0326 - Der heulende Tod
auf.
»Suchst du ’nen Job?«
»Yes.«
»Könnt dich zu ’ner prima Gang bringen. Verlangen auch was.«
»Mache alles«, versprach ich.
»Hm!« Er dachte nach, so schwer es ihm auch fiel. »Werd’es versuchen. Wenn nicht, mach ich dich zu meinem Bodyguard. Kann es mir jetzt leisten.«
Er gab sich ordentlich Mühe, seiner neuen Rolle als Boss gerecht zu werden.
»Du wartest auf mich, bis ich dich hole. Muss erst mit den Jungs reden. Bis jetzt sind wir nur fünf. The Abyss. Aber es wird bald mehr Arbeit gebe. Wird also schon klargehen. Wo wohnst du?«
Ich zuckte die Achseln.
»Geh ins Eagle. An Kai neun. Der Wirt kennt mich. Von dort hol ich dich ab.« Damit ließ er mich stehen und verschwand um die Ecke.
Jede Gasse in Hoboken hat ihren Trödler. Ich suchte den nächsten auf und staffierte mich fein heraus. Wie mein Boss Messer-Brown. Nur nicht ganz so teuer.
Leider besaß der Trödler kein Telefon. Und irgendwo anders einen Apparat aufzusuchen, schien mir nicht ratsam. Ich kam aus Boston und kannte weiter noch keinen Menschen. Alles was verdächtig sein konnte, musste ich vermeiden.
Der Wirt im Eagle stellte auf das Stichwort Messer-Brown hin keine weiteren Fragen.
Drei Dollar nahm er mir für ein Zimmer ab, und doppelt soviel für die Flasche Whisky, die ich nur mitnahm, um mich auf die richtige Weise einzuführen. Dafür zeige er mir auch unaufgefordert die Feuerleiter am Fenster, das zum Hudson River führte. Zur Not musste man schwimmen.
Zuerst gönnte ich dem schmutzig braunen Wasser unterm Fenster einen gehörigen Schluck aus der Flasche. Ein paar Tropfen verspritze ich im Zimmer. Messer-Brown sollte sich heimisch fühlen wenn er mich abholte. Dann legte ich mich auf das knarrende Eisenbett und versuchte, einzuschlafen. Was Besseres konnte ich im Augenblick nicht tun.
***
Ruhig ging es im Eagle nicht zu. Auf den Treppen wurde geschlurft und gepoltert. Türen knallten, Geschrei und Gelächter. In den Heizungsröhren klopfte ein regelmäßiger Takt. Ich kam nicht umhin ihn mitzusummen.
Plötzlich stutzte ich. Das war nicht Übermut oder Langeweile, weshalb sich einer als Röhrenklopfer betätigte, das waren Morsezeichen. Sie galten mir. Ich übersetzte: Phil ist hier - Phil ist hier - sangen die Heizungsrohre. Ein angenehmer Lärm.
Ich nahm meinen Schuh in die Hand und klopfte zurück: Zimmer 26.
Es dauerte eine Weile, bis Phil mit seinem Klopfen aufhörte, und meine Botschaft empfing. Dann hörte ich auf, mit dem Absatz die spärliche ehemals helle Farbe von den Heizungsrohren zu hämmern. Verstanden - verstanden - kam es nur noch zurück.
Zwei Minuten später war Phil in meinem Zimmer. Die Tür hatte ich vorsorglich offen gelassen. Hinter Phil verriegelte 44 ich sie. »Wie hast du mich gefunden?«, fragte ich.
»Ich bin dir und Messer-Brown gefolgt«, erklärte er. »Als ihr euch trenntet, wollte ich lieber in deiner Nähe sein. Als du im Eagle verschwunden warst, hab ich Mr. High angerufen. Er hatte eine interessante Neuigkeit. Das Pentagon hat die Bilder von den Acapulco-Leute geschickt. Bald fünfhundert. Ich wusste gar nicht, dass wir im Krieg so viel Ehren-Dollar-Bedienstete beschäftigten. Auch ein paar Frauen darunter. Karin Ashley hat sich die Fotos zuerst angesehen. Sie hat Waterfield, den Mann ihrer Schwester Doris, identifiziert. Es ist Webster, Harron Webster. Der erste Raketentote.«
»Sieh mal an. Das hab ich mir bald gedacht. Warum haben sie denn unter falschen Namen geheiratet?«
»Das haben sie nicht«, gab Phil Auskunft. »Waterfield nannten sie sich nur für ihre Umgebung. War so’n-Tick von Webster. Er wollte ein ganz anderes Privatleben haben, oder möglichst noch mehrere nebeneinander.«
»Wenn Webster so vielfältig lebte, sich von seiner Frau trennte, sie aber später als Tänzerin nach Cartier Forth einlud, dann musste das mindestens einer noch gewusst haben«, meinte ich.
»Ich weiß, wen du meinst«, sagte Phil. »Williamson, der Butler. Der hat uns mit seiner steifen Hemdbrust ganz schön an der Nase herumgeführt. Wenn wir ihn jetzt finden würden, wären wir ein schönes Stück weiter.«
»Hoffentlich treffen wir ihn noch lebend an«, meinte ich. »Außer Corner haben wir nun eigentlich niemand mehr, der in den Kreis dieser Organisation von Acapulco gehört. Habt ihr ihm die Bilder gezeigt? Vielleicht frischt das sein Gedächtnis auf, und er erinnert sich an weitere Namen.«
»Ich habe Mr. High gesagt, das würden wir gern selbst tun. Um seine
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