0328 - Die Werwolf-Schlucht
wirst sie nicht entdecken, John Sinclair. Sie stehen über uns. Es gibt hoch an den Wänden sogenannte Galerien. Dort halten sie sich auf. Wenn ihnen irgend etwas nicht paßt, schleudern sie ihre Speere. Ihr könnt euch vorstellen, daß sie auch zu treffen verstehen.«
Ja, das konnten wir sehr gut. Ich fühlte ein Kribbeln auf meinem Rücken und merkte auch, wie sich die Haut an meinem Nacken spannte.
Vorhin hatte ich davon nichts gewußt, jetzt war ich nicht mehr so unbelastet.
»Stört es dich?« fragte Morgana.
»Einigermaßen.«
»Ich habe mich daran gewöhnt.«
»Wäre es nicht an der Zeit, zu versuchen, von hier zu verschwinden?« fragte Suko.
»Langsam, wir müssen noch darüber reden.«
»Den Weg kennen wir«, sagte ich.
»Irrtum, wir werden einen anderen nehmen.«
»Und welchen?«
»Über das Wasser!«
Zuerst begriff ich nicht, bis es mir einfiel. »Du… du meinst das Wildwasser?«
»Genau.«
Auf einmal wurde mir mein Magen eng. Ich spürte, wie der Schweiß aus den Poren trat und mir ganz anders wurde. »Das darf doch nicht wahr sein! So etwas schaffen wir nie.«
»Wir müssen es versuchen.«
Suko hob einen Arm und schabte mit dem Daumennagel über die gerunzelte Stirn. »Also, ich weiß nicht so recht. Eigentlich traue ich mir schon viel zu, aber durch ein Wildwasser zu schwimmen, das schafft wohl keiner. Die Gewalt ist einfach zu groß.«
»Das weiß ich auch«, erwiderte Morgana. »Ihr braucht keine so großen Sorgen zu haben. Ich habe einiges vorbereiten können.«
»Dann hast du ein Boot?« sagte ich.
»Nein, wir müssen uns auf ein Floß verlassen. Es kann in diesem Fall besser als ein Boot sein.«
Ich schaute Suko an, dessen Blick mich traf. Ein Floß also. Ich war bis zu diesem Tag noch nie auf so einem Ding gefahren, und ausgerechnet durch dieses wilde Wasser sollten wir rasen.
Konnte das überhaupt gutgehen?
Morgana bemerkte meine Sorge. »Wir müssen es versuchen. Es ist die einzige Chance.«
»Und wenn wir über Land…«
»Nein, John. Es sind einfach zu viele. Sie würden uns verfolgen und uns irgendwann einmal schnappen. Der Fluß mündet ins Meer, und dort habe ich in einer kleinen Bucht das Boot liegen. Es ist wirklich die einzige Möglichkeit.«
»Und wo befindet sich das Floß?« fragte Suko.
»Einen Teil des Weges müssen wir wieder zurückgehen«, erklärte sie.
»Am Wasserfall vorbei, dann zum Fluß hinunter, denn dort liegt es.«
»Das heißt, wir müssen auch über die Brücke?«
»Ja.«
Auf dem Hinweg hatte sie gehalten. Ich konnte mir jedoch vorstellen, daß dies nicht immer so sein würde. Wenn unsere Gegner merkten, daß wir verschwinden wollten, würden sie versuchen, den Übergang zu zerstören. Ein Kampf auf einer fallenden Hängebrücke war auch nicht das Wahre. Die Chancen sanken…
Ich schluckte ein paarmal und wischte über meine schweißnasse Stirn.
So etwas gefiel mir gar nicht. Im Hals spürte ich ein unangenehmes Kratzen. Obwohl Morgana sich als unsere Verbündete herausgestellt hatte, sah ich nicht zu optimistisch in die Zukunft.
»Wir müssen auf jeden Fall versuchen, immer dicht zusammenzubleiben«, erklärte Morgana Layton. »Wenn wir getrennt werden, kann es böse aussehen. Auf dem Floß befinden sich einige Leinen, und es hat auch ein Ruder.«
»Das bei dieser Wasserkraft kaum etwas nützen wird«, gab ich zu bedenken. Suko stieß mich an. »Sei mal optimistischer.«
»Tut mir leid, aber ich bin noch immer nicht über die Leichen hinweggekommen.«
Plötzlich krümmte sich Morgana Layton. Vor unseren Augen sackte sie zusammen und preßte beide Hände gegen ihren Leib. Als Suko auf sie zuspringen wollte, um ihr zu helfen, ging sie zurück und schüttelte den Kopf. Wir merkten, daß das Sprechen sie anstrengte.
»Was ist los?« fragte mein Partner.
»Fenris!« flüsterte sie. »Ich spürte ihn. Sein Geist ist da. Ich weiß nicht genau, was er vorhat, aber er scheint Lunte gerochen zu haben.«
Das hatte er tatsächlich, denn hinter Morgana glühten die Umrisse des Götterwolfs in der Wand auf. Ein von innen kommendes rötliches Licht zeichnete seine Konturen sehr deutlich nach, und auch Morgana Layton geriet in den Bann.
Sie sprang plötzlich zurück und hatte den Boden kaum berührt, als sie zusammensackte, auf den kalten Stein fiel und sich herumwälzte. Suko wollte zu ihr, ich riß meinen Partner am Arm zurück.
»Nein, nicht, sie muß es tun.«
»Verwandelt sie sich?«
»Ja.«
In den nächsten Sekunden erlebten wir ein
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