0330 - Der Seelenwächter
lächelte.
»Aber geschafft hat er es bis jetzt noch nicht. Hör zu, Eysenbeiß. Du weißt, wer ich bin. Ich frage dich nicht, woher du kommst und wohin du gehst. Aber wenn du nicht gleich von hier verschwindest – dann lasse ich meinen Hund auf, dich los. Hier ist nicht der Ort, zu kämpfen! Also, gehst du nun, oder soll dich der Hund verjagen?«
»Ich gehe, Zamorra!« fauchte Eysenbeiß. »Behalte das Ding, wenn du willst. Du wirst ebensowenig wie ich damit etwas anfangen können!«
Damit wandte er sich um und ging mit schnellen Schritten davon.
Asmodis zeigte an, daß er Eysenbeiß am liebsten verfolgt hätte. Doch kaum, war er außer Sichtweite und Carsten Möbius heran, als aus dem Hundemaul wieder die Stimme des Sid Amos drang.
»Wir haben unwahrscheinliches Glück gehabt, daß dieser Narr unseren Weg kreuzte, Zamorra!« sagte er. »Denn für uns ist das Ding, was Eysenbeiß bei sich trug, unbezahlbar.«
»Das Ding sieht aus wie ein Gewehr!« sagte Carsten Möbius mit Abscheu in der Stimme. »Ich hasse alle Waffen und mag keine Gewehre!«
»Es ist der Schlüssel!« erklärte Asmodis geheimnisvoll. »Und er scheint ihn offensichtlich noch nicht benutzt zu haben. Er war auf der Flucht vor einer unbekannten Gefahr und wenn ich es recht überlege, waren wir Narren, ihn so einfach laufen zu lassen. Dieser Halunke hätte uns erst mal erzählen müssen, warum er hier unten ist und was er bereits erlebt hat!«
»Bestimmt nicht viel!« sagte Professor Zamorra. »Eysenbeiß ist feige. Wenn es irgendwo wirklich gefährlich wird, dann ergreift er das Hasenpanier und flüchtet!«
»Außerdem wäre es doch langweilig, wenn wir alle Gefahren, die sich uns entgegenstellen, schon kennen würden!« setzte Carsten Möbius hinzu.
Darauf wußte selbst Asmodis keine Antwort mehr…
***
Sordales bemerkte die drei Wanderer schon aus weiter Ferne. Er unterschied nicht zwischen Menschen und dem Hundewesen. Doch er spürte, daß er vorsichtig sein mußte. Diese beiden Gestalten, die er gefangen hatte, mußten verschwinden. Wenn die Neuankömmlinge sie sahen, waren sie vorsichtig.
Wenn nicht – Sordales hatte gerade wieder das angenehme Gefühl der Wärme verspürt, die ihn durchschauderte, während er langsam die Lebensenergien von Wang und Leonardo abzog. Die angstvollen Schreie waren in heiseres Krächzen übergegangen und dann vollständig verstummt.
Mit bleichen Gesichtern und bebenden Lippen versuchten Wang und sein Gebieter, die letzten Kräfte zu sammeln, um noch einmal voll Verzweiflung den Versuch zu machen, sich loszureißen. Ihr Inneres war bereits kraftlos – und doch spürten sie, daß sie noch jede Menge Entbehrungen und Strapazen auf sich nehmen konnten. Auch ihr Denken funktionierte noch völlig einwandfrei. Aber ihre schwarzen Seelen ermatteten zusehends.
Sie erkannten, wie die Gallertmasse des Sordales langsam an ihnen emporstieg und ihren Körper einhüllte.
***
»Pfui Deibel! Ein riesiger Berg von Tapetenkleister!« Das war die Definition, die Carsten Möbius für die Substanz des Sordales übrig hatte.
Für ihn war diese unförmige Masse, die sich vor ihnen plötzlich aus dem Nichts herauskristallisierte, nicht anders zu beschreiben.
Professor Zamorra jedoch hörte das tiefe, kehlige Knurren des Asmodis-Wesens. Der ehemalige Teufel witterte eine Gefahr. Seine Sinne waren für das Dämonische geschärfter als die des Leonardo, der erst vor Kurzem sich zum echten Dämon gewandelt hatte. Asmodis wäre nicht in die Falle gegangen, in die Wang und Leonardo tappten.
»Was ist los, Assi?« fragte Zamorra das Hundewesen, wie man einen Hund fragt, der unruhig wird oder anschlägt. Insgeheim hoffte er, daß Asmodis in verständlicher Sprache antworten würde. Dieses unförmige Wesen, das hier regungslos lag, konnte doch unmöglich Intelligenz besitzen.
Asmodis sprang im Zickzack. Immer wieder. Er umrundete Carsten Möbius, der den »Schlüssel« trug und sprang an ihm empor. Wie spielerisch biß er in die Metallsubstanz des »Schlüssels«.
»Ich glaube, er will uns etwas sagen!« meinte Carsten Möbius. »Wenn das kluge Tier doch nur sprechen könnte… !«
Wieder lief das Hundewesen, das Asmodis war, in abgehackten Zickzacklinien.
Und plötzlich hatte Zamorra die Lösung.
Asmodis wollte mit dieser gelaufenen Figur den Buchstaben »W« andeuten.
Und die kurze, spielerische Berührung des »Schlüssels« sollte sicher bedeuten, daß dieser unförmige, blauschwarze Materialklumpen der Wächter war,
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