0328 - Die Werwolf-Schlucht
auf der anderen Seite keine mit Schußwaffen ausgerüsteten Gegner. Die konnten uns abknipsen wie Puppen, wenn wir an der Felswand entlangkletterten und ihnen unsere ungedeckten Rücken »anboten«.
Suko kletterte schneller als ich. Er hangelte rechts von mir nach unten und wenn ich ihm nachschaute, hatte ich das Gefühl, eine Gazelle klettern zu sehen.
Manchmal, wenn wir eine Spalte verfehlten, schwangen wir auch von einer Seite zur anderen. Da mußten wir sehr aufpassen, daß sich die Stricke nicht ineinander verfingen.
Wo sie genau an ihrem zweiten Ende befestigt waren, konnte ich nicht sagen, denn ich hatte es innerhalb der Felsen nicht entdecken können.
Aber sie blieben fest, und wir kamen Stück für Stück unserem Ziel, dem Wildwasser näher.
Je weiter wir in die Tiefe kletterten, um so besser ging es. Schließlich hatte ich mich sogar daran gewöhnt. Es gelang mir auch, zu Suko aufzuschließen.
Fast gleichzeitig erreichten wir den Grund. Die Seile mußten wir natürlich hängenlassen.
Noch einmal warf ich einen Blick in die Höhe. Ein wenig mulmig war mir schon zumute, als ich daran dachte, welchen Weg ich da hinter mich gebracht hatte.
Es hatte keinen Sinn, darüber nachzudenken. Für uns durfte nur noch die Vorwärtsstrategie zählen.
Wir standen in der Schlucht. Von unserer Position aus wirkte der Wasserfall noch gewaltiger und größer. Hoch wie ein Wolkenkratzer kam er uns vor. Ein silbriges, breites, kraftvolles und schäumendes Band mit einer ungebändigten Kraft versehen. Er stürzte in die Tiefe, schlug in dem Wildbach auf, dessen Wasser schäumende Strudel und Kreisel bildete, bevor es zwischen die Felsen gepreßt wurde.
»Das Floß!« rief ich.
Suko hob die Hand. Er wandte sich nach links. Diesen Weg mußten wir nehmen, um den Ausgang der Schlucht zu erreichen.
Morgana Layton hatte uns nur davon erzählt, wo der Wasserfall hinführte. Wir wußten allerdings nicht, welchen Weg er genau nahm. Vielleicht blieb er über der Erde, möglicherweise verschwand er auch in irgendeinem unterirdischen Flußbett. Jedenfalls mußten wir mit allen Gefahren rechnen.
Zunächst galten unsere weiteren Aktivitäten der Floßsuche. Zwischen der Felswand und dem Wildbach befand sich ein schmaler Streifen, auf dem wir uns bewegen konnten. Er war mit dicken, blankgewaschenen Steinen übersät. Wir mußten auf ihnen balancieren und von einem zum anderen springen, dabei kamen wir uns wie Känguruhs vor. Die Steine waren naß, so daß leicht die Gefahr des Abrutschens bestand.
Manchmal schäumte das Wasser auch über unsere Füße. Es drang in die Schuhe, aber damit hatten wir rechnen müssen. Es machte uns schon nichts mehr aus.
Jeweils mit der linken Hand stützten wir uns an der Schluchtwand ab. Hin und wieder peilten wir in die Höhe. Von den Werwölfen war nichts zu sehen. Ich wollte einfach nicht daran glauben, daß sie sich zurückgezogen hatten. Ich rechnete ständig mit einem heimtückischen Angriff.
Wo steckte das Floß?
Ich konnte mir nicht vorstellen, daß uns Morgana Layton belogen hatte. Zudem war es ziemlich unwahrscheinlich, daß der Weg bis zum Ende des Wildbachs am Felsen entlangführen würde. Da mußte einfach etwas geschehen, das sagte mir mein Verstand.
Wir hatten Glück.
Suko ging vor mir. Er war plötzlich verschwunden. Als ich die Stelle erreicht hatte, sah ich ihn in der kleinen, mit Steinen gefüllten Höhle.
Die Steine selbst lagen nicht sehr hoch. Gerade so, daß das Floß darauf seinen Platz finden und von den Wassermassen nicht weggeschwemmt werden konnte.
Zudem war es noch vertäut. Das Tau begann am Heck des Floßes und war um eine Felsnase gedreht worden.
Besser konnten wir es nicht haben.
Ich grinste Suko zu, der sich bereits am Tau zu schaffen machte und es losknotete. Er hatte es schnell geschafft und schleuderte das Seil auf das Floß.
Bevor wir das Gefährt in die reißenden Fluten schoben, schaute ich mir das Ruder an.
Es war sehr primitiv. Eine einfache Holzstange, die von zwei anderen gehalten wurde, und dabei zum Glück beweglich war. Irgendwie mußten wir damit fertig werden.
Einen Moment noch ließ ich mir Zeit. Ich schaute auf die grünlichen, schnell fließenden Fluten und sah, wie sie schaumig wurden, wenn sie über hervorstehende Felsen rutschten. Diese Felsen waren gefährliche Fallen für uns. Sehr leicht konnten wir dagegen fahren.
Dann zerschellte das Floß.
Suko hatte meine Gedanken geahnt. »Keine Panik, John, wir müssen es einfach
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