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032

Titel: 032 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Die Seiltänzerin
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nachdem er seine Begierde gestillt hatte, das Mädchen nicht für immer haben wolle. Er war ganz gewiss nicht gewillt, sich an irgendeine Frau zu binden und mit ihr sesshaft zu werden.
    Während all dieser Erwägungen hatte er geistesabwesend Deris Plänen, wie die Pferde anders belastet werden könnten, zugestimmt, und einige Minuten später war man auf der Straße, die sich mit der alten Straße nach Malmsbuiy kreuzte, nach Norden abgebogen. Plötzlich wurde seine Aufmerksamkeit durch Gelächter seiner Begleiter gefesselt. Deri hatte Carys das Gesicht zugewandt und wirkte glücklicher, als er ihn je zuvor gesehen hatte.
    Telor empfand einen Stich der Eifersucht und überlegte erneut, warum Deri solchen Wert darauf legte, Carys bei sich zu behalten, doch die Verstimmung schwand so schnell, wie sie gekommen war. Er wusste, dass Deri großes Mitgefühl für Carys hatte und glaubte, sie sei grausam behandelt worden. Während er zuhörte, wie der Freund ihr von seiner Darbietung erzählte und sie begeistert zustimmte und Vorschläge machte, wurde offenkundig, dass sie und der Zwerg im Verlauf des Aufenthaltes in Castle Combe Freunde geworden waren. Das war eine weitere Komplikation. Selbst wenn er sich das Vergnügen versagte, mit Carys zu schlafen, fragte er sich dennoch, ob es richtig wäre, den einzigen Menschen, von ihm abgesehen, von dem Deri glaubte, ihm „verbunden" zu sein, zu vertreiben. Und weshalb sollte er sich das Vergnügen versagen, mit ihr zu schlafen, falls Carys als Deris Freundin bei ihnen blieb?
    „Malmsbury Abbey hat ein gutes Hospiz. Ich meine, es wäre das Beste, dort zu rasten", sagte er.
    Man hatte soeben die frequentiertere Straße erreicht, die in nordöstlicher Richtung zur Abtei führte, und als man nach rechts auf sie abbog, war Telor der Einfall gekommen, im Kloster zu übernachten. In der Abtei waren Männer streng von Frauen getrennt. Wenn Carys ihm nicht so nah war, ihre liebliche Stimme und ihr weiches, glückliches Lachen ihm nicht in den Ohren widerhallte, dann konnte er vielleicht wieder mit dem Kopf und nicht nur mit dem Unterleib denken.
    Ohne sonderlich überrascht zu sein, wandte Deri sich ihm zu und schaute ihn an.
    „Wäre das klug?" fragte er. „Carys ist als Junge verkleidet..."
    „Das ist kein Problem", unterbrach Telor. „Sie muss nur wieder meine Tunika anziehen und so weit wie möglich herunterzerren. Auf diese Weise hat sie ein hinreichend unauffälliges Kleid, wenn wir sie als deine ,Schwester', mit der wir nach ..."
    „Zu meiner Tante in Oxford reisen", warf Deri in düsterem Ton ein. „Carys sieht jedoch mehr wie deine Schwester aus als wie meine", fügte er munterer hinzu.
    „Warum soll sie meine sein?"
    „Es ist besser, dass ich deine Schwester bin", warf sie ein. „Telors Tunika eignet sich eher als Kleid für die Schwester eines Dieners denn das, was die des Meisters tragen würde."
    „Ja", stimmte Telor sofort zu und war froh über Carys' Geistesgegenwart. „Wir haben so wenig Gepäck, dass wir nicht behaupten können, Carys sei auf dem Weg zu ihrer Hochzeit. Deine Tante muss eine Stelle als Dienerin für sie gefunden haben."
    Natürlich hatte er keinen Gedanken an den groben Stoff oder die trübe Farbe der Tunika verschwendet. Er hatte gesagt, Carys solle sich als Deris Schwester ausgeben, weil er vor der geringsten Andeutung, sie könne mit ihm verwandt sein, zurückschreckte.
    „Oh, also gut", gab Deri nach. „Wir können immer behaupten, mein Vater sei zwei Mal verheiratet gewesen, und Carys und ich hätten verschiedene Mütter."
    „Nein", wandte sie ein. „Ich möchte deine leibliche Schwester sein. Nie zuvor hatte ich einen Verwandten, und ich will nicht nur die Halbschwester von dem Menschen sein, der mir als Verwandter angeboten wird."
    Ängstlich schaute Telor Deri an. Er war erschrocken darüber, dass er aus dem Wunsch, nicht mit Carys in Verbindung gebracht zu werden, vollkommen vergessen hatte, wie schmerzlich es für Deri sein musste, an den Verlust seiner Familie erinnert zu werden. Aber der Zwerg war nicht in Seelenschmerz versunken. Vielleicht war sein Blick etwas düster, doch er lächelte Carys an.
    „Unsinn", erwiderte er. „Wenn du meine leibliche Schwester wärst, würde ich dir nie erlauben, so weit von zu Haus in Dienst zu gehen. Ich hätte dir eine gute Partie vermittelt. Natürlich war ich eifersüchtig auf die zweite Frau meines Vaters und hasse dich, weil du keine Zwergin bist. Ich bin dein grausamer Halbbruder, der

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