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032

Titel: 032 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Die Seiltänzerin
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die Wächter gingen. Sie stand an der Ecke des Stalls und starrte zu dem Nebengebäude hinüber. Sollte sie an der Seite zur Mauer hinaufklettern, die vom Hof her nicht eingesehen werden konnte, aber nicht der Sicht der Wachen entzogen war? War es wahrscheinlicher, dass jemand aus der Halle oder einem der Nebengebäude kommen würde, um seine Notdurft zu verrichten, und sie dann sah? Oder war es wahrscheinlicher, dass sie abrutschen, Lärm machen und die Aufmerksamkeit der Wächter auf sich lenken würde?
    Telor wurde sich der Schmerzen im Kopf und in den Gliedern bewusst, die sich so fürchterlich verstärkten, dass er sein Stöhnen und Weinen nur dumpf wahrnahm. Es überraschte ihn, sich weinen zu hören. Er lebte! Im Augenblick war das keine angenehme Überraschung, und er wurde auch nicht froher, als die Schmerzen in den Gliedern nachließen und im Kopf zu einem dumpfen Dröhnen wurden. Es war ihm auch kein Trost, dass bald danach die Fähigkeit zu denken einsetzte. Er machte sich keine Illusionen über den Grund, weshalb man ihn am Leben gelassen hatte.
    Einem Gemeinen, der einen Herrn angegriffen hatte, war kein leichter Tod beschieden.
    Dennoch bereute er nicht, was er getan hatte, sondern nur die Tatsache, dass er sich nicht erinnern konnte, ob es ihm gelungen war, Eurion zu rächen. Bei der Erinnerung daran, wie verächtlich dieser gewöhnliche Flegel Eurions Angebot zu singen abgelehnt hatte, wurde ihm heiß vor Wut. William of Gloucester, ein Enkel des Königs, hätte dieses Angebot nicht zurückgewiesen. Er hätte gewusst, dass es viel mehr wert war als das harmlose Leben des alten Sir Richard. Unwillkürlich sträubte Telor sich, während die Wut in ihm aufstieg, gegen die Fesseln und öffnete die Augen. Ersteres war nutzlos, das Zweite verursachte ihm neue Stiche im Kopf, doch er erkannte sein Gefängnis. Er war in dem kleinen steinernen Gebäude, wo Sir Richard zusätzliche Waffen und Rüstungen untergebracht hatte. Falls man einen Dolch oder ein Schwert übersehen hatte, konnte er sich von den Fesseln befreien. Dieser Gedanke bewog ihn, den Kopf zu heben, ungeachtet neuer Schmerzen. Er stemmte die tauben Hacken auf den Fußboden und stieß sich herum.
    Nach flüchtiger Umschau hielt er abrupt inne. Noch hatte er die Hoffnung nicht aufgegeben, ein vergessenes Werkzeug oder eine Waffe zu entdecken, doch etwas viel Wichtigeres war ihm plötzlich aufgefallen. Er war allein! Es war nicht so, dass er mit Wachen in diesem sicheren Gebäude gerechnet hätte, aber wären Deri und Carys gefangen genommen worden, hätten sie sich bestimmt bei ihm befunden. Sie waren also noch in Freiheit. Niemand wusste, dass er Gefährten hatte! Nur der Hinkefuß, der Torwächter und die gleichgültigen Stallburschen hatten seine Begleiter gesehen, und es bestand die Möglichkeit, dass der Torwächter sie kaum zur Kenntnis genommen hatte und die Stallburschen nicht befragt werden würden.
    Telor lächelte, auch wenn ihm das im geschwollenen Gesicht Schmerzen bereitete.
    Zumindest hatte er, wie es seine Absicht gewesen war, den hinkenden Mann erfolgreich zum Schweigen gebracht.
    Er ruhte sich eine Weile aus. Noch immer bestand die Hoffnung, dass er etwas finden würde, wodurch er die Hände freibekommen und sich selbst schnell umbringen konnte. Falls das nicht gelang, würde er, ganz gleich, welche Qualen ihn erwarteten, am Ende doch Frieden finden.
    Getröstet gelang es ihm, die Ellbogen so weit zu spreizen, dass er sich auf den Bauch legen konnte. Dann schaffte er es unter größten Anstrengungen, sich über den dreckigen Fußboden zur Mauer zu bewegen. Falls dort ein Dolch oder ein Schwert vergessen worden war, würde die Waffe wahrscheinlich in der dunklen Ecke bei der Wand auf dem Fußboden liegen.
    Es war gleich, wie lange er brauchte, um durch das ganze Gebäude zu kriechen. Die Anstrengungen bei den Bewegungen waren so groß, dass er an nichts anderes denken konnte. Er war nicht sehr entmutigt, als er keine Waffe fand. Er hatte sich keine große Hoffnung gemacht, dass eine brauchbare Waffe zurückgelassen worden war. Das, was Sir Richards Männer nicht bei der Verteidigung von Marston benutzt hatten, war bestimmt von Orins Leuten entfernt und für sich selbst verwendet worden, da es so wenig andere Beute gegeben hatte.
    Nun musste die wirklich wichtige Suche beginnen. Vielleicht hatte man zerbrochene Waffen und Rüstungen in das Gebäude geworfen, und möglicherweise fand er wenigstens ein Stück Metall oder ein Stück

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