0333 - Einer blieb übrig
Uhr. Endlich war es zehn Uhr dreißig. Schweren Herzens ließ ich meinen Jaguar, der zu leicht hätte auffallen können, im Stall. Wir benutzten einen unserer unauffälligen Dienstwagen, der unter der Haube eines serienmäßigen Chevrolets einen starken Motor verbarg.
Wir fuhren die First Avenue hinauf und über eine Schleife auf die Triborough Bridge zu.
Wir bogen rechts ab und folgten der Buslinie. Nur wenige Straßenlaternen brannten. Das Stadion war in Finsternis getaucht, nur aus dem kleinen Haus des Verwalters schien Licht.
Wir überquerten den Arm des Flusses, der die Insel von Wards Island trennt, und machten an der Bus-Station kehrt. Bevor wir das Stadion erreichten, bogen wir rechts ab zum Tennisclub und wieder links unter der Triborough Bridge hindurch, bis wir dort anlangten, wo wir, hinter einer Hecke verborgen, die Stadionstraße erblicken konnten.
Es war elf Uhr fünfzehn.
Ein Omnibus fuhr fast leer hinter uns vorüber. Er war wie eine Insel des Lichts in der Finsternis. Der Mond kam durch die Wolken, aber es war ein halber Mond, der die Dunkelheit nicht zu mildem vermochte.
Ein weiterer Bus kam vorbei. Genau um elf Uhr dreißig kam der dritte.
Die Plattform war leer bis auf den Schaffner und eine weibliche Gestalt, die an der Kreuzung ausstieg. Ohne sie erkennen zu können, wussten wir, wer es war.
Sie trug ein großes, in Papier gewickeltes Paket fest an sich gepresst unter dem rechten Arm. Einen Augenblick stand sie unschlüssig. Dann ging sie schnell auf die Stadionstraße zu.
Wir hörten den Rhythmus ihrer klappernden Absätze. Sie ging, ohne jemandem zu begegnen. Von Zeit zu Zeit blickte sie sich suchend um. War es der Erpresser, auf den sie wartete, oder wollte sie sich vergewissern, dass sie nicht belauscht oder bewacht wurde?
Als sie an einer Laterne vorbeiging, konnten wir sie deutlich erkennen. Sie trug einen Regenmantel und ein Kopftuch.
Jetzt hatte sie das Stadion erreicht.
Einen Augenblick zögerte sie. Sie schien sich zu überlegen, ob sie die sich um das Sportfeld windende Straße nach rechts oder nach links einbiegen sollte. Dann entschied sie sich für rechts. Sie 28 ging jetzt langsamer und blieb alle fünfzig Schritte einen Augenblick stehen. Für kurze Zeit verschwand sie unserem Blickfeld, um dann wieder aufzutauchen.
Sie passierte das Haus des Verwalters.
Es war elf Uhr dreiundvierzig, als sie begann, das Stadion zum zweiten Mal zu umkreisen.
Ihre Schritte wurden immer langsamer. Ihr Kopf senkte sich. Es schien, als schleppe sie sich nur mit Mühe dahin. Diesmal dauerte es bis zwölf Uhr zehn, ehe sie wieder am Verwalterhaus anlangte.
Sie stellte das Paket ab und lehnte sich gegen die Mauer.
Ich hatte den Eindruck, dass sie vor einem Zusammenbruch war, aber wir rührten uns nicht. Denn der Verbrecher konnte immer noch jeden Augenblick auftauchen, um die erpresste Summe zu kassieren.
Zehn lange Minuten stand sie niedergeschlagen vor dem Verwalterhaus.
Dann, um zwölf Uhr zwanzig, raffte sie sich auf und machte den Weg um das Stadion zum dritten Mal.
Um zwölf Uhr vierzig gab sie es auf. Sie wankte zur Omnibushaltestelle und wartete dort. Um diese Zeit der Nacht musste sie lange warten. Der Schaffner half ihr beim Einsteigen. Wahrscheinlich hätte sie es allein nicht geschafft.
Der Erpresser war nicht erschienen.
Hatte er davon Wind bekommen, dass wir ihm auflauerten oder wollte er die Frau mürbe machen, um seine Forderung zu erhöhen? Beides war möglich.
Über Sprechfunk gaben wir das unserem Chef durch. Unsere Posten konnten nach Hause gehen. Dann fuhren auch wir auf dem gleichen Weg, auf dem wir gekommen waren, zurück zum Office.
Gerade überquerten wir die 79. Straße, als der Sprechfunk sich meldete.
»Hallo, hallo! Wir rufen Cotton und Decker… Hallo, hallo! Wir rufen Cotton und Decker.«
»Hier sind wir. Was gibt es?«
»Fahren Sie sofort zur Atlantic Avenue in Richmond.«
»Was ist dort los?«
»Wir wissen es noch nicht. Ein Nachbar hat die City Police benachrichtigt. Im Hause der Mrs. Scillo muss etwas passiert sein. Er hat Schüsse gehört. Sobald wir Näheres erfahren, geben wir es durch. Die Richmond Police ist ebenfalls benachrichtigt.«
***
Folgendes war geschehen: Aufmerksam stand G-man Dodwin im Schatten einer Mauer, über die dichte Zweige eines Baumes hingen, schräg gegenüber dem Haus Atlantic Avenue 670, das unsere Leute Tag und Nacht bewachten. Es war zwölf Uhr dreißig. Vor einer halben Stunde hatte er seinen Kameraden
Weitere Kostenlose Bücher