0326 - Der heulende Tod
ich.
»Dorothee Waterfield. Sie besaß ein Apartment im Haus des Clubs. Keine Anhaltspunkte. Nachdem sie Harron Webster kennen lernte, brach sie den-Verkehr mit seinen Vorgängern ab. In der Schule haben sie uns bei Bruchrechnen immer was von einem gemeinsamen Nenner gepredigt« sagte ich. »Den muss es doch auch bei diesen drei Ermordeten geben. Vielleicht auch bei Sattler. Aber von dem wissen wir zu wenig. Lassen wir ihn vorläufig aus dem Spiel.«
»Also noch mehr Büroarbeit?« Phil kratzte sich den Nacken. »Bald werden wir anstelle von Schulterhalftern Ärmelschoner angepasst bekommen.«
Tagelang hatte wir alles Erreichbare aus den Lebensläufen der Ermordeten zusammengetragen. Dazu ihre von Zeugen geschilderten Charaktereigenschaften, mochten sie auch noch so widersprüchlich sein. Alle ihre Geschäftsverbindungen, Lieblinkslokale, Urlaubsorte, die Maße ihrer Kleidungsstücke, Hutgrößen, Schuhnummern, die Namen ihrer Verwandten und Bekannten, Telefon- und Autonummern, was sie aßen und tranken - ein gutes Hundert Beamte war damit beschäftigt gewesen ebenso viele Aktenordner mit beschriebenen Seite zu füllen. Nur Fakten. Kein Mensch konnte sie lesen, geschweige denn auswendig lernen und vergleichen. Aber die Maschinen konnten das. Unsere Elektronenrechner.
Jetzt übersetzten Techniker die gesammelten Fakten zu unserem Raketenfall in Zifferncode und fütterten die Maschinen mit den gelochten Streifen. Mal sehen, was dabei herauskam.
Bis es soweit war, konnten wir uns nur wenige Aufgaben teilen: Das Blue Cat, seinen Besitzer, den Vizepräsidenten der E. B. C., Randolph Corner, und das Grundstück mit der Restvilla Harron Websters in Cartier Forth. Die Bewachung Corners hatte Bowler mit seiner Gruppe übernommen. Nachts saß Phil in Cartier Forth und ich im Night-Club. Ich war mir nicht sicher, was anstrengender war.
Johnny Kingston der Geschäftsführer, hatte mich mit dem notwendigen Misstrauen wiederkommen sehen. Aber ich kam als Gast.
Die Nachfolgerin von Doris Night war Karin Night. Sie füllte die Programmlücke, ohne dass es den Gästen sonderlich aufgefallen wäre. Anscheinend war ihnen beim schummrigen Licht ein Tanzbein so gut wie das andere. Zumindest das Personal wusste, dass ich nicht zum Vergnügen im Blue Cat war.
Eine Gelegenheit ergab sich beim sechsten Besuch. Betrunkene waren in dem vornehmen Night-Club selten. Trotzdem torkelte einer mitten in der Vorführung des Schimmels durch die Tischreihen.
Der Betrunkene setzte sich, wo er gerade stand. Er hatte vor meinem Tisch gestanden. Er lümmelte die Arme darauf und mimte den Betrunkenen. Aber ich sah 28 in seine Augen. Sie waren nüchtern. Ich hob die Hacken, bereit, mich sofort mit den Fußballen abzufedem.
»Schickes Baby« lallte der ungebetene Besucher. Er deutete auf die Tänzerin.
»Sie ist Doris’ Schwester.« Die Flüsterstimme klang völlig normal.
Der Bursche an meinem Tisch mochte etwa Mitte zwanzig sein. Sein Smoking saß wie angegossen. Der Kerl griff sich jetzt mein Glas und schüttete den schäbigen Rest hinunter. Dann wieherte er wie man es von dem Schimmel vorn noch niemals gehört hatte.
»Sie müssen sie sofort mitnehmen, sonst wiederholt sich alles. Alles, verstehen Sie?«
Es juckte mir in Händen und Füßen. »Wer sind Sie?«, fragte ich leise.
Tusch. Das Licht erlosch. Karin Night trat ab. Mein Tischgast auch. Als die Lichter wieder aufglimmten, war er verschwunden. Gelassen nahm ich eine Zigarette zwischen die Lippen und schlenderte nach zwei Zügen zur gepolsterten Privattür hinüber. Mit einem Ruck stieß ich sie auf. Der Gang war leer. Hugo hatte wohl Ausgang.
Als höflicher Mensch klopfte ich an die Tür der Tänzerin. Keine Antwort. Es blieb verdächtig still. Die Tür war nicht verschlossen. Die Garderobe war leer. Hinter einem Wandschirm lag die Privatgarderobe. Wohlgeordnet und griffbereit. Also war das Girl noch nicht vom Auftritt zurück. Aber wo war sie geblieben? Im Kostüm?
Ich raste durch den Gang zurück und donnerte dabei an die anderen Türen. Keine Reaktion. Im Clubraum gaben die Pärchen wieder ihre Privatvorstellung auf der Tanzfläche. Ich drängte mich an den Tanzenden vorbei. Die Band saß hinter einem dichten Tüllvorhang. Durch ihn trat auch die Tänzerin ab.
Auch die Boys von der Band kannten mich.
»Wo ist Karin?«, fragte ich.
Der Bandleader nahm sein Instrument von den gespitzten Lippen. Seine Leute ließen ihn daraufhin auch gleich mit dem Takt im Stich.
»Sie ging
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