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0322 - Das Fratzengesicht

0322 - Das Fratzengesicht

Titel: 0322 - Das Fratzengesicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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mich zu setzen, wobei er mit einer Hand die Haltestange hielt und sich in den Wagen hineindrehte.
    Kurz wandte er den Kopf nach links, grinste mich an und wischte eine Haarsträhne aus seiner Stirn.
    Wir rollten aus dem kleinen Bahnhof. Bevor wir in den Felstunnel eintauchten, mußte der Zug in eine Linkskurve fahren. Auf dem Sitz drehte ich mich um und tippte Susan gegen die Schulter.
    »Was ist denn?«
    »Sie sagen Bescheid, wenn wir aussteigen müssen.«
    »Natürlich.«
    Die Elektrolok war bereits von dem Tunnelloch verschluckt worden.
    Auch die Wagen verschwanden. Über uns fiel ebenfalls die Dunkelheit zusammen, so daß ich mir vorkam wie in einem Schacht und die mir gegenübersitzende Amerikanerin einen kieksenden Ruf ausstieß.
    »Sei doch ruhig, Emily!« hörte ich ihren Mann sprechen.
    Es ging bergab. Nicht so schnell wie bei einer Achterbahn, sondern mehr gemütlich.
    Ich wurde nur ein wenig nach vorn gedrückt. Der neben mir sitzende Chinese stieß gegen mich. Seine Entschuldigung klang falsch. Noch immer war es dunkel.
    Das änderte sich nach einer Minute Fahrtzeit, denn innerhalb des Schachts ein rötlich glosendes Licht. Davor standen Schilder an beiden Seiten. Die Beschriftung war zweisprachig abgefaßt worden.
    In englisch und in chinesisch. Sie zeigte an, daß wir uns dem Eingang der Hölle näherten.
    Sicherlich hatten die Filmemacher hier unten ihre Horrorstreifen gedreht, denn gruselig wurde es schon sehr bald. Nebel umdampfte uns.
    Er war künstlich erzeugt, stieg aus der Tiefe und auch aus den Wänden des Schachts. In und hinter ihm sahen wir die schrecklichsten Gestalten, die die chinesische Mythologie zu bieten hatte.
    Zumeist Monstren, die irgendeine Verwandtschaft mit Drachen oder drachenähnlichen Ungeheuern aufwiesen. Grelle Gestalten, farbig, unheimlich, Mutationen der verschiedensten Tierarten. Drachen mit Schlangenköpfen oder Füchse mit Drachenschädeln.
    Frauen und Männer, die sechs Arme hatten. Tempeltänzerinnen mit skelettierten Gesichtern, die, wenn sich die Schienen veränderten und wir nahe an ihnen vorbeifuhren, ihre Hände ausstreckten, als wollten sie mit den spitzen Fingernägeln die Haut in den Gesichtern der Fahrgäste ankratzen. Dann tauchten sie wieder zurück.
    Die Kinder hatten einen Heidenspaß. Wir hörten ihr Lärmen und Schreien. Manche klatschten auch in die Hände.
    Die beiden Amerikaner sah ich nur undeutlich, konnte aber erkennen, daß sich die Frau fest an ihren Mann geklammert hatte und auf ihn einredete.
    Sie hatte Angst. Jedes neu aus den Schwaden auftauchende Monstrum begleitete sie mit schrillen Kommentaren.
    Ihr Gatte nickte nur müde. Es sah so aus, als wäre er eingeschlafen.
    Man konnte ihn nur bedauern.
    Wir ließen den Eingang zur Hölle hinter uns und gelangten in ein Gelände, das dem Meer nachgeahmt war. Dabei fuhren wir über eine Brücke, denn rechts und links von uns schimmerte etwas, das aussah wie Wasser. Silbriger Schaum auf grünblauen Wellen, die sich auf- und niederbewegten. Manchmal erschien ein »Arm« aus dem Wasser. Es war zumeist der grünlich leuchtende Fangarm eines Ungeheuers oder eines Kraken. Er bewegte sich winkend hin und her, so daß ich das Gefühl hatte, er würde uns einen Gruß zusenden.
    Die Meeresoberfläche blieb nicht leer. Geisterhaft erschien ein Schiff.
    Wir bewegten uns, das Schiff bewegte sich. Ich schaute genauer hin und erkannte an der Form des Schiffes auch den Typ.
    Es war eine Dschunke oder Brigantine!
    Sie stampfte durch die Wellen. Man hatte die Segel gesetzt. Ein Mast erhob sich mittschiffs, der andere am Heck der Dschunke. Obwohl kein Wind blies, waren beide Mattensegel gebläht, und plötzlich drehte der Kahn bei.
    Irgendwie interessierte mich das Schiff. Ich vergaß praktisch meine Umwelt und schaute genauer hin.
    Auf dem großen Segel malte sich etwas ab. So genau erkannte ich es nicht, das Schiff mußte erst näher kommen, dann aber kristallisierte es sich hervor.
    Ein Kopf mit zwei Gesichtern!
    Das Fratzengesicht!
    Ich hielt den Atem an. Zum ersten Mal sah ich es und war überrascht, wie schrecklich es aussah. Die rechte Hälfte zeigte das Gesicht eines Chinesen mit einem rötlich schimmernden Haaransatz, als hätte jemand Blut über den Kopf gesprüht.
    Die linke Seite stellte einen Vampir dar. Bösartig und grausam schaute er. Ich sah einen der langen Hauer, der fast bis an die Unterlippe reichte.
    Die übrigen Fahrgäste sahen das Gesicht ebenfalls. Sie kommentierten es als schaurig,

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