033 - Die Herberge der 1000 Schrecken
Fleck, ohne sich zu rühren.
Sie erreichte das Ende der Treppe, riß die Hintertür auf und
stürzte in den dunklen Hof.
Sekunden später röhrte der Motor des Jaguar auf, Reifen knirschten
auf dem Boden, der rote Wagen fuhr durch den gemauerten Torbogen.
●
Dolores ging im Dunkel bis zur Treppe vor, blieb einen Moment
unschlüssig stehen, und ging dann wieder in ihr Zimmer zurück.
Larry nutzte den kurzen Augenblick, durch das Dunkel zu huschen.
Lautlos stieg er die Treppen hinab. Er vernahm noch aus weiter
Ferne, daß Dolores in ihrem Zimmer die Wählscheibe eines Telefons drehte.
Wichtiger aber als alles andere war die Person Janett Roumers.
Larry konnte sich gut in die Gedankenwelt des Mädchens einfühlen. Ihr Verhalten
und ihr Reden ließen eine ganz bestimmte Reaktion erwarten. Er durfte sie nicht
aus den Augen verlieren, allzu leicht konnte sie sich zu einer
Kurzschlußhandlung hinreißen lassen, und dann war es zu spät.
Er riß die Tür des Alvis auf, warf sich hinter das Steuer und
startete.
Die Richtung, die der rote Jaguar eingeschlagen hatte, bereitete
Larry Brent Sorgen. Janett Roumer versuchte, den Stadtrand zu erreichen. Sie
machte ihre Drohung nicht wahr, die Polizei aufzusuchen und ihr Wissen dort
mitzuteilen. Er dachte an das Gespräch, das er belauscht hatte. Das, was Janett
Roumer über die alte Herberge zu sagen gehabt hatte, ließ seine Gedanken nicht
zur Ruhe kommen.
Gab es doch einen Zusammenhang? Der Fremde in der Pyjamahose - und
David Roumer, der die Herberge offensichtlich gekannt hatte, wie Janett selbst
sagte.
Larry Brent passierte ein Zementwerk, wenig später eine
Schmelzhütte für Eisen. Der industrielle Charakter des Viertels nahm zu. Hier
am Rande der Stadt, wo die Arbeiter lebten, gab es auch die meiste Industrie.
Mit brennenden Augen starrte er in die düsteren Straßen, durch die
er kam, in der Hoffnung, noch einmal den roten Jaguar wahrzunehmen. Er hatte
durch den unfreiwilligen Aufenthalt an zwei Straßenkreuzungen mehr Zeit verloren,
als er wieder aufholen konnte.
Doch Janett Roumer mußte sich irgendwo hier am Fuß der Sierra
Morena aufhalten. Larry war sich fast sicher, daß es für sie nur ein Ziel gab:
die Herberge.
Der Jaguar stand am Wegrand neben einer alten verfallenen Mauer.
Er war leer. Von Janett Roumer weit und breit keine Spur.
Larry fuhr den Alvis über die trockene, feste Erde. Er stellte den
Wagen hinter einer dichtstehenden Baumgruppe ab. Von der Straße und vom Weg war
das Auto unmöglich zu sehen.
Es war noch immer schwül und drückend. Die Luft schien
stillzustehen. Nach dieser Schwüle war es leicht möglich, daß ein Unwetter
losbrach.
Larry folgte dem Weg, der zu einem mehrfach verschlungenen, in die
Berge führenden Pfad wurde.
Wenn er sich umblickte, sah er die Lichterketten in der Stadt. Die
ganz außerhalb stehenden Häuser wirkten wie ein abschließender Wall, wie die
endgültige Grenze Córdobas.
Weitab, linker Hand, stand ein einzelnes Wohnhaus, in dem vier
Fenster hell waren, eines im Parterre, zwei im ersten Stockwerk, eines direkt
unter dem Dach.
Der Weg in die Berge führte leicht aufwärts und wurde dann etwas
steiler. Der Pfad teilte sich in verschiedene Richtungen, und Larry blieb
stehen, um mit größtmöglicher Sicherheit den zu finden, den Janett Roumer
gegangen sein könnte.
X-RAY-3 ging einige Schritte weiter vor, und er wurde auf den
verwitterten Pfosten aufmerksam, der mitten auf der Wegscheide stand.
Er kramte seine kleine, aber lichtstarke Taschenlampe hervor. Der
Strahl riß das morsche, unansehnliche Schild aus dem Dunkel. Die einstmals
grellweißen Buchstaben auf dem grauen Holz waren nur noch fragmentartig
wahrnehmbar, und die Farbe war von Wind und Wetter verwaschen und kaum noch
lesbar. Larry hatte seine liebe Mühe, die Aufschrift zu entziffern.
Offenbar war Janett Roumer besser unterrichtet als er. Es sah ganz
so aus, als ob sie zielstrebig auf ihr Ziel zuginge. Sie kannte sich scheinbar
hier aus, oder ihr Vater hatte ihr den Weg einmal erklärt.
Larry beschleunigte seinen Schritt unwillkürlich.
Einige hundert Meter vor ihm rieselten Steine gegen die kahle
Felswand.. Das Geräusch pflanzte sich hell und klingend unter den grollenden
Donner, der merklich näher kam.
Vereinzelt klatschte ein großer Tropfen vom finsteren Himmel
herab, wurde von der trockenen, harten, zum Teil immer steiniger werdenden Erde
wie von einem Schwamm aufgenommen.
An den Stellen, wo sich die Erde über den
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