0328 - Die Werwolf-Schlucht
murmelte ich.
»Besser eine kleine Rinne als keine«, erwiderte Suko.
Es war tatsächlich eine schräg nach unten führende Rinne. Zum Glück nicht nur glatt. Wir entdeckten an den Rändern und in der Mitte gewisse Einkerbungen, und die sahen aus wie von Menschenhand geschaffen.
Keine Hinterlassenschaft der Natur.
Da schien tatsächlich jemand vorgesorgt zu haben. Allmählich glaubte ich Morgana Layton wieder.
»Da du ja immer die große Angst hast, werde ich den Anfang machen«, erklärte Suko und setzte sich kurzerhand auf den Hosenboden, bevor er die Hacken in die ersten Rillen stemmte und so Halt suchte.
Sehr bald war der Inspektor meinem Sichtfeld entschwunden, und ich machte mich ebenfalls an den »Abrutsch«.
Es klappte besser, als ich zu hoffen gewagt hatte. Ich wünschte mir nur nicht, daß uns irgendwelche Wölfe angriffen, dann befanden wir uns nach wie vor in einer schlechteren Position.
Der Regen hatte die natürliche Steinrinne ausgewaschen, die von der Felswand gestützt wurde und deren Neigungswinkel zum Glück nicht steiler wurde, auch dann nicht, als ich den kleinen Vorsprung sah, auf dem Suko bereits wartete.
Ich schaute zu meinem Partner hinunter. Er hatte den Kopf gedreht und sah zu mir hoch.
»Was ist denn?« rief ich ihm zu.
»Komm erst mal runter.«
Auch jetzt bewegte ich mich nicht weniger vorsichtig als zu Beginn.
Ich atmete auf, als ich meine Füße auf den Vorsprung setzte und neben Suko stehenblieb.
Wir befanden uns noch immer in luftiger Höhe. Unter uns rauschte grünlich schimmernd und schaumig das Wasser des Wildbachs.
Rechts von uns ähnelte der Wasserfall glänzendem Edelmetall.
Gischtwolken wehten zu uns herüber. Sie trieben auch wie lange, dünne Schleier durch die obere Hälfte der Schlucht. Die Werwölfe am anderen Ufer waren mehr zu ahnen, als zu sehen.
Ich nickte Suko zu. »Und jetzt?«
Er antwortete mir durch ein Zeichen. Ich schaute in die gewiesene Richtung und erkannte, daß sich die Bestien in Bewegung setzten.
Sie wollten nicht mehr stehenbleiben und ebenfalls nach unten klettern.
Wahrscheinlich, um uns den Weg abzuschneiden oder es gar nicht dazu kommen lassen, daß wir entwischten.
Das war natürlich nicht gut, denn für uns gab es keinen zweiten Weg.
Und die Rinne hinauf konnten wir kaum klettern, denn einen so guten Halt hätten wir nicht gefunden.
Wir klebten an der Wand. Der Felsvorsprung schien irgendwie übriggeblieben zu sein. Einen zweiten sah ich nicht. Wir kauerten in luftiger Höhe und blickten über den Rand hinweg auf den schäumenden Wildbach, zu dem wir hinunter mußten.
»Hat Morgana uns angelogen?« fragte Suko.
Ich hob die Schulter.
»Hier sitzen wir natürlich wie auf dem Präsentierteller. Wenn uns jemand angreift, kommen wir nie und nimmer weg.« Ich atmete tief ein und begann, mich zu ärgern. Verdammt, ich hätte doch nicht auf das Angebot eingehen und lieber versuchen sollen, mich auf andere Art und Weise durchzuschlagen.
Wir hatten es nun mal getan und dabei blieb es.
Suko schaute sich um. Er bewegte sich dabei. Ich rückte bis dicht an die Felswand hinter meinem Rücken, tastete auch mit den Händen nach und fuhr mit den Fingern in Spalten hinein, die ich zuvor überhaupt nicht gesehen hatte.
Ich faßte durch und ertastete etwas.
Was ich da zwischen die Finger bekommen hatte, bewies mir, daß Morgana nicht gelogen hatte und es doch den Weg gab, der in die Tiefe gelangte.
Es waren Seile!
Ich machte Suko darauf aufmerksam. Er lachte und half mir dabei mit, die Stricke aus den Öffnungen zu ziehen. Diese Spalten waren tiefer, als ich angenommen hatte. Die Seile wollten kein Ende nehmen und hingen schon über der Kante des Vorsprungs.
Genau darauf kam es an.
Wir zogen so lange, bis wir in der kleinen Felsspalte Widerstand spürten und nichts mehr nachkam. Suko stand am Rand und schaute in die Tiefe.
»Reicht fast bis zum Wasser«, erklärte er.
»Los, packen wir’s.«
Das Auffinden der Stricke hatte mir wieder Mut gegeben. Es ist zwar nicht einfach, sich an einem Strick eine Felswand entlangzuhangeln, aber was sollten wir machen?
Wir begannen gleichzeitig. Zwei Seile standen uns zur Verfügung.
Wir hatten hart zugegriffen und hangelten uns nach unten. Mit den Füßen stemmten wir uns dabei an der rauhen Felswand ab und hatten durch diese Berührung das Gefühl, genügend Halt bekommen zu haben.
Immer wieder fanden wir Felsspalten, in die wir unsere Schuhspitzen hineinschieben konnten.
Zum Glück standen
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