0325 - Die Loge der Henker
grauen Kinder als ihren Bruder ansehen – oder als ihre Beute für diese Nacht?«
»Ich… ich will dir dienen, hoher Lykon!« preßte Pedro Sanchez hervor.
»Mit der ganzen Kraft deines Herzens?« Wieder nickte Sanchez.
»Und – mit deiner Seele?« fragte Lykon langsam.
»Ja… ja … mit meiner Seele … mit Leib und Seele!« preßte Pedro Sanchez gequält hervor.
»Dann sprich sie, die Worte des Rituals!« befahl Lykon. »Erst die vorgeschriebenen Worte machen den Pakt gültig und schreiben ihn mit flammender Schrift in die Register der Verdammten. Nun denn, Pedro Sanchez. Ich höre und lausche deinen Worten!«
Einige Male schluckte Sanchez. Seine Kehle war wie ausgedörrt, und es kostete ihn unsägliche Anstrengung, die Worte hervorzubringen, die ihn für die Ewigkeit der Hölle überlieferten.
» Mach mich zum Werwolf – denn mich dürstet nach Blut! Gib es mir! – Gib es mir heute nacht! Großer Wolfsgeist! Gib es mir – und ich bin mit Herz, Körper und. Seele dein!«
Langsam sackte Pedro Sanchez, kaum daß die Worte verhallt waren, in sich zusammen. Über die Fratze des Lykon glitt dämonenhafter Triumph. Heute nacht heftete sich ein Sieg auf die Feldzeichen des Satans. Wieder war es dem großen Verführer der Menschheit gelungen, dem Himmel das Unsterbliche eines Menschen zu entreißen. Tief unten im Reich der Schwefelklüfte war nun der Name des Pedro Sanchez verzeichnet.
»Ich gebe dir, was du begehrst und nehme dafür, was du mir gibst!« hörte Sanchez Lykon sagen. »In jeder Nacht, wenn du es willst, wird in dir der Wolf erwachen und niemand kann dir ohne besondere Waffen Widerstand leisten. Geh hin, schlage, töte und friß, was immer du begehrst. Ob Mensch oder Vieh, alles sei dein.«
Lucifuge Rofocale, der Ministerpräsident des Satanas Merkratik, hat unseren Bund besiegelt und dich unter seine Gefolgschaft aufgenommen. Du stehst unter seinem Banner, wenn du dereinst hinabsteigen wirst, um deine Seele mit den Verdammten der Tiefe zu verbinden. Seinem Feldzeichen hast du zu folgen, wenn der Tag von Amargeddon heraufdämmert. Doch in den Tagen deines Lebens nenne dich Diener des Lykon…
»Hüte dich vor Menschen, die in ihren Gewehren geweihte Silberkugeln geladen haben. Auch die Klinge eines Dolches aus Silber beendet deine Existenz als Wolf wie sie dein Leben als Mensch beendet. Und vergiß niemals, daß in der Nacht des Vollmondes deine Identität als Wolf auch über dich kommt, ohne daß du es willst. Halte dich in diesen Nächten von den Menschen fern!«
»Ich höre deine Worte und werde sie befolgen, hoher Lykon!« stieß Pedro Sanchez hervor.
»Und hüte dich künftig vor den Ärzten!« schärfte ihm der Wolfsgeist ein. »Denn unter deiner Haut befindet sich nun der Wolfspelz, der dann hervordringt, wenn du es willst – oder wenn in den Nächten des Vollmonds die Gier in dir erwacht. Am Tage lebe als Mensch und suche dir zu dieser Zeit die Beute, die du des Nachts schlagen willst. Bedenke jedoch, daß du zwar große Kraft hast – aber nicht unverwundbar bist. Auch Schmerzen wirst du verspüren. Nur eine Silberkugel kann dich töten. Doch verwunden oder dir Schmerzen bereiten können auch andere Geschosse. Denke immer daran, wenn du zur nächtlichen Jagd ausziehst!«
»Ich werde diese Worte stets beherzigen, hoher Lykon!« Sanchez bemühte sich um Festigkeit in der Stimme.
»Dann wünsche ich dir alle Zeit deines Lebens in dieser Welt Gute Jagd!« rief Lykon laut. Die Wölfe um den Kreis heulten und jaulten, als die Erscheinung des Wolfsgeistes verblaßte und im Nichts verging.
Im selben Moment spürte Pedro Sanchez, wie ihn ein sonderbares Gefühl durchrieselte. Etwas, das lange in seinem Inneren geschlummert hatte, brach sich jetzt Bahn und drang heraus. Pedro sah, wie sich seine Hände langsam verformten. Die Finger streckten sich und die Nägel wurden halbmondförmige, sichelartige gebogene Krallen.
Seine Augen erkannten, daß sich langsam aber stetig auf seinem ganzen Körper ein schwarzgraues zotteliges Fell ausbreitete, das sich mit dem Wolfsfell um seine Lenden zu einer Einheit verband.
Die ganze Gestalt verformte sich und wurde massiger. Der Brustkorb weitete sich und die Muskeln der Arme schwollen unförmig an. Sehnen und Muskelstränge traten unter dem Fell wie dicke Taue hervor, wenn Sanchez seine Gestalt drehte und mit erhobenen Armen unter dem Vollmond wie in Trance hin- und herpendeln ließ, während die Wölfe zu diesem Tanz ihre schauerliche Melodie
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