032
Knarren verwandelte, dem ein kaum wahrnehmbares Getrappel folgte.
„Das Strohdach", flüsterte Telor. „Jemand schneidet das Strohdach durch."
„Carys!" wisperte Deri. „Zur Hölle mit dem Mädchen! Ich habe ihm gesagt, es solle verschwinden und sich retten."
„Das würde Carys nicht tun", meinte Telor, „es sei denn, sie hält uns beide für tot.
Ich habe versucht, nicht an sie zu denken. Ich war sicher, dass sie, würde sie den Versuch wagen, zu uns zu kommen, gefasst wird. Ich hätte nie gedacht, dass sie durch das Dach kommt!" Seine Schultern begannen zu beben. „Sie ist das einfallsreichste ..."
Ihm versagte die Stimme, und er versuchte, das leicht hysterische Lachen zu unterdrücken. Ein dumpfer Aufprall war zu hören, nachdem die Bindungen des Strohdachs durchschnitten worden waren und ein Strohbündel auf den Fußboden gefallen war. In rascher Folge fielen aüch die anderen Strohbündel herunter.
„Telor? Deri?" flüsterte Carys, während sie sich kopfüber mit den Schultern durch das Loch, das sie gemacht hatte, zwängte und einen Dachsparren ergriff, um sich halten zu können. „Könnt ihr mich hören?"
„Ja, wir beide sind hier und nicht sehr verletzt", antwortete Telor.
„Oh, Liebe Frau, ich danke dir. Ich danke dir", murmelte Carys, während sie sich auf den Händen über den Balken bewegte und den Rest ihres Körpers durch die Öffnung zog, die sie gemacht hatte.
Dann brauchte sie nur einen Moment, um das Seil über den Kopf zu heben, es in der Mitte zusammenzulegen, den mittleren Teil zwei Mal um den Balken zu schlingen, auf dem sie sich befand, und die beiden Enden zu Boden fallen zu lassen. Da das Gebäude nicht zum Wohnen diente, waren die Balken so niedrig, dass sie am Seil schon fast herunter war, als es, noch nicht zur Hälfte abgewickelt, auf den Fußboden fiel.
„Wo seid ihr?" wisperte sie, doch ehe Deri oder Telor antworten konnten, war sie schon über sie gestolpert, zurückgetorkelt und auf die Knie gefallen.
Sie vergeudete keine Zeit. Sie hatte, während sie sich hinkniete, einen Dolch gezogen und mit der anderen Hand nach einem Körper getastet. Sie fuhr daran entlang, bis sie auf die gebundenen Handgelenke stieß. Sie schnappte nach Luft, als sie merkte, wie das Fleisch über der Fessel geschwollen war, zögerte jedoch nicht.
Alles, was sie tun konnte, war, die spitze Klinge an den Innenseiten von Telors Armen entlangzuschieben, das Fleisch darüber so gut wie möglich mit den Fingern herunterzudrücken und die Fessel zu durchtrennen. Blut netzte die Klinge, und Carys, nicht Telor, jammerte leise, doch sie fuhr fort, den Riemen zu zerschneiden, bis er schließlich durchtrennt war. Sie zog den Dolch zurück, weil jeder Schnitt, den sie machte, die Gefahr erhöhte, eine Ader zu verletzten, und bemühte sich dann, die Fessel von Telors Handgelenken zu wickeln.
Das war keine leichte Aufgabe. Carys konnte nichts sehen, so dass sie das abgeschnittene Ende des Riemens nicht fand oder festzustellen vermochte, wie er um Telors Handgelenke gewunden war. Das durch das Blut glitschig gewordene Leder rutschte ihr dauernd durch die Finger und hatte sich so tief in das geschwollene Fleisch geschnitten, dass sie, als sie an dem Riemen zog, den Eindruck hatte, sie reiße Telor die Haut ab. Sie konnte nicht beurteilen, welchen Schaden sie anrichtete, und die ganze Prozedur musste sie bei den Fußgelenken wiederholen!
Ihr wäre immer wieder übel geworden, doch die Angst, dass die Zeit schnell verstrich - der Aufenthalt in dem Gebäude kam ihr wie Stunden vor - , war größer als das Gefühl der Übelkeit.
Telor hatte nur ein Mal etwas geäußert. Als er merkte, wie lange es dauern würde, ihn zu befreien, hatte er Carys aufgetragen, erst Deri die Fesseln abzunehmen. Sie hatte nicht geantwortet. Deri hatte jedoch gemurmelt: „Nein, du Narr. Du wirst die zusätzliche Zeit brauchen, um wieder Gefühl in deine Hände zu bekommen."
Da offenkundig war, dass Carys nicht auf ihn hören würde, stritt Telor sich nicht mit ihr, war jedoch krank vor
Angst, seine Hände und Füße könnten abgestorben sein. In den Armen und Beinen, die zwar taub waren, hatte er noch etwas Gefühl, so dass er spürte, dass er frei war.
Er drehte sich um und stemmte sich auf den Ellbogen hoch, so dass er aufrecht an der Mauer sitzen konnte. Wenngleich er nichts sah, hörte er Carys' hastiges Atmen und eine Reihe von Zischgeräuschen aus Deris Mund, die der Zwerg immer dann von sich gab, wenn der Dolch
Weitere Kostenlose Bücher