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0330 - Der Seelenwächter

0330 - Der Seelenwächter

Titel: 0330 - Der Seelenwächter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rolf Michael
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Möbius. Nach den Angaben des Odysseus war es kein Problem, den richtigen Weg durch die Knochenhöhlen zu finden. Sie mußten bereits nahe dem Ausgang sein, als sie ein gräßliches Pfeifgeräusch herumwirbeln ließ. Kein Lebewesen, das sie kannten, verursachte solche Laute. Und die Seelen redeten, wenn sie überhaupt sprachen, mit den Lauten sterblicher Menschen.
    Auf ein kurzes Handzeichen Zamorras stand Carsten Möbius still und wagte kaum, Atem zu schöpfen. Angestrengt lauschten sie in die Stille der Gänge.
    Eigenartige Schabgeräusche waren zu vernehmen. So als ob eine feste Hornmasse über die Felsen schabte. Dazu immer wieder die schrillen Pfeiftöne.
    »Erinnert mich an eine Fledermaus, die in der Dunkelheit Schallsignale ausstößt, um sich zu orientieren!« hauchte Zamorra. »Und diese Geräusche, die so über die Nerven kratzen, wecken in mir einen fürchterlichen Verdacht. Was sagte Leonardo über die Siegel, als er verschwand?«
    »Er erklärte, daß mit Aufhebung der Siegel, der Bann von Sordales genommen ist«, gab Carsten leise zurück. »Der Jagdhund der Scheol ist los und hat unsere Fährte gewittert. Sordales, der Wächter der Seelen, ist auf unserer Spur. Wehe, wenn er uns erreicht!«
    »Er scheint, in dieser Dunkelheit nicht zu sehen!« hauchte Zamorra.
    »Ich werde das Licht des Amuletts verlöschen lassen. Vielleicht verliert Sordales unsere Spur, wenn wir uns ganz still verhalten!«
    »Hoffentlich!« kam es, kaum wahrnehmbar, von Carstens Lippen…
    ***
    Sordales, der Wächter der Seelen, war auf der Jagd. Die sieben Siegel, die ihn festbanden wie die Feuersäule am Ufer des Roten Meeres die Streitwagen der Ägypter zurückhielt, bis Moses und die Israeliten hindurch gezogen waren, stoppten ihn, so lange Leonardo de Montagne in der Scheol war.
    Als die Siegel verschwanden, war es für Sordales ein Gefühl wie es ein Löwe hat, wenn er durch die Gitterstäbe vor sich lange Zeit eine Beute sieht, die ihm nicht entgehen kann. Der Wächter der Seelen hatte seinen Körper geteilt. Die durchscheinende Plasmasubstanz blieb als Wächter an der Grenze der Scheol, um weiterhin den Weg zu den Müttern zu sperren.
    Doch das Innere wurde zum Jäger. Wie ein Bote des Totengottes selbst segelte das abartige Insektenungeheuer durch die grausige Schlucht der versteinerten Körper, überquerte den Acheron und entweihte mit seinem häßlichen Schatten die Schönheit der Gefilde, wo ewiger Frieden herrscht.
    Die Seelen der friedfertig Entschlafenen duckten sich und wichen zur Seite, als das dunkle Schattenbild des Sordales auf die Ebene der Asphodelosblumen hinabfiel. Für sie bedeutete es schon eine Strafe, vom Schatten des Sordales berührt zu werden.
    Sordales spürte die Aura von Zamorra und Carsten Möbius auf dem gleichen Weg, den sie genommen hatten. Einem Jagdhund gleich benutzte er mit allen Schlingen und Windungen, die Chiron gelaufen war, den gleichen Weg. Er sah auch den alten Zentaur tief unter sich in gestrecktem Galopp über die Ebene laufen und spürte ganz genau, daß Chiron den Gesuchten geholfen hatte.
    Doch Sordales, der Jäger, schwang sich nicht herab, um mit Chiron zu reden. Was immer er getan hatte – es ließ sich nicht ungeschehen machen. Es würde ihm die beiden Gesuchten nicht herbringen.
    Asmodis, den Sordales nur in der Hundegestalt gesehen hatte, war vom Jäger völlig übersehen worden. Sordales jagte sterbliche Menschen – und diese Aura hatte Asmodis bei der Begegnung mit diesem Ungeheuer »abgeschaltet«. Seine dämonische Existenz jedoch wurde hier in der Scheol nicht als gefährlich eingestuft und von Sordales deshalb nicht bemerkt.
    Wie ein Sturmwind fegte Sordales über das Tor zu den Gefilden der Krieger hinweg. Und dann spürte er, daß die Spur in die Höhlen im Felsen führte.
    Die schnelle Verfolgung durch die Luft war damit zu Ende…
    ***
    »Absetzen!« flüsterte Professor Zamorra. »Das Biest findet uns sonst. Ich höre ganz deutlich, daß es näher kommt. Und eine Waffe haben wir nicht gegen ihn. Merlins Stern zeigt mir nicht an, daß dieses Fliegenungeheuer für ihn ein Gegner ist!«
    »Man kann sich auf nichts mehr verlassen!« maulte Carsten Möbius leise und ergriff die Hand des Parapsychologen. Zamorra sah auch im Dunkeln wie eine Katze, während Carsten hinter ihm durch die Gänge stolperte. Sie durften sich nicht verlieren – sonst war es aus.
    »Sordales ist kein Dämon!« belehrte Zamorra leise. »Er hat einen Wächterauftrag. Während Dämonen

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