0332 - Besuch beim Geisterhenker
zwei Hälften.
Nichts war zu hören.
Dieses House of Horror strahlte tatsächlich eine gewisse Beklemmung aus, die auch uns ergriff. Ich fühlte mich unwohl. Zudem wußte ich nicht, wo sich die Menschen befanden.
Dafür hörten wir ein Geräusch.
Es war ein verzweifeltes Stöhnen und gleichzeitig das leise Klirren von Kettengliedern.
Jemand geisterte umher.
Ich schaute Suko an, er schaute mir ins Gesicht. Niemand von uns wußte genau, aus welcher Richtung das Geräusch geklungen war.
Ich öffnete kurzentschlossen eine schmale Tür und schaute auf eine Steintreppe, die in den Keller führte.
Und wir hörten das Rasseln!
Es drang aus der Tiefe an unsere Ohren, also mußte es im Keller aufgeklungen sein.
»Sollen wir beide hinuntergehen?« fragte Suko.
Ich war dafür, denn niemand konnte wissen, welche Gefahren uns in der Tiefe erwarteten.
Ich schob mich an meinem Partner vorbei und schritt in die Tiefe.
Je weiter ich ging, um so dunkler wurde es. Vor mir lag eine furchteinflößende Schwärze, aus der ich das Rasseln der Kettenglieder vernahm.
Ich zückte meine Bleistiftleuchte. Ihr dünner Strahl fiel schräg in die Tiefe und traf auf ein Ziel!
Es waren die Ketten!
Nur hing niemand an ihnen, dennoch bewegten sie sich, als würden sie in der Luft schweben.
Sie wurden von einem Unsichtbaren gehalten!
Wir standen mitten auf der Treppe und mußten uns zunächst einmal an das Bild gewöhnen, das man ohne Übertreibung als eine echte Spukerscheinung bezeichnen konnte.
Vier Ketten schwebten in die Luft. Zweimal dicht über dem Boden, später in Armhöhe.
Ein unsichtbares Kettengespenst. So etwas hatte ich auch noch nicht erlebt.
Sukos Atem blies wie ein warmer Wind an meinem linken Ohrläppchen vorbei. Der Inspektor wußte sich auch keinen Rat, als an meiner Schulter vorbei nach unten zu schauen, wo sich das Kettengespenst auf einer der letzten Stufen aufhielt.
Ich hatte bisher auf den Einsatz meiner Berette verzichtet, denn wo es kein Ziel gab, brauchte ich auch nicht zu schießen.
Und so warteten wir.
Da sich unsere Augen allmählich an das unheimliche Licht gewöhnt hatten, konnten wir auch mehr erkennen. Beide glaubten wir, zwischen den Ketten ein geheimnisvolles Glühen zu sehen, das sogar Umrisse bekommen hatte, die man im entferntesten als menschlich bezeichnen konnte.
Befand sich doch ein Unsichtbarer zwischen den Ketten?
»Wir sollten es uns aus der Nähe anschauen«, schlug Suko vor und stieß mich leicht an.
Ich nickte.
Gleichzeitig hörten wir eine Stimme. Da sich niemand außer uns noch in der Nähe aufhielt, mußte die Stimme dem Unsichtbaren gehören.
Eine andere Möglichkeit sah ich nicht.
»Kommt näher, ihr braucht keine Angst zu haben. Man hat mich erwischt, ich bin für die Ewigkeiten verflucht. Ich geistere durch das Haus, denn die Ruhe finde ich nie.«
»Wer bist du?« flüsterte ich.
»Kommt näher, dann werde ich es euch sagen!«
Weder Suko noch ich glaubten, daß uns dieses Gespenst reinlegen wollte. Aus diesem Grunde wagten wir es und stiegen behutsam die Stufen der Treppe hinab.
Diese im Unsichtbaren lauernde Erscheinung schien uns wohl gesonnen zu sein, deshalb hatten wir beide keine Angst, ihr entgegenzugehen. Suko brachte mich auf die Idee, es einmal mit dem Kreuz zu versuchen. Das tat ich auch, allerdings erst, als wir zum Greifen nahe vor den Ketten stehenblieben.
Ich holte das Kreuzifix hervor. Kaum war es sichtbar, als es von einem Strahlenkranz umgeben wurde und ich im nächsten Augenblick die schwache Stimme vernahm.
»Das Kreuz, du trägst die Rettung…«
Ich wußte nicht, wie diese Worte gemeint waren, deshalb brachte ich das Kreuzifix näher an die für uns nicht sichtbare Gestalt heran.
Etwas Gespenstisches geschah.
Innerhalb der Ketten veränderte sich etwas. Dort begann die Luft zu tanzen und zu flimmern. Gleichzeitig nahm sie eine silbergrüne Farbe an, die sich so verdichtete, daß wir eine Nebelgestalt erkennen konnten.
Sie sah tatsächlich aus wie ein Gespenst.
Und wir sahen jemand vor uns, der gefesselt worden war. Er erinnerte uns an eine Plasmawolke. Schwach nur war sein Gesicht zu erkennen, ein feiner Schleier, mehr nicht. Auch der übrige Körper war derartig gestaltet. Er kam mir vor wie ein dünnes Hemd.
Ich schluckte ein paarmal, denn ich mußte mit dieser neuen Tatsache erst fertig werden.
In der Wolke schwebte ein Gesicht. Eine uralte, von Pein und Qual gezeichnete Fratze. Sie besaß ein menschliches Aussehen, wobei sie mich
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