen die Hochzeit statt. Allerdings habe ich gedacht, dass sie übermorgen sein soll. Es ist Sitte, dass der Herr seine Leute am Hochzeitstag von der Arbeit freistellt und ihnen Essen und Trinken gibt. Manche Herren lassen drei Tage lang feiern, oder sogar eine Woche", fuhr er mit etwas gedämpfter Stimme fort, so dass Carys sich zu ihm beugen musste, um ihn in dem von der Menschenmenge erzeugten Lärm zu verstehen. „De Dunstanville ist nicht der großzügigste Herr. Aber er hat viele edle Gäste und möchte vielleicht nicht, dass sie schlecht von ihm denken."
„Gibt es heute Abend freies Essen?" wollte Carys wissen. De Dunstanvilles Charakter war ihr gleich. Sie war entschlossen, sich für den Rest ihres Lebens jedem Edelmann so gut wie möglich fern zu halten.
Deri lachte, hob die Hand und drückte tröstend Carys' Arm. „Nein, heute Abend nicht, aber du kannst dir trotzdem den Bauch voll schlagen. Ich habe vor, uns beiden etwas zu essen zu kaufen, und das wird, wenn ich meiner Nase trauen kann, gutes Essen sein."
Carys merkte, dass sie nur so eifrig gefragt hatte, weil Deri sich einen Weg zu einer der Buden bahnte, wo Speisen verkauft wurden. Die Düfte, die ihr in die Nase gestiegen waren, hatten ihren Magen rebellisch gemacht. Sie war zwar so an Hunger gewöhnt, dass sie ihn im Allgemeinen ignorieren konnte, aber die Düfte waren verlockend. Deri und sie waren nicht die einzigen Menschen, die davon angelockt wurden. Eine dichte Menschenmenge umgab die Bude, doch jeder, den Deri mit der Schulter anstieß, machte bereitwillig Platz. Carys sah, dass es weniger Käufer als Schaulustige gab. Die meisten Leute hielten sich der Bude etwas fern, weil sie vielleicht überlegten, ob es Sinn hatte, einige kostbare Farthings oder Tauschwaren für ein so vergängliches Vergnügen wie den Genuss von Essen herzugeben.
Als Deri sich in das offene Geviert vorgedrängt hatte, dachte Carys nur noch an die bevorstehenden Köstlichkeiten. Mit großen Augen schaute sie ungläubig zu, wie der Zwerg zwei Fleischpasteten, zwei Hühnchenpasteten und zwei Portionen Stew verlangte, das im ausgehöhlten Ende eines altbackenen Weizenbrotes serviert wurde. Einige Leute in der Menschenmenge stöhnten ein bisschen. Besorgt blickte Carys, als Deri die Börse hervorholte und einen Silberpenny auf die Theke legte, über die Schulter, um zu sehen, ob irgendeiner der Umstehenden ein Dieb war.
Er bemerkte das und lachte. „Du musst
Weitere Kostenlose Bücher