0334 - Der Hexenspiegel
Mademoiselle Duval.«
»Sind Sie sicher, daß das Ihre Assistentin ist?« rief Saranow. »Sind Sie sicher, daß Sie Zamorra sind? Warten Sie! Wir werden sehen…«
Zamorra wollte einen Schritt vorwärts tun, aber Nicole hielt ihn zurück.
»Vorsichtig«, warnte sie. »Er wird seine Gründe haben.«
Saranow griff in die Tasche und zog Kreide hervor; er hatte sich in den Morgenstunden neue besorgt und sie mit einer Beschwörung magisch aufgeladen. Jetzt zeichnete er einen Kreis auf den Teppichboden. Der Hotelbesitzer, der momentan mangels Personal den Empfang managte, holte tief Luft und wollte loszetern, aber ein strenger Blick des KGBOffiziers ließ ihn schweigen. Saranow umgab den Kreis mit magischen Symbolen.
»In den Kreis treten. Nacheinander«, verlangte er. »Erst die Frau. Genosse Spion, paß gut auf den Mann auf. Ich traue den beiden nicht.«
Zamorra und Nikole sahen sich an, dann ging Nicole langsam auf den Kreis zu. Sie kannte die Symbole. Sie wirkten auf schwarzmagische Wesenheiten abschreckend. Nicole fragte sich, warum Saranow das verlangte.
Was bezweckte er damit? Wollte er sie beide einem Test unterziehen?
Natürlich, aber sie waren doch nicht schwarzmagisch!
Jäh entsann sie sich, daß sie einmal schwarzes Blut besessen hatte, wenn auch nur vorübergehend. Und da war das seltsame Serum des Dunklen Lords…
Wie würde es auf die Ausstrahlung der Symbole reagieren?
Nicole hielt unwillkürlich den Atem an. Noch ein Schritt… dann war sie vor dem Kreis. Sie spürte ein leichtes Kribbeln, das aber sofort wieder verging. Dann gab sie sich einen Ruck und trat in den Kreis hinein.
Nichts geschah.
»Und nun?« fragte sie. »Was soll das Ganze?«
Saranow zitierte einen Zauberspruch. Das Kribbeln kam wieder, aber Nicole rührte sich nicht. Schließlich nickte Saranow.
»Ich kann es zwar nicht so recht fassen, aber Sie scheinen in Ordnung zu sein. Verlassen Sie den Kreis. Jetzt ist der Mann an der Reihe.«
»Was versprechen Sie sich davon, Boris?« fragte Semjonow.
»Vielleicht ist es ein Ablenkungsmanöver der Macht im Spiegel. Ich soll die Frau für ›sauber‹ halten, und in Wirklichkeit manifestiert sie sich in dem Mann.«
»Aber das ist Unsinn, was Sie da reden«, rief der KGB-Mann, der Zamorra und Nicole am Flughafen in Empfang genommen hatte. »Sie sind aus dem Flugzeug gestiegen. Sie müssen echt sein…«
»Aber sie können unter Bewußtseinskontrolle stehen«, sagte Saranow.
»Los, Monsieur Zamorra. Treten Sie in den Kreis und beweisen Sie damit, daß Sie wirklich Professor Zamorra sind.«
Zamorra tat ihm schulterzuckend den Gefallen. »Jetzt zufrieden, Towarischtsch Saranow? Vielleicht erklären Sie uns nun, was das Ganze zu bedeuten hat. Warum sind Sie so mißtrauisch und übervorsichtig?«
»Ich hatte in der Nacht ein Erlebnis«, sagte er. »Sie, junge Dame, habe ich darin gesehen. Sie waren das Wesen, das mich zu töten versuchte.«
Nicole schluckte.
»Eigenartig«, sagte sie.
»Ich glaube, wir haben alle unsere Spiegel-Erlebnisse gehabt«, sagte Zamorra. »Ich halte eine Menge davon, wenn wir uns bei einer Tasse Kaffee zusammensetzen und uns gegenseitig von unseren Erlebnissen berichten.«
»Was soll das bedeuten?« fragte Semjonow.
Zamorra lächelte ihn an. »Ich bin davon überzeugt, daß wir – Mademoiselle Duval und ich – schon mit Ihrem Spiegel zu tun hatten. Sie sind Professor Saranows Assistent?«
»Njet«, brummte Saranow. »Meine beiden Assistenten wurden ermordet. Das hier ist der Genosse Spion, der aufpaßt, daß ich keine Staatsgeheimnisse über unsere Psi-Forschung an den bösen Feind verrate. Kapitän Igor Semjonow vom KGB.«
»Sie sollen aufhören, mich ›Genosse Spion‹ zu nennen, verdammt noch mal!« zischte Semjonow auf russisch.
»Semjonow?« stutzte Zamorra. »Der Name kommt mir bekannt vor. Ich kannte einmal eine junge Frau. Tanja Semjonowa. Sie arbeitete auch für den KGB – anfangs.«
»Sie desertierte«, sagte Semjonow. »Sie ist meine Schwester. Sie hat mir einiges über Sie erzählt, daher war ich ziemlich schnell bereit, dem 69 Drängen Professor Saranows zu folgen und Sie hierher holen zu lassen. Tanja ist seit einiger Zeit spurlos verschwunden. Wissen Sie vielleicht etwas über ihren Verbleib? Ich meine, wenn Sie sie kennen…«
Zamorra schluckte. Er sah Nicole an.
»Die Welt ist doch verflixt klein«, flüsterte Nicole bedrückt.
»Ihre Schwester ist tot, Gospodin«, sagte Zamorra leise. »Sie wurde ermordet, doch ihr
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