0333 - Teris grausame Träume
seither so gut wie leer. Hin und wieder sah der Junior Carsten Möbius oder ein leitender Angestellter der Londoner Filiale mal nach dem Rechten, ob sich jemand im scheinbar leeren Haus eingenistet hatte und ob auch ansonsten noch alles in Ordnung war. Zamorra selbst hatte sich schon seit Monaten nicht mehr hier blicken lassen, und eigentlich, fand er, war es wieder an der Zeit.
Das Londoner Möbius-Büro versorgte auch den Jaguar XJ-12, den Zamorra seinerzeit angeschafft hatte, um auch in merry old England die Brötchen nicht zu Fuß vom etliche Meilen entferntet Bäcker holen zu müssen. Noch vor dem Abflug aus Lyon hatte Zamorra mit London telefoniert, und so wartete der dunkelgrüne Wagen bereits am Heathrow Airport auf die beiden »Urlauber«.
Zamorra fuhr. Er hatte die Nähe Londons kaum verlassen, als der Transfunk ansprach. Diese Geheimentwicklung des Konzerns, die auf einer von normalen Geräten nicht zu erfassenden Wellenlänge arbeitete und deshalb nicht abhörwar war, wurde eigentlich nur von den Führungsspitzen des Konzerns benutzt und unter strenger Geheimhaltung gehütet. Zamorra war die Ausnahme - da er oft genug mit Möbius senior und junior zusammenarbeitete und die beiden ebenfalls oft genug Kontakt mit dämonischen Kräften hatten, war auch der Parapsychologe an das Transfunk- Netz angeschlossen. So konnte er im Notfall schnellstens und abhörsicher erreicht werden.
»Hoppla, wer weiß denn, daß wir gerade hier im Wagen sitzen?« staunte Zamorra. »Doch nur das Büro in London und…«
Er hob ab und vernahm verzerrungsfrei die Stimme Raffaels.
»Es ist gut, daß ich Sie endlich erreiche«, sprudelte der alte Diener hervor. »Ich wollte London selbst nicht unbedingt alarmieren, da die Leute dort ohnehin nicht viel Durchblick haben, was diese Sache angeht, meine ich…«, und dann berichtete er von seinem Telefonat mit Ted Ewigk, dem anschließenden explosionsartigen Knall und dem tödlichen Schweigen danach.
»Ich habe noch einige Male über die britische Vermittlung versucht, Herrn Ewigks Wagen anzurufen, aber es kam kein Anschluß mehr zustande«, schloß er. »Vielleicht können Sie mehr erreichen, Monsieur!«
»Explosion? Hm«, murmelte Zamorra. »Und wo genau ist das gewesen? Vielleicht läßt sich über die örtliche Polizei etwas in Erfahrung bringen…«
»Ich kenne den Standort des Wagens doch nicht«, sagte Raffael bedrückt. »Ich kann nur vermuten, daß er noch in der Nähe von Wintherbottam Castle war.«
Zamorra und Nicole sahen sich an.
»Wir sehen uns die Gegend einmal an«, entschied der Parapsychologe. »Wenn irgendwo ein Rolls-Royce explodierte, ist das nicht unbemerkt geblieben, selbst in einsamster Landschaft. Wir werden ihn finden.«
Er beendete die Transfunk- Verbindung, und Nicole wählte per Landkarte den neuen Kurs. Erfreulicherweise wußten sie durch die Peters-Zwillinge und Ted Ewigk selbst, wo sie Wintherbottam Castle zu finden hatten.
Zamorra beschleunigte den Wagen ein wenig. Er fand die britischen Geschwindigkeitsbegrenzungen gerade in solchen Fällen ungemein lästig.
Aber er hatte mittlerweile gelernt, sich daran zu halten.
***
Teri Rheken erwachte. Sie brauchte einige Sekunden, um sich zurechtzufinden. Ja, der Mann, der hier neben ihr lag, war Gryf. Aber sie befanden sich nicht am Rand eines Waldes aus Krüppelkiefern, sondern in einer schlecht beleuchteten Holzhütte. Und sie hieß auch nicht Shady, sondern Teri.
Sie war nicht gefesselt. Gryf auch nicht. Beide lagen sie auf dem harten Boden, und vor ihnen am Tisch saß der Wachsbleiche auf einem Stuhl. Aber er war jetzt nicht mehr ganz so bleich; seine Hautfarbe war etwas frischer geworden. Er war mit etwas beschäftigt und blickte auf, als er bemerkte, daß Teri sich aufzusetzen versuchte.
Seine Augen waren schwarz und pupillenlos. Teri erschrak etwas, fing sich aber bald wieder. Sie sah zu Gryf.
»Er ist noch nicht wieder wach«, sagte der Schwarzäugige. »Es tut mir leid, daß so mit euch umgesprungen wurde. Aber ihr hättet eben nicht einfach so hereinkommen dürfen.«
»Was wird hier überhaupt gespielt? Und wer sind Sie?« wollte Teri wissen. Sie versuchte sofort wieder, nach seinen Gedanken zu greifen, tastete aber erneut ins Leere. Der Fremde schüttelte den Kopf.
»Nein, es hat keinen Sinn, meine Gedanken lesen zu wollen«, sagte er mit mildem Spott. »Ich denke in einer anderen Ebene, die du nicht erfassen kannst.«
»Sie sind kein Mensch«, erkannte Teri. »Was dann?«
»Ja, was
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