0330 - Ein Mann wie Rhodan
predigten Sektenführer die Stunde des Weltuntergangs. Dabei wußte niemand genau, was überhaupt geschehen war. Rhodans Gegner hatten zahllose Gerüchte in Umlauf gesetzt. Eines davon besagte, daß eine 300 000 Schiffe starke feindliche Riesenflotte von der Großen Magellanschen Wolke sich dem Sonnensystem näherte. Einige Zeitungen wußten zu berichten daß sich die Sonne in eine Nova zu verwandeln drohte. Auch die besonnensten Menschen waren nicht mehr in der Lage, Lüge und Wahrheit zu unterscheiden. Das Parlament tagte nahezu pausenlos.
In den letzten Stunden war auf der Erde eine gewisse Beruhigung eingetreten. Reginald Bull hatte über Terra Television zu der Erdbevölkerung gesprochen und angekündigt, daß Rhodans Eintreffen unmittelbar bevorstand, Diese Nachricht hatte zu einer Stabilisierung der Lage geführt.
Mercant wagte nicht an den Augenblick zu denken, da Heiko Anrath die THEODERICH II verlassen und sich dem Parlament stellen würde.
Das Visiphon summte. Mercant schaltete das Gerät an.
Mercant nickte zur Begrüßung.
„Ich habe damit gerechnet, daß Sie sich mit mir in Verbindung setzen würden", sagte er. „Ich bin froh, daß Sie gekommen sind. Vielleicht gelingt es Ihnen, Anrath zu helfen."
„Er hat sich in seiner Kabine eingeschlossen", teilte sie ihm mit. „Seit die Wirkung des Beruhigungsmittels nachgelassen hat, ist er wieder in die alte Stimmung verfallen. Hoffentlich begeht er keinen Selbstmord."
„Es hat keinen Sinn, wenn wir uns gewaltsam Einlaß verschaffen", sagte Mercant. „Wahrscheinlich sehnt er sich nur nach Ruhe. Er wird freiwillig herauskommen, wenn wir auf der Erde landen."
Ihr Gesicht schien sich aufzulösen. Mercant blinzelte und wischte sich über die Augen. Es wurde Zeit, daß er sich ein bißchen Ruhe gönnte. Er kannte die Symptome geistiger Erschöpfung genau.
Auch ein Zellaktivatorträger war keine Maschine.
„Ich werde das Gefühl nicht los, daß alles schiefgehen wird", sagte Mory. „Allan, ich wünschte, wir könnten diesen Mann an seinen Arbeitsplatz zurückschicken."
Er wußte, daß sie bis zum letzten Augenblick die Hoffnung auf Rhodans Rückkehr nicht aufgeben würde.
„Morgen sieht alles anders aus", murmelte er. „Sie dürfen nicht BO pessimistisch sein. Anrath wird es schaffen."
„Ich habe mit Major Santanjon gesprochen", berichtete Mory. „Er bezweifelt, daß Anrath überhaupt dazu kommt, das Rednerpodium im Parlamentssaal zu betreten."
„Santanjon ist ein ausgezeichneter 'Ausbilder'", antwortete Mercant. „Ich habe jedoch noch nie erlebt, daß er vom erfolgreichen Ausgang eines Unternehmens überzeugt war. Er zweifelt immer an sich und seiner Arbeit. Deshalb ist er einer der besten Männer in Station Luna-I."
„Trifft das auch auf Dr. Copson zu? Er hält Anrath ebenfalls für unfähig."
Mercant fühlte, daß er ä rgerlich wurde. Warum legten alle seine Mitarbeiter bei Anrath so strenge Maßstäbe an? Warum verglichen sie Anrath nicht mit Rhodans verunglücktem Double anstatt mit dem Großadministrator?
Ein lautes Summen unterbrach seine Gedanken. Er sah, daß ein wichtiges Gespräch von der Erde angemeldet wurde. Wahrscheinlich wollte Reginald Bull mit ihm sprechen. Er entschuldigte sich bei Mory und stellte sich darauf ein, neue unangenehme Nachrichten zu hören.
*
Jemand klopfte leise an die Tür. Heiko Anrath hob den Kopf. Zum drittenmal, seit er sich in der Kabine an Bord der THEODERICH II eingeschlossen hatte, versuchte man ihn jetzt zum öffnen zu bewegen. Bisher hatte er auf Klopfen und Rufen nicht reagiert Er wollte allein sein und zu sich selbst finden.
Das Klopfen wurde lauter.
„Mr. Anrath!" rief eine weibliche Stimme. „Ich möchte mit Ihnen sprechen."
Anrath glaubte, die Stimme Mory Rhodan-Abros zu erkennen. Er zögerte einen Augenblick, dann stand er auf und öffnete die Tür. Er schaltete die Deckenbeleuchtung ein.
„Darf ich hereinkommen?" fragte Mory.
Er trat zur Seite.
„Natürlich", sagte er. „Ich wußte nicht, daß Sie sich an Bord befinden."
„Ich bin vor einer Stunde eingetroffen. Norg Etron sagte mir, daß Sie sich eingesperrt haben. Ich machte mir Gedanken um Sie."
Anrath wurde durch die Nähe Morys verwirrt. Er hatte keine Erfahrung im Umgang mit Frauen. Die Tatsache, daß er der Ehefrau jenes Mannes gegenüberstand, den er darstellen sollte, machte ihn noch unsicherer.
„Sie sehen aus wie Perry", sagte sie leise. „Auch die Stimme ist die gleiche. Nur in Ihrer Haltung und in
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