0330 - Ein Mann wie Rhodan
Ihrer Ausdrucksweise unterscheiden Sie sich von meinem Mann."
Anrath antwortete nicht. Er kannte die Fehler, die er noch immer machte, genau. Santanjon hatte sie ihm oft genug vorgehalten.
„Sind Sie über die Vorgänge im Sonnensystem informiert?" wollte Mory wissen.
„Man hat mir von der Ankunft OLD MANs berichtet", sagte Anrath. „Ich weiß, wie wichtig es jetzt ist, daß ich vor dem Parlament erscheine."
„Wie beurteilen Sie persönlich Ihre Chancen?"
Zum erstenmal hatte Anrath das Gefühl, daß sich jemand für ihn und nicht nur für seine Rolle interessierte. Er warf Mory einen dankbaren Blick zu. Ihr weibliches Einfühlungsvermögen half ihr, ihn zu verstehen.
„Sie können mir noch viel über Ihren Mann erzählen", sagte er eifrig. „Sie kennen ihn besser als die Männer, die mich unterrichten."
„Deshalb bin ich hier", sagte sie ruhig.
Anrath ging zur Koje und zog eine Mappe hervor. Er entnahm ihr ein paar Papiere. Schüchtern reichte er ihr das erste Blatt.
„Ich habe versucht, ein paar eigene Reden aufzusetzen", sagte er verlegen. „Santanjon hat mir zwar mehrere vorbereitete Texte gegeben, damit ich sie auswendig lerne, aber ich komme nicht damit zurecht."
Mory las schweigend, was der ehemalige Schaltmeister geschrieben hatte. Anrath biß sich auf die Unterlippe, als er sah, wie sie bedauernd den Kopf schüttelte.
„Das ist sehr gut", sagte sie. „Mein Mann würde jedoch anders sprechen."
„So etwa?" fragte er mutlos und übergab ihr die von Santanjon ausgearbeiteten Reden.
Sie warf einen kurzen Blick darauf und nickte. Das Gefühl der Zuneigung, das Anrath für sie empfunden hatte, erstarb jäh. Er hatte sie im Verdacht, daß sie auf Betreiben Santanjons zu ihm kam.
Er errötete, als sie plötzlich aufblickte und ihn offen ansah.
„Ich bin gekommen, um Ihnen zu helfen", versicherte sie.
Er erkannte, daß es nicht leicht war, dieser Frau irgendwelche Überlegungen zu verheimlichen. Sie lebte schon zu. lange, um sich von einfachen Menschen täuschen zu lassen.
„Was halten Sie davon, wenn wir noch ein bißchen üben?" schlug sie vor. „Ich sage Ihnen, was Sie falsch machen, und Sie versuchen, sich zu verbessern."
Sie hielt ihm das Blatt entgegen, auf dem Santanjons vorbereitete Rede abgedruckt war. Er nahm es mit zitternden Händen entgegen.
„Fangen Sie an!" forderte sie ihn auf.
Er begann mit stockender Stimme zu sprechen. Allmählich beruhigte er sich und legte mehr Gefühl in seine Worte. Er war überzeugt, daß er besser sprach als jemals zuvor. Das gab ihm Sicherheit. Er wählte die Betonungen sorgfältiger und machte bedeutungsvolle Pausen. Wenn seine Stimme sich hob, ließ er seine Blicke über ein imaginäres Publikum gleiten.
„Halt!" unterbrach sie ihn. „Sie müssen schneller sprechen. Bleiben Sie sachlich. Perry versucht selten, etwas durch Betonung seiner Worte zu erreichen."
„Ich... ich habe geglaubt, daß es diesmal gut war." Er ließ das Papier sinken. „Irgendein Gefühl sagte mir, daß ich es fast richtig machte."
„Als Heiko Anrath waren Sie ausgezeichnet", sagte sie. „Der Großadministrator heißt jedoch Perry Rhodan. Ihn sollen Sie verkörpern."
*
Reginald Bull beobachtete über den Fernsehschirm, wie das gewaltige Schiff zur Ruhe kam. In diesem Augenblick war er einer von mehreren Milliarden Menschen, die atemlos die weltweite Übertragung verfolgten. Bull hatte es nicht über sich gebracht, zum Raumhafen hinauszufahren und den falschen Rhodan zu begrüßen. Außerdem konnte er von seinem Büro in der Solaren Administratur aus schneller handeln, wenn es zu Zwischenfällen kommen sollte. Der Staatsmarschall konnte sich nicht erinnern, jemals so aufgeregt gewesen zu sein. Mit klopfendem Herzen verfolgte er die Vorgänge auf dem Bildschirm. Die Kameramänner brachten eine Großaufnahme der Luftschleuse.
Der Sprecher sagte: „Durch diese Schleuse wird in wenigen Augenblicken der Großadministrator das Schiff verlassen. Perry Rhodans Rückkehr hat alle Gerüchte zum Verstummen gebracht, die von seinem Tode sprachen. Rhodan wird sich mit seinen Begleitern sofort in die Solare Administratur begeben und vor dem Parlament eine Erklärung abgeben. Es ist bezeichnend, daß seit der Ankunft der CREST IV in allen Teilen der Welt Ruhe herrscht. Die Menschheit wartet gespannt auf die Ansprache des berühmten Terraners."
Bull stieß einen Seufzer aus. Nicht Perry Rhodan würde durch die Schleusenkammer treten, sondern ein verzweifelter
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