0323 - Gefangen am Todesfelsen
Monster oder Schreckensgestalten, sondern ein Bereich der Technik und wahrscheinlich auch des Films.
Nackte, kahle Betonwände, ein normales Licht. Gänge, hin und wieder helle Kreidestriche auf dem Boden. Ich konnte mir gut vorstellen, daß hier unten auch Agentenfilme gedreht worden waren oder noch wurden.
Hongkong besaß eine blühende Filmindustrie. Es drangen immer wieder neue Produkte über den großen Teich nach Europa und in die Staaten.
Dann hörte ich den Schrei.
Sehr oft war mir dies schon passiert. Dieser Schrei gehörte zu den lautesten und schlimmsten, die ich je in meinem Leben vernommen hatte. Er wollte überhaupt nicht enden und durch die Echos schienen aus einem gleich vier oder fünf zu werden.
Ich war nicht weitergegangen und versuchte herauszufinden, wie weit der Rufer wohl noch von mir entfernt war. Ich konnte schlecht eine Prognose abgeben, jedenfalls wollte ich den Grund für diese schaurige Reaktion herausfinden.
Was über mir geschah, interessierte mich nicht mehr. Der unterirdische Bereich des Vampir-Theaters war wichtiger.
Ich gelangte an einen zweiten Gang, der sich dem ersten in einem schrägen Winkel anschloß. Obwohl ich es eilig hatte, machte ich nicht den Fehler, sofort in den Gang hineinzutauchen. Ich peilte zunächst einmal um die Ecke, und meine Augen wurden groß.
Der zweite Gang war weder breiter noch sah er anders aus. Aber er schien an seinem Ende gefüllt zu sein.
Dort waberte farbiger Nebel.
Ich spürte augenblicklich die Aura des Grauens, die von dem Nebel ausging. Das war wie ein böser Hauch, der mich streifte. Eine Erklärung besaß ich nicht dafür, aber ich wußte, daß innerhalb des Nebels etwas Böses stecken mußte.
Das Fratzengesicht!
Hatte es mich gesehen? Vielleicht, und ich zog Mandras Dolch hervor, denn ich hatte das Gefühl, diese Waffe konnte dem Fratzengesicht paroli bieten.
So lautlos wie möglich bewegte ich mich durch den kahlen Gang.
In der Tat hatte sich der Dämon innerhalb der gefährlichen Nebelwolke manifestiert.
Er wandte mir das Profil zu.
Eigentlich waren es zwei Profile. Ich sah einmal die chinesische Seite mit dem schmalen, lang herabhängenden Oberlippenbart, zum anderen die vampirische.
Deutlich stach der lange Eckzahn hervor, und ich erkannte das wie aus Stein gehauene Profil des Unheimlichen, wobei auch das Kinn sehr ausgeprägt vorsprang.
Ein Vampirgesicht wie aus dem Bilderbuch!
Lange hatte ich den Dämon gesucht. Jetzt stand er praktisch zum Greifen nahe vor mir.
War es wirklich so einfach?
Ich hatte vorgehabt, mich dem Dämon zu stellen. Da klang plötzlich eine Stimme auf, die mein Vorhaben zunichte machte. Ich hatte die Stimme noch nie in meinem Leben vernommen, sah auch den Sprecher nicht, dennoch wußte ich, daß es sich bei ihm um ein Wesen handelte, das etwas Unwahrscheinliches darstellte. Etwas Hohes, auch über den Menschen Stehendes, und ich ging nicht mehr weiter, blieb stehen und lauschte den Worten, die auch mir etwas sagten.
Sie nahmen mich gefangen. Ich bekam einiges über den Stab zu hören und glaubte daran, daß meine Befürchtungen nicht stimmten.
Sicherlich waren Suko und die beiden Frauen noch am Leben.
Jemand hatte sie beschützt.
Der große Buddha!
Ein Schauer der Ehrfurcht rann über meinen Rücken. Der Geist dieses Gottes mußte aus den Tiefen der Unendlichkeit vorgestoßen sein, um den zu behüten, der sein Erbe trug.
Es war gut, so etwas zu wissen. Die Worte schlugen mich in ihren Bann. Vielleicht trug daran auch Magie die Schuld, die von der Stimme abstrahlte.
Jedenfalls geriet ich so stark unter den Bann der Worte, daß ich auf das Fratzengesicht nicht weiter achtete. Es war zwar nach wie vor vorhanden, allein der Nebel bewies mir dies, doch was mit ihm geschah, merkte ich erst, als es zu spät war.
Natürlich hatte auch dieser Dämon die Worte des anderen vernommen.
Und er kannte die Stärke seines Gegners. Er wußte, daß er nicht dagegen ankam.
Das Fratzengesicht zog die Konsequenzen.
Es verschwand auf eine Art und Weise, die eines Dämons würdig war, der verloren hatte.
Innerhalb des Nebels schrumpfte der Januskopf zusammen. Beide Gesichtshälften verkleinerten sich zur gleichen Zeit. Es war keine äußere Krafteinwirkung dabei festzustellen. Keine Hände, die von vier Seiten her drückten, nein, das Gesicht schrumpfte von selbst.
Ich sah es nicht, und es war mehr Zufall, daß ich es überhaupt bemerkte, denn als ich mich aus dem Bann der Worte lösen konnte und vorging,
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