0323 - Gefangen am Todesfelsen
schwieriger, das Motorboot auf Kurs zu halten.
Besonders nahe der Küste, wo sie in den Bereich der Klippen gerieten.
Der Inspektor kannte das Gewässer überhaupt nicht. Er wußte nicht, wie tief die Felsspitzen unter der Wasseroberfläche lagen und ob es sie überhaupt gab. Er dachte an den kurz zurückliegenden Fall des Dämons Okastra. Da war Suko mit einem Schlauchboot an die Küste herangefahren, doch das Gewässer dort hatte sich als wesentlich leichter zu befahren erwiesen.
Immer wieder schleuderten die Wellen über den langen Bug oder schäumten auf das Deck, wo sie sich zu Quirlwasser verliefen.
Die Dschunke segelte davon. Suko erkannte auch die hohen Felsen im Bereich der Küste. Sie ragten wie gewaltige Mahnmale aus dem Meer.
Der Inspektor steuerte so, daß er nicht in den unmittelbaren Bereich geriet.
Schließlich war die Dschunke verschwunden. Kein Fratzengesicht leuchtete mehr. Für den ersten Moment war Suko enttäuscht. Wenig später sah er dann die Landzunge, die sich in das Wasser vorgeschoben hatte und die Suko umkurven mußte.
Die Wellen rollten von Backbord heran. Schwer schlugen die Massen gegen das Boot. Der Inspektor hatte seine Mühe, die hämmernden Hiebe der Querschläger auszugleichen.
Jemand trat zu ihm in den Ruderstand. Es war Susan Perth.
»Haben Sie John Sinclair nicht gesehen?« wollte sie wissen.
»Nein, wieso? Der befindet sich doch am Heck bei dem Gefangenen.«
»Ach so. Dann gehe ich mal hin.«
»Okay, tun Sie das.«
Susan verschwand schnell, war aber sehr rasch wieder zurück.
Diesmal zeigte sie Aufregung. »Suko, die beiden sind verschwunden!«
»Was sagen Sie da?«
»Ja, keine Spur mehr von Sinclair und Piau-Tu!«
Für einen Moment stand der Chinese starr auf dem Fleck. »Das ist doch nicht möglich.«
»Soll ich das Ruder übernehmen?«
Suko überlegte einen Moment. »Nein, schon gut, wenn Sie es sagen, wird es wohl stimmen.«
»Sie nehmen es sehr gelassen hin.«
Der Inspektor lachte. »Gelassen, sagen Sie? Wohl kaum. Nein, nein, ich mache mir verdammt große Sorgen, und ich frage mich, wo sie stecken können.«
»Die sind über Bord gegangen.« Während dieser Worte starrte Susan den Chinesen an. Ihr Gesicht war bleich geworden. Sie schien sich mit Kalk geschminkt zu haben.
Suko nickte verbissen.
»Und was können wir tun?«
»Die Nerven behalten.«
»Vielleicht sind sie ertrunken?« Susans Stimme klang schrill.
Diesmal bekam die vom Dienst suspendierte Polizistin keine Antwort.
Daran hatte Suko auch gedacht. Er wußte nicht, wann die beiden Männer über Bord gegangen waren, auf jeden Fall war es bis zur Insel noch eine verdammt weite Strecke. Bei dem Seegang kaum zu schaffen, es sei denn, derjenige war ein ausgezeichneter Schwimmer.
Das konnte man von John Sinclair behaupten, dennoch machte sich Suko große Sorgen. Gleichzeitig sah er ein, daß es keinen Sinn hatte, wieder zurückzufahren.
Das Meer war groß. Sie hätten John Sinclair wohl kaum gefunden, auch wenn er am Leben war.
Sie mußten sich nach vorn konzentrieren.
Susan hatte die Hände geballt und schüttelte den Kopf. »Verdammt«, flüsterte sie. »Das hätte nicht kommen sollen.«
»Na ja, wir stecken nicht drin.« Suko wußte selbst, wie lahm die Ausrede klang. Es fiel ihm schwer, den Kurs zu halten, wenn er an seinen besten Freund dachte. Er konnte in diesem Fall nicht anders handeln.
»Und da ist noch etwas«, sagte Susan Perth. »Es hängt mit Ihrer Freundin Shao zusammen.«
»Wieso?«
»Sie ist so seltsam.«
»Genauer!« forderte Suko.
»Ich weiß nicht so recht. Sie wirkte anders und spricht oder sprach von einer seltsamen Magie, die sie spürt, und auch von ihrer Ahnherrin, einer Sonnengöttin.«
»Amaterasu?«
»Ja, so sagte sie.«
Suko wußte nicht, was es zu bedeuten hatte. Er kannte Shao.
Wenn sie so reagierte, dann waren in ihr Kräfte mobilisiert worden, die sie nicht kontrollieren konnte.
»Können Sie mit dem Boot umgehen?«
Susan nickte. »Für eine Weile schon.«
»Gut, dann bleiben Sie am Ruder. Ich schaue mich einmal näher um. Vor allen Dingen bei Shao.« Er gab Susan noch einige Verhaltensregeln, drehte sich und verschwand.
Suko fand seine Freundin in der engen Kajüte. Wie eingefroren hockte sie am Tisch. Ihre Haut war tatsächlich eine andere geworden. Sie hatte einen glänzenden Schimmer oder Schein bekommen, und auch der Ausdruck des Gesichts war nicht als normal zu bezeichnen. Man konnte ihn mit dem Wort maskenhaft umschreiben.
Suko
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