0323 - Gefangen am Todesfelsen
Sache!« forderte ich ihn auf.
»Langsam, langsam, ich bin dabei. Diese kleinen Tierchen hassen nicht mich oder Dämonen, sie hassen die Menschen, und sie tun alles, um sie zu töten. Sie sind gierig auf Menschen, da ähneln sie den Vampiren, und sie stehen unter dem Bann des großen Meisters. Ich befolge seine Befehle, und deshalb werde ich es sein, der jetzt die Tiere freiläßt.«
Er wartete einige Sekunden, weil eine Woge heranrollte. Nachdem sie zurückgeschäumt war, redete er weiter. »Freu dich auf die kleinen Aale, Sinclair. Wirklich, sie sind sehr lieb. Nur nicht zu den Feinden. Da werden sie verrückt, denn sie wollen das Blut und vielleicht auch noch mehr.« Er kicherte wie ein Wahnsinniger. »Du verstehst mich, nicht wahr?«
Ja, verdammt, ich verstand ihn. Und ich mußte ohnmächtig mit ansehen, wie er eine Klappe einfach hochzog.
Ein Teil des Maschendrahtgitters verschwand. Dafür entstand eine relativ breite Öffnung.
Ideal für diese Monsterfische.
Sie peitschten sich mit ihren Körperenden voran und huschten wie glatte Würmer durch die Öffnung.
Ich war so sehr damit beschäftigt, auf die Aale zu starren, daß ich die Woge übersah. Sie kam mit großer Wucht und schleuderte mich gegen den Felsen.
Ich spürte den Schmerz im Rücken, auch mein Hinterkopf wurde malträtiert, und dann riß mir die Kraft wieder die Füße weg, so daß mich das zurückströmende Wasser hochhob.
Ein paarmal schnappte ich nach dem Abrollen der Woge nach Luft, spie auch Wasser aus, und sah erst dann wieder klarer.
Vor allen Dingen die beiden dämonischen Fische, die aus dem Wasser hüpften und Kurs auf meinen Körper nahmen…
Daß Piau-Tu verschwunden war, hatte ich überhaupt nicht bemerkt.
Ich konzentrierte mich allein auf die beiden Fische. Sie wuchteten sich hoch, für die Länge eines Gedankens schienen sie in der Luft stehenzubleiben, bevor sich ihre Körper im Halbbogen auf mich zu bewegten. Ich sah die roten Augen und die aufgerissenen Mäuler, in denen es weiß schimmerte.
Da waren die Zähne.
Nadelspitz!
Das bekam ich im nächsten Moment drastisch zu spüren, als der erste Fisch mich ansprang.
Er hieb seine kleinen Zähne in meinen Gürtel und biß so fest zu, daß er sogar noch ein kleines Stück Leder herausfetzte. Der zweite Fisch erwischte mein Hemd.
Und auch Haut.
Das Brennen war widerlich. Als hätte man Säure auf die Stelle geschüttet. Hart preßte ich die Lippen zusammen, sah die beiden Fische wieder zurückfallen, dafür die nächsten hervorspringen.
Diesmal höher.
Kopfhöhe!
Wenn sie mein Gesicht erwischten, dann…
Nein, sie erwischten es nicht, denn ich hatte blitzschnell den Schädel eingezogen, so daß die beiden dämonischen Aale an mir vorbeihuschten und gegen den Felsen klatschten.
Ich sah sie wie Schatten zurückhuschen, und mir wurde eins klar.
Selten hatte jemand versucht, mich auf so teuflische Art und Weise umzubringen. Und selten waren meine Chancen für ein Entkommen geringer gewesen…
***
Suko lenkte das Motorboot durch die Wellentäler und »ritt« geschickt die wie Glas wirkenden Wasserkämme ab. Je länger er fuhr, um so mehr Routine bekam er.
John Sinclair war verschwunden, den Gefangenen wußte er sicher, jetzt brauchten sie nur mehr die Insel zu erreichen. Ziemlich schnell kam John zurück. Er sprach nicht mehr mit Suko, sondern begab sich an Deck.
Der Wind frischte noch mehr auf. Höher und höher wurden die Wellen. Manchmal kam sich Suko wie in einer Nußschale vor. Er konnte auch nicht immer ausweichen und mußte so manchen Querschläger nehmen, der das Boot durchschüttelte.
Es ging alles glatt. Zwar kam Wasser über, es lief zum Glück sofort wieder ab, und Suko konnte die Fahrt fortsetzen.
Was sich allerdings hinter ihm in der Nacht abspielte, sah er nicht.
Dafür entdeckte er etwas anderes. Über den Wellen schien es zu schweben. Ein Gebirge von Schiff. Der Rumpf, schwarz, aber die Aufbauten leicht bläulich und violett schimmernd.
Die Dschunke mit dem Fratzengesicht!
Der Inspektor erkannte diesen dämonischen Januskopf sehr deutlich innerhalb des großen Segels, und als er sich genauer mit dem Kurs der Brigantine beschäftigte, wurde ihm klar, daß er nicht verkehrt lief.
Sicherheitshalber stellte Suko noch ein paar knappe Berechnungen an.
Danach war er davon überzeugt, daß die Dschunke auch die Insel anlaufen würde. Das war nicht schlecht, denn so konnte Suko die Brigantine als einen fahrenden Wegweiser ansehen.
Es wurde immer
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