033 - Das vertauschte Gehirn
wirst du die beste Armee im Rücken haben, die es gibt. Aber du wirst dich erst an den Anblick dieser Wesen gewöhnen müssen. Denke daran, daß du später mit ihnen alleine bist. Da darfst du keine Angst zeigen. Hast du das alles verstanden?“
Mike schluckte den Kloß in seinem Hals runter und nickte. Was würde ihn erwarten? Wesen wie die nämliche, lippenlose Marga? Noch nie hatte er in eine der vergitterten Zellen hineingesehen.
Der Doc ging zu der ersten Zelle hinüber, blieb vor den hohen Stäben stehen, winkte ihn herbei. Holbers versuchte, dem Doc forschen Schrittes zu folgen, aber die Angst vor etwas Entsetzlichem stand ihm auf dem Gesicht.
Bösartiges Knurren drang ihm aus der Zelle entgegen, und der Geruch, der ihm in die Nase strömte, ließ ihn beinahe das Bewußtsein verlieren. So oder ähnlich mußte ein Leichnam riechen, der schon seit Monaten oder Jahren unter der Erde lag. In der Zelle selbst war es stockdunkel. Nur ein paar Augen funkelten ihm gelblich entgegen.
„Mein erster Versuch“, sagte der Doc leise. „Ich habe eine Leiche ausgraben lassen und ihr einen neuen
Geist zugesprochen. Ist dir der Name Jacubeck ein Begriff?“
Holbers schüttelte den Kopf.
„Ein Pole“, erklärte der Doc. „Er wurde unschuldig verurteilt. Man hat ihm den Kopf abgeschlagen. Kurz vor seinem Tod sprang er auf und erwürgte den Henker. Sieben Männer brauchte man, um ihn zu überwältigen. Ein achter schlug ihm mit der Axt den Kopf ab.“
„Mein Gott!“
„Ein armer Hund, dieser Jacubeck“, stimmte ihm der Doc zu. „Er muß über Bärenkräfte verfügt haben. Noch heute kann man nachlesen, das sein Körper nach der Enthauptung aufsprang und zu einem anderen Mann hin lief, den er auch noch erwürgte. Ohne Kopf! Dann starb er an dem hohen Blutverlust.“
Der Doc drehte einen kleinen Lichtschalter an der Wand an, Helligkeit durchflutete die Zelle. Hobers schrie vom Grauen geschüttelt auf, wich ein paar Schritte zurück, stierte ungläubig auf dieses Ungeheuer, das da in seiner Zelle kauerte und ihn mit bösem Blick an funkelte.
Das Wesen lag auf einer fauligen Decke und kam nun langsam in die Höhe. Es war nackt, nur um die Hüften hatte es sich ein Tuch gewickelt, um seine Blöße zu verdecken. Die Arme waren lang, wie die eines Menschenaffen, aber als es nun, aufgescheucht durch den hellen Lichtschein, eine Hand zur Faust ballte und diese schüttelte, fiel mit dumpfem Geräusch ein Stück Fleisch von dem Arm auf den Boden. Und dort, wo es nun fehlte, glänzte ein weißer Knochen.
„Die Verwesung ist bei ihm nicht aufzuhalten“, sagte der Doc leidenschaftslos. „Nur der Geist Jacubecks hält das halb zerfressene Gerippe noch auf den Beinen.“ Er wandte sich zu der schrecklichen Erscheinung und sagte laut: „Jacubeck, ich bin’s, dein Wohltäter, dein Herr! Hörst du mich?“
„Ja, Herr“, kam ein dumpfes, hohl klingendes Ächzen aus der Brust des Leichnams. „Ich höre dich.“
„Dieser Mann da hinter mir ist mein Freund“, fuhr der Doc mit lauter Stimme fort. „Er wird dich heute Nacht zur Stunde deiner Rache begleiten. Und du wirst tun, was er dir befiehlt!“
„Meine Rache …“ murmelte die dumpfe Stimme. Irgend etwas fiel aus dem Inneren seines Brustkorbes und klatschte auf den fauligen, mit Stroh bedeckten Zellenboden. Das Herz! Holbers glaubte, auf der Stelle tot umfallen zu müssen, so entsetzte ihn der Anblick dieser Gestalt, die redete, während ihr Herz auf den Boden fiel. „Gehorchen“, flüsterte die Stimme Jacubecks. „Ja, Herr.“
„Bereite dich auf die große Stunde vor“, sagte der Doc und schaltete die Lampe wieder aus. „In einer Stunde ist es soweit. Dann werde ich dich rufen.“
Während sie zur nächsten Zelle gingen, sagte er zu Holbers gewandt: „Ihn benutzt du als letzten Ausweg. Jacubeck wird von seinem Hass auch noch weiter getrieben, wenn ihm die Beine abfallen.“
Das Licht der nächsten Zelle flammte auf, und eine Greisin, dürr bis auf die Knochen, blickte sie aus tiefliegenden Augenhöhlen an. Sie lachte meckernd.
„Vor ihr solltest du dich in acht nehmen“, flüsterte der Doc Holbers zu. „Sie ist böse und falsch. Wem der Körper gehörte, weiß ich nicht mehr. Ich bekam ihn aus einer Klinik. Aber der Geist der Alten stammt von einer Kinderfrau, die nicht nur auf die Kinder aufgepaßt hat, wenn die Eltern nicht zu Hause waren. Sie mochte auch das Fleisch der Kleinen. Der Geist kommt aus dem 15. Jahrhundert, und soviel ich weiß, hat
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