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0330 - Der Seelenwächter

0330 - Der Seelenwächter

Titel: 0330 - Der Seelenwächter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rolf Michael
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dem Wasser blieb.
    Für diese Augenblicke des Kampfes, der Anspannung und der Angst vor dem nassen Tod gab es keine Zeit. Von irgendwoher vernahm Zamorra durch das Donnergetose Schreie, wie sie ein Mensch ausstoßen kann. Und dann Geräusche in seltsam rhythmischer Reihenfolge. Ein eigenartiges Dröhnen, als ob Schmiedehämmer aus Granit niedersausten.
    Doch mit einem inneren System. Es wurde schneller und schneller… kam näher und näher…
    Instinktiv brüllte Professor Zamorra um Hilfe. Wem immer die Stimme gehörte oder was die Geräusche von sich gab – es erinnerte an denkende und fühlende Wesen. Immer wieder übergellte Zamorras Hilfeschrei die brausende Flut.
    Und dann raste es heran.
    Wie der Vordersteven eines kleinen Schiffes erkannte Professor Zamorra den hochaufgerichteten Körper eines kräftigen Mannes. Die Haare und der dichte, volle Bart waren in einer Mischung von Grau und Weiß. Die, Brust war übermäßig stark behaart und die Arme wiesen die Muskelpakete eines Bodybuilding-Athleten auf. Seltsamerweise schaffte es dieser Mann, mit erhobenem Oberkörper die Fluten zu durchteilen.
    Zamorra hörte Worte in altgriechischer Sprache im attischen Urdialekt an sein Ohr dringen. Die Laute waren der Sprache eng verwandt, die Zamorra bei seinem Zeitsprung in die Zeit des trojanischen Krieges gelernt hatte.
    »Hierher! Hier sind wir! Hilf uns – wer immer du bist!« rief Professor Zamorra in der gleichen Sprache. Er sah, wie unterhalb des Körpers das Wasser wie von einem Schaufelrad durchwühlt wurde.
    Dann war die seltsame Gestalt heran. Professor Zamorra atmete auf, als zwei kräftige Arme nach ihm griffen und ihn über Wasser hielten.
    Seine körperlichen Energien waren fast am Ende.
    Jetzt erkannte er den Pferdekörper, der hinter dem Menschenleib im Wasser lag. Die Beine mit den Hufen durchwühlten die Flut und der wallende Schweif peitschte auf und ab.
    »Du bist… ein Zentaur!« stieß der Meister des Übersinnlichen hervor.
    »Ja, so nennt man uns!« dröhnte die Stimme des Pferdewesens mit dem Menschenkörper. »Wenn du einen Namen brauchst, dann rufe mich Chiron!«
    Diesen Namen kannte Zamorra aus der griechischen Sage. Chiron war ein weiser und sanftmütiger Zentaur gewesen, der so bekannte Helden wie Theseus, Herakles und Achilles erzogen haben soll. Die alten Überlieferungen besagten, daß Chiron immer und überall sehr hilfsbereit war.
    »Mein Freund ist ohnmächtig und ich bin am Ende meiner Kräfte!« keuchte Zamorra. »Kannst du uns helfen, das jenseitige Ufer zu erreichen, Chiron?«
    »Ich tue, was ich vermag!« gab der Zentaur zurück. »Lege dich flach auf meinen Pferdeleib und reiche mir den regungslosen Körper. Ich werde ihn halten. Und halte dich gut fest. Denn uns Zentauren sind andere Kräfte gegeben wie den sterblichen Menschen!«
    Mit letzter Kraft gehorchte Professor Zamorra. Carsten Möbius war noch nicht aus seiner tiefen Ohnmacht erwacht. Der Zentaur griff energisch zu und hob ihn empor. Mit einem Griff schwang sich Zamorra herum, schlang seine Arme um die menschlichen Hüften des Fabelwesens und legte sich flach aufs Wasser, um dem Zentaur die Last so leicht wie möglich zu machen.
    Im gleichen Moment schien unter ihm ein ungestümes Maschinenwerk zu arbeiten. Der Zentaur schwamm. Seine Beine mit den Hufen durchwirbelten das Wasser und trieben den mächtigen Körper trotz des rasenden Elements fast schnurgerade ans andere Ufer. Professor Zamorra fiel ein Stein vom Herzen, als die Hufe Chirons Grund und Steine berührten und er spürte, daß der Zentaur an Land ging.
    Sie waren gerettet. Vorerst wenigstens…
    ***
    »Hab Dank für deine Hilfe, Chiron!« sagte Professor Zamorra mit Wärme in der Stimme, während er daran ging, mit Carsten Möbius Wiederbelebungsversuche zu machen. Der Junge atmete flach und das Herz schlug unregelmäßig. Aber er lebte. Stoßweise brach das geschluckte Wasser aus seinem Mund.
    Chiron beobachtete ihn besorgt. Er schien den Dank Zamorras überhört zu haben. Langsam ließ er sich neben Carsten Möbius nieder und legte die Hand auf die bleiche Stirn.
    »Er muß zu meiner Behausung gebracht werden!« entschied der Zentaur.
    »Das Wasser des Acheron verwehrt zwar nicht Gedanken und Erinnerungen wie die Fluten des Styx – aber es enthält eine Substanz, die sterbliche Körper nicht vertragen. Ich erkenne, daß ihr von jener Welt kommt, auf die das Licht des Tages glänzt. Was euch in den Tartaros geführt hat, will ich nicht erfahren. Denn

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