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033 - Das vertauschte Gehirn

033 - Das vertauschte Gehirn

Titel: 033 - Das vertauschte Gehirn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter T. Lawrence
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sie auch ihre eigenen Kinder gequält. Sie ist böse und kann das, Gute vom Bösen nicht unterscheiden.“
    Holbers blickte die Alte an, die ihn so versonnen anlächelte, als überlege sie, ob er sich wohl gekocht oder gebraten am besten mache. Ihn schauderte vor dieser Hexe.
    „Hör zu!“ sagte der Doc kalt zu der Alten. „Ich werde dich freilassen, wenn du mir heute einen Gefallen erweist. Tust du es nicht, bist du morgen für immer tot.“
    „Ja, ich will leben und frei sein“, keuchte die Alte begierig. Dabei benutzte sie einen Dialekt, der Holbers so fremd war, daß er die Frau kaum verstand. „Und wenn ich frei bin, dann werde ich töten.“
    Doc Lundi nickte.
    „Das sollst du auch, aus diesem Grunde habe ich dir einen Körper gegeben, Anna. Aber vorher wirst du mit diesem Mann und anderen Freunden jemanden für mich töten. Wenn dies geschehen ist, kannst du gehen, wohin du willst. Du brauchst gar nicht mehr zurückzukommen.“
    „Ich werde alles so tun, wie du es sagst“, sagte die Alte. „Komm nur herein und erzähle mir, wen ich töten soll.“
    Doc Lundi schaltete die Lampe aus und ging weiter.
    „Dreh ihr nicht den Rücken zu, wenn sie frei ist“, wiederholte er eindringlich. „Aus purer Freundschaft hat sie mich nicht zu sich in die Zelle eingeladen.“
    Holbers blieb stehen. Sein Gesicht war totenblaß, die Augen unnatürlich geweitet. Der Doc sah ihn erstaunt an.
    „Was ist?“
    „Mir ist schlecht“, keuchte Holbers. „Ich muß an die frische Luft, Herr.“
    „Nicht jetzt“, erwiderte der Doc kalt. „Erst muß ich dich noch mit den anderen neunzehn Wesen bekannt machen.“

     
    Ich fühle mich wieder ein wenig müde und ausgelaugt. Vielleicht sollte ich mit meiner Energie etwas mehr maßhalten. Jedes mal, wenn ich mich an einen anderen Ort wünsche, verbrauche ich viel zu viel. Danach bin ich schlapp und sehne mich nach Schlaf. Aber jetzt darf ich nicht schlafen. Unmöglich. Wenn es stimmt, daß der Doc mich überall findet, dann muß ich auf der Hut sein. Noch einmal begebe ich mich nicht freiwillig in die Gewalt dieses Teufels. Eher bringe ich mich selbst um.
    Aber, was wäre dann? Wenn er den Geist dieses Massenmörders rufen kann, wird er meinen auch aus dem Jenseits zurückholen können. Der Gedanke ist so schrecklich für mich, daß mir übel wird. Werde ich nie Ruhe vor diesem Scheusal finden? Weiter will ich doch nichts. Nur Ruhe und Frieden!
    Um mir die Zeit zu vertreiben, öffne ich eine Büchse mit Obst. Während ich esse, stehe ich am kleinen Fensterchen der Familiengruft und beobachte durch die blinden, verdreckten Scheiben das ebene Friedhofsgelände vor mir. Ich bin zufrieden mit diesem Platz. Bis auf wenige Grabhügel und Marmorsteine habe ich einen guten Einblick, und jeder, der sich mir nähert, muß früher oder später über den Weg kommen, der sich vor der Gruft hinzieht. Spätestens dann werde ich schießen. Er soll nur kommen, der Doc.
    Draußen herrscht Stille. Totenstille. Es riecht ein wenig muffig in dem kleinen, feuchten Gemäuer, aber das ist nichts gegen den schrecklichen Modergeruch in Lundis Kellergewölbe. Die beiden Särge wurden in die Wand eingemauert. Nur grauschwarze Marmortafeln zeigen an, wer dort hinter der Wand liegt. Ein Vater mit seiner Tochter. Beide bei einem Autounfall vor vierzehn Jahren ums Leben gekommen.
    Der Raum, in dem ich mein Quartier aufgeschlagen habe, ist nicht sehr groß. Drei mal drei Meter vielleicht, mehr nicht. In eine Ecke habe ich Decken gelegt, die ich mir zusammen mit neuen Kleidern in einem Warenhaus besorgte, bevor ich hierherkam. Neben dem Bett, auf einem Tischchen, das wohl für Kerzen oder Weihwasserbehälter gedacht ist, habe ich Essen aufgestapelt. Zur Not halte ich es hier eine Woche aus, ohne die Gruft verlassen zu müssen.
    Doch der Doc wird vorher kommen. Ich glaube nicht, daß er mich so lange warten läßt, denn ein sehr geduldiger Mensch ist er nicht, wenn er überhaupt ein Mensch ist.
    Jetzt, da ich Zeit habe, darüber nachzudenken, bezweifle ich das fast. Kein Mensch kann so bestialisch handeln. Wieder erinnere ich mich an die Kinderstimme, die körperlos durch sein Haus irrte, an den Geist Peter McDoonley und an Marga. Dies alles kann nicht durch die Hand eines Menschen entstanden sein, auch wenn dieser noch so besessen oder genial ist. Der Doc ist mehr als nur ein Mensch. Aber es gibt vieles, das ich einfach nicht verstehe. Ich fürchte, ich werde auch nie hinter all diese Geheimnisse kommen.
    Ich

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