0334 - Der Hexenspiegel
Saranow war schon eher ein Praktiker. Es hätte ausgereicht, wenn Saranow und Zamorra sich um den Spiegel kümmerten. Semjonow konnte nur das fünfte Rad am Wagen sein und die beiden womöglich noch behindern. Aber es hatte keinen Zweck, ihn zurückzuhalten. Er war wahrscheinlich förmlich darauf programmiert, seinen Schützling Saranow nicht aus den Augen zu lassen.
Nicole zuckte mit den Schultern. Sie sah, wie die drei den Empfang durchquerten und die Treppe nach oben benutzten.
Saranow marschierte voraus. Vor der Tür, hinter der der Spiegel im Doppelzimmer stand, wurde er langsamer. Zamorra konnte ihn verstehen.
Saranow hatte üble Erfahrungen mit dem Spiegel gemacht. Der Meister des übersinnlichen nahm das Amulett ab und aktivierte es mit einem konzentrierten Gedankenbefehl. Er spürte, wie es zu vibrieren begann.
Es registrierte Schwarze Magie und meldete sie.
Aufmerksam sah Saranow zu. »Was ist das für eine Scheibe?« fragte er.
»Eine Art Waffe«, sagte Zamorra. »Ein äußerst vielseitiges Instrument.« Während er sprach, öffnete er die Tür und ließ sie nach innen aufschwingen.
Sein Blick fiel auf das zerwühlte Bett, auf dem Abramov gestorben war.
Man hatte noch nichts am Zustand des Zimmers geändert, nachdem der Tote abtransportiert worden war. Selbst die Deckenlampe lag noch auf dem Bett. Zamorra sah sich um. Er sah den Spiegel und streckte die Hand mit dem Amulett aus.
Es erwärmte sich.
»Die Kraft ist aktiv«, murmelte Zamorra. »Passen Sie auf, Herrschaften. Wir müssen mit einem Angriff rechnen.«
»Bei Tageslicht?« wunderte sich Saranow. »Nun ja…«
Weiter kam er nicht. Denn der Angriff hatte bereits begonnen.
Zamorra ließ das Amulett fallen, als sei es glühend heiß. Er wirbelte auf dem Absatz herum, und seine gestreckte Handkante erwischte Saranow.
Der hünenhafte Russe gurgelte und taumelte zurück. Semjonow reagierte ein paar Sekundenbruchteile zu spät. Zamorra traf ihn mit einem Karateschlag und katapultierte ihn förmlich aus dem Zimmer hinaus.
Semjonow stürzte. Im Fallen griff er zur Dienstwaffe und zog sie aus dem Schulterholster.
Zamorra flog förmlich durch die Luft auf ihn zu und schlug ihm die Waffe aus der Hand. Mit einem weiteren Schlag betäubte er den Agenten.
Er sah einen Schatten hinter sich. Er fuhr herum, aber der Schatten war schneller. Etwas sauste auf Zamorra herab und löste in ihm eine Explosion aus, der absolute Schwärze folgte.
Zamorra hatte die Besinnung verloren.
Boris Saranow rieb sich die Faust, mit der er zugeschlagen hatte. Er kämpfte gegen ein würgendes Gefühl an. Zamorra hatte ihn verdammt hart erwischt. Der Russe verstand nicht, was mit dem Parapsychologen geschehen war. Was war in ihn gefahren? Er hatte den Test doch bestanden!
Saranow kehrte vorsichtig ins Zimmer zurück und nahm das Amulett auf. Es glühte und vibrierte nicht mehr. Saranow betrachtete es nachdenklich, dann ging er zurück in den Korridor. Zamorra hatte es eine Waffe genannt und gegen den Spiegel gerichtet. Damit mußte er doch etwas bezweckt haben. War er vielleicht im nächsten Moment geistig übernommen worden?
Das war die einzige Erklärung, die Saranow fand.
Vielleicht konnte er dann mit dem handtellergroßen Amulett etwas bei Zamorra ausrichten. Er drückte es gegen Zamorras Brust.
Der Bewußtlose zuckte wie unter Stromstößen und stieß einen langanhaltenden, wilden Schrei aus.
***
Nadija hatte eiskalt ihre Chance genutzt und war Zamorras Angriff zuvorgekommen.
Sie nutzte die Möglichkeit aus, die sie sich in der Nacht zuvor unbeabsichtigt selbst geschaffen hatte. Die Spiegelsplitter, die Zamorra Kratzwunden zugefügt hatten… durch sie war etwas von Nadijas Magie in sein Blut geraten, und es fiel ihr leicht, ihn unter ihren Einfluß zu zwingen.
So griff er nicht sie an, sondern wandte sich gegen die beiden Russen.
Aber so einfach war Saranow nicht auszuschalten. Er schlug Zamorra nieder, während der mit Semjonow beschäftigt war. Und dann setzte Saranow das Amulett ein, um Nadija aus Zamorras Körper zu vertreiben!
Es war ungeheuer schmerzvoll, und sie reagierte mit aller Macht, die ihr zur Verfügung stand!
***
Zamorra, der Bewußtlose, schnellte sich hoch. Er trat Saranow das Amulett aus der Hand und erwischte ihn gleich noch einmal hart. Der massige Russe wurde herumgewirbelt. Er traute seinen Augen nicht, Mit geschlossenen Augen kämpfte der Mann, der doch besinnungslos war, wie ein Berserker und versuchte Saranow zu töten!
Der
Weitere Kostenlose Bücher