032
Darbietung fortzusetzen, waren die Proteste so wüst, dass sie innehielt und nach unten schaute, um sicher zu sein, dass er in Sicherheit war.
Sie hätte aufgehört, doch er ging so in der Rolle des grausamen Gebieters auf und wurde so bösartig, als sie zögerte, dass sie es für sicherer hielt, mit der Darbietung weiterzumachen. Am Ende war es nicht das neue Seil, das fast zu einer Katastrophe geführt hätte, sondern das Wutgebrüll, das Gekreisch und die von Männern ausgestoßenen Schreie, als sie zu fallen und sich zu retten schien. Die Schreie waren so wütend, dass sie in die Tiefe blickte, um sich erneut davon zu vergewissern, dass Deri in Sicherheit war, und dabei einen Fehlgriff tat. Danach saß sie einen Moment lang rittlings auf dem Seil, um zu Atem zu kommen, und erhaschte einen Blick auf Deri, der die Arme ausgestreckt hatte, um sie aufzufangen.
Daher machte sie sich nicht die Mühe, wieder auf die Füße zu kommen, sondern rutschte am Seil entlang.
Der Zwerg wurde überhäuft mit Münzen und anderen Gegenständen, zum Beispiel Porreestangen, alten Kohlköpfen und Rüben. Ein Teil des Gemüses war noch zu verwenden, die andere Hälfte jedoch bereits verrottet. Während Carys den Galgen herunterrutschte und sich dabei beeilte, damit nicht die Hälfte des Lohns von Dieben, die sich in der Menschenmenge befanden, aufgehoben wurde, fragte sie sich, wie viel von dem überreifen Gemüse als Protest gegen Deris Grausamkeit ihr gegenüber und wie viel davon einfach nur aus Spaß am Bewerfen eines Zwerges von den Zuschauern auf Deri geschleudert worden war. Das noch genießbare Gemüse war ihr indes durchaus willkommen, denn in den meisten Orten nahmen die Besitzer von Speisehäusern solches Gemüse gern im Austausch für bereits gekochtes Essen an.
Nachdem alle Münzen und das noch verwendbare Gemüse eingesammelt worden waren, kletterte Deri wieder die Galgen hoch, um das Seil abzubinden. Derweil er das tat, machte Carys eine weitere Runde über den Platz und sammelte ein, was Deri und sie nicht nutzen konnten. Diese Abfälle warf sie für die zu kranken oder zu verkrüppelten Bettler, die keine Zeit mehr gehabt hatten, etwas an sich zu bringen, ehe Deri oder sie die Sachen aufgehoben hatten, an eine Stelle, wo man sie nicht zertreten würde.
Dann stellte sie sich unter den Galgen, an dem Deri das zweite Ende des Seils löste, und fing es auf, als es herunterfiel. Danach eilten sie beide aus der Stadt und blieben auf der Hauptstraße.
Carys hatte darauf bestanden, den Ort umgehend zu verlassen. Sie befürchtete, von Dieben oder selbst der Stadtwache angegriffen und ihres Lohns beraubt zu werden. Deri hatte Verständnis gezeigt. Ein Zwerg, der oft als das Symbol für das Böse angesehen wurde, und ein junger Bursche waren verlockende Opfer, und nach dem Raubüberfall würde man wahrscheinlich Deris und Carys' Beschwerde nicht beachten. Wenn sie sich jedoch verteidigten, würde man sie bestrafen, weil sie beide nur fahrendes Volk waren.
Wenig später ging Carys allein in die Stadt zurück und tauschte Gemüse gegen zubereitetes Essen, Brot und Käse ein. Durch geschicktes Feilschen erhielt sie mehr, als sie erwartet hatte. Die Lebensmittel würden für mehrere Tage reichen. Als sie zu der Stelle zurückkehrte, wo Deri auf sie wartete, und er sah, wie viel sie heranschleppte, jammerte er, das Brot müsse altbacken und die Speisen verdorben sein, doch sie lachte ihn aus und erwiderte, er sei durch das Reisen mit Telor verwöhnt.
Es war Spätnachmittag geworden, ehe Carys, die sich umgezogen hatte, noch einen Besuch in der Stadt machte, um Doralys zu holen. Die Sonne ging soeben unter, als Carys und Deri im Lager im Wald eintrafen, und beide waren sehr erleichtert, Telor ruhig schlafend und fieberfrei vorzufinden. Er wachte auf, als er ihre Stimmen hörte, und stärkte sich mit großem Appetit. Als Carys ihm den Verband abnahm und die Paste abwischte, sah sie, dass die Wunde sich nicht entzündet hatte.
Am fünften Tag des Aufenthaltes meinte Telor, er sei genesen und bereit weiterzuziehen, doch Deri und Carys weigerten sich. Die Rippen taten ihm noch weh. Außerdem gab es keinen besonderen Grund zum Aufbruch.
Carys hatte mehr Anlass, an Ort und Stelle zu verweilen, als Telor Grund, auf die Weiterreise zu drängen. Zum einen arbeitete sie auf dem neuen Seil, das Deri auf der kleinen Lichtung von einem Baum zum anderen gespannt hatte. Sie versuchte, ihre Darbietung mit neuen wagemutigen Kunststücken
Weitere Kostenlose Bücher