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0328 - Wir legten einen Köder aus

0328 - Wir legten einen Köder aus

Titel: 0328 - Wir legten einen Köder aus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wir legten einen Köder aus
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dir feiern wollte. Erinnerst du dich, dass ich dir für heute eine Überraschung versprach? Nun, das sollte eigentlich in der Firma geschehen. Ich wäre an Macintoshs Stelle gekommen und hätte mich an deiner fassungslosen Miene ergötzt. Und in der Mittagspause wollte ich dir als Abschluss meiner vierundzwanzigstündigen Non-Stop-Überraschungsparade das hier geben. Die Ereignisse haben mein Programm ein bisschen durcheinandergebracht. Also wollen wir es jetzt abwickeln. Wer weiß, wann uns in den nächsten Tagen die Zeit dazu bliebe.«
    Er klappte das Etui auf. Verzückt starrte das Mädchen auf den Ring mit dem funkelnden Brillanten.
    »Herzlichen Glückwunsch zur Verlobung, Miss Rutherford«, sagte Bill Morich und schob ihr den Ring auf den Finger.
    Und in diesem Augenblick schrillte das Telefon. Ein feines, unsichtbares Gewebe von Zuneigung, Sehnsucht und Glück zerriss mit einem Schlag. Hässlich, grell und lärmend brach die brutale Wirklichkeit in ihre Gefühlswelt ein.
    »Ja, Rutherford«, sagte Ruth. Ihre Hand umklammerte den Hörer so fest, dass die Fingerknöchel weiß hervortraten.
    Bill stand im Nu neben ihr. Und wieder zückte er in fliegender Eile Briefbogen und Druckstift.
    »Hier sind wieder Ihre Freunde, Miss Rutherford«, sagte die unnatürliche Stimme aus der vergangenen Nacht. »Was wollten Sie heute tun?«
    »Die Schule anrufen«, stieß Ruth hervor. Kleine, zahllose Schweißperlen erschienen auf ihrer kalten Stirn. Sie hatte den Anruf für halb neun versprochen. Und jetzt war es schon nach neun.
    »Gut, gut«, sagte die Stimme, und Ruth wurde fast ohnmächtig vor Erleichterung, dass auf dieses Thema offenbar nicht näher eingegangen werden sollte. »Übrigens, das ist doch wohl klar: Sie setzen sich selbstverständlich nicht mit der Polizei in Verbindung! Ist das klar?«
    »Ja, das ist klar«, erwiderte das Mädchen. Ihre Stimme hatte keinen Klang mehr.
    »Gut. Es wäre doch schade um die niedliche Kleine, nicht wahr? Noch dazu, wenn man bedenkt, was wir…«
    »Hören Sie auf!«, schrie sie. Ihre Stimme kreischte in einem Diskant, der scharf wie ein sehr spitzer Gegenstand ins Gehör stach. »Hören Sie auf, Sie Teufel! Oder ich hänge auf! Das kann ich nicht ertragen!«
    »Na, na«, knurrte die verstellte Stimme halb erschrocken, halb unwillig. »Jedenfalls sind Sie gewarnt, Miss Rutherford.«
    »Ja.«
    »Wieso sind Sie eigentlich noch zu Hause? Sie müssten doch längst arbeiten?«
    »Ich gehe auch gleich. Mir war sehr übel, heute Morgen. Die Aufregung…«
    »Wir möchten, dass Sie spätestens ab zehn Uhr an Ihrem gewohnten Platz sind, Miss Rutherford. Also in etwa vierzig Minuten. Dann werden wir uns wieder mit Ihnen in Verbindung setzen. Lassen Sie sich nichts anmerken! Was mit Ihrer kleinen Schwester geschieht, hängt einzig von Ihnen ab! Verstanden?«
    Sie musste ein paar Mal Luft holen, bevor sie ein kaum hörbares »Ja« über die Lippen bekam.
    »Gut, also bis dann«, rief die verstellte Stimme forsch. »Zum Schluss noch schnell einen Gruß von der Kleinen. Den Umständen entsprechend geht es ihr blendend. Sie hat sich mit den Tatsachen abgefunden und scheint das aufregende Abenteuer zu genießen. Wussten Sie übrigens, dass sie von Richard Widmark schwärmt? Wussten Sie nicht, was?«
    ***
    Donald McNally zerknüllte den Hut in seiner klobigen Faust, ohne dass es ihm bewusst wurde. Seine Nasenspitze war weiß vor Wut oder Enttäuschung.
    »Er ist uns entwischt«, presste er hervor, beinahe ohne die Lippen zu bewegen. »Es ging zu schnell, und wir waren zu weit entfernt.«
    »Okay, Don«, sagte ich. »Okay. Mach dir keine Vorwürfe. Du weißt, dass so etwas jedem von uns schon passiert ist.«
    McNally war ein ganzes Stück kleiner als ich, und abgesehen von seinen zu groß geratenen Händen wirkte er fast zierlich. Dass dieser Eindruck täuschte, hatten schon manche zu spüren bekommen, die geglaubt hatten, leichtes Spiel mit ihm zu haben. Wir wussten, dass er so gut wie jeder andere von uns mit Jackson fertig geworden wäre, hätte er ihn nur zwischen die Finger bekommen. Aber Don war der Kleinste von uns, und manchmal verfolgte ihn die fixe Idee, dass wir ihn vielleicht nicht ganz für voll nehmen könnten. Ich sah, wie es in ihm arbeitete, wie die Vorstellung, versagt zu haben, an seinem Selbstbewusstsein fraß und er seine ganze Beherrschung brauchte, um den zerknüllten Hut nicht auf die Erde zu schleudern und mit den Füßen zu traktieren.
    Ich zupfte ihn am Ärmel. In seinem

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