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0326 - Burg der tausend Schrecken

0326 - Burg der tausend Schrecken

Titel: 0326 - Burg der tausend Schrecken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Kurt Giesa
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erhaltene Fleck befand. Mit diesem Wissen suchte er die Gaststube wieder auf, die sich zu abendlicher Stunde immer mehr füllte. Als er eintrat, unterbrachen die meisten Gäste ihre Unterhaltung und sahen ihn erwartungsvoll an. Offenbar erhofften sie sich ein weiteres »Zauberkunststück« des französischen Magiers. Aber Zamorra dachte nicht daran, noch einmal alle Aufmerksamkeit auf sich zu richten. Er fragte den Wirt nach einer Landkarte.
    Dann verglich er seine Erinnerung mit dem Kartenbild.
    »Murcia«, murmelte er. »Das muß Murcia sein… und das sind gut 500 Kilometer Luftlinie von hier entfernt…«
    Aber ein Castillo Ferreira war in der Umgebung von Murcia nicht eingezeichnet. Dennoch war Zamorra sicher, auf der richtigen Spur zu sein. Er bedankte sich und ging wieder nach oben.
    »Murcia«, sagte er, »eine Hunderttausend-Seelen-Stadt in Küstennähe, am 38. Breitengrad. Da muß es sein.«
    »Und es muß dringend sein«, sagte Nicole. »Während du unten warst, glühte das Amulett wieder hell auf, dreimal hintereinander. Und diesmal habe ich auch die Burg gesehen und den Namen wahrgenommen.«
    Zamorra wischte die Asche in den Abfallkorb. Erstaunlicherweise waren die anderen Seiten vollkommen unversehrt geblieben, nicht einmal an den Rändern angekokelt. Der Parapsychologe sah seine Gefährtin an.
    »Ich bin fit genug«, sagte sie. »Wir können meinetwegen die Nacht durchfahren.«
    »Nicht die ganze Nacht«, wehrte Zamorra ab. »Ich schätze, daß wir für die rund 500 Kilometer auf spanischen Straßen sieben bis acht Stunden brauchen werden. Laß uns noch wenigstens drei oder vier Stunden schlafen. Ich kläre mit dem Wirt schon mal die Rechnung ab, und wir brechen zum Ende der Geisterstunde auf.«
    »Einverstanden«, erklärte Nicole.
    Bloß als Zamorra dann wieder nach oben kam, zeigte sich, daß seine süße Gefährtin mit Schlafen im Sinne von Schlafen herzlich wenig im Sinn hatte. Sie empfing ihn mit Kerzenlicht und einem heißen, verlangenden Kuß, und sie trug nichts außer einem Glas Rotwein, das sie Zamorra überreichte.
    Die vier Stunden verstrichen viel zu schnell.
    ***
    Zamorra hatte sich das Amulett nicht mehr umgehängt. Er wollte nicht abermals von einer Aktivität durch einen dolchstoßartigen Schmerz getroffen werden, sondern die Fahrt zum Schlafen ausnutzen, zumindest solange, wie Nicole fuhr und sich nicht ablösen ließ. Er hatte Merlins Stern ins Handschuhfach gelegt, die Sitzlehne in Liegeposition gebracht und lächelnd die Augen geschlossen.
    Wenig später war er eingenickt.
    Er träumte von einem Kellergewölbe. Über einer schief in den Angeln hängenden, morschen Holztür schwang sich eine halbrunde Steintreppe. Durch die Tür schritt eine junge, dunkelhaarige Frau in einem langen, weißen Gewand. Die Frau war durchscheinend wie eine Geister-Erscheinung, und doch verursachten die Ketten ein scharrendes, schleifendes Geräusch von Metall auf Stein - die beiden langen Ketten, die an Eisenschellen an den Handgelenken des Mädchens begannen und irgendwo in der Düsternis jenseits der morschen Holztür endeten.
    Das Mädchen hob den Kopf, und Zamorra konnte die Augen sehen. Pupillenlose, weiß leuchtende Augen, und das Leuchten wurde immer greller, umfaßte die gesamte Gestalt, bis sie plötzlich in einer grellen Explosion auseinanderflog - und etwas ganz anderes freigab, das unbeschreiblich und grauenhaft war -Zamorra schreckte hoch.
    »He, was ist los?« fragte Nicole überrascht und brachte den Wagen am Straßenrand zum Stehen. »Du siehst ja totenblaß aus.«
    Zamorra atmete tief durch. Er brauchte einige Zeit, um sich in die Wirklichkeit zurückzufinden. Vergeblich versuchte er sich zu erinnern, was er nach der Explosion gesehen hatte. Er konnte es nicht mehr beschreiben. Er hatte nur den Eindruck von etwas ungeheuer Gefährlichem, etwas, das namenlose Schrecken und furchtbare Tode in sich barg.
    Er erzählte Nicole von dem Alptraum.
    »Es muß in einer Beziehung mit der Burg stehen«, behauptete er anschließend. »Mir scheint, als sei die Sache noch gefährlicher, als es zuerst den Anschein hatte.« Er brachte die Sitzlehne per Knopfdruck wieder auf normale Höhe zurück. »Wo sind wir eigentlich, Nici?«
    »Wir haben soeben die Mancha durchquert und befinden uns jetzt in der Nähe von Albacete«, erklärte sie. »Wenn du Lust hast, können wir einen Zwischenstop einlegen und uns die legendären Höhlenwohnungen am Fuß der Murcia-Berge ansehen.«
    Zamorra schnappte nach Luft.

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