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0334 - Der Hexenspiegel

0334 - Der Hexenspiegel

Titel: 0334 - Der Hexenspiegel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Kurt Giesa
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ohnehin schon schwer angeschlagene Russe wich zurück. Er taumelte rückwärts über den Korridor, bis er die Treppe erreichte. Mit geschlossenen Augen setzte Zamorra nach. Der Russe duckte sich unter einem wuchtigen, blitzschnell geführten Schlag hinweg, mußte den nächsten hinnehmen, stürzte gegen das Treppengeländer. Es hielt, aber es knackte und krachte verdächtig. Saranow stürzte die Stufen hinunter, überschlug sich einige Male und blieb unten liegen.
    Zamorra stand oben an der Treppe, sah mit geschlossenen Augen hinunter – und wandte sich dann um.
    Er betrat das Zimmer, in dem der Spiegel stand. Vor diesem kauerte er sich nieder. Er ergriff den Rahmen mit beiden Händen und wollte ihn anheben. Da stürmte jemand die Treppe hinauf.
    Der Parapsychologe straffte sich. Er lauschte den Schritten. Irgend etwas in ihm wehrte sich gegen den neuerlichen Befehl, und Zamorra erhob sich, schnellte sich durchs Zimmer und riß das Fenster auf. Er zog die Rolläden hoch, die immer noch heruntergelassen waren – nur durch die offene Tür gelangte etwas Licht ins Zimmer.
    Zamorra beugte sich nach draußen. Mit traumwandlerischer Sicherheit erkannte er links den vorspringenden Küchen-Anbau und schnellte sich durch das Fenster nach draußen. Er kam gerade noch an der Dachkante auf, drohte rücklings weiter in die Tiefe zu stürzen und ruderte wild mit den Armen. Er fing sich, duckte sich und sprang jetzt gezielt die vier Meter in die Tiefe. Irgendwie ahnte er, daß sich oben jemand aus dem Fenster beugte, den er gut kannte, und er rannte sofort weiter.
    Er war wie eine Katze aufgekommen, ohne sich etwas zu brechen oder zu verstauchen. Er lief auf den Zaun zu, schnellte sich mit einem Hechtsprung hinüber und rannte über das benachbarte Grundstück davon, schlug Haken, verschwand hinter einem Haus.
    Dann erst blieb er stehen.
    Der Hexengeist, der ihn steuerte, zog sich zurück. Der kontrollierbare Zamorra war erst einmal in relativer Sicherheit. Die Kontrollmöglichkeit blieb, aber die Hexenseele mußte sich jetzt anderen Dingen widmen. Er hatte sich dem Befehlsimpuls widersetzt, auch gegen die auf der Treppe heraufstürmende Person vorzugehen, und seinen Körper zur Flucht gezwungen, um dem Befehl nicht gehorchen zu müssen. Das war erstaunlich.
    Als der Kontrollgeist den Körper verließ, sank Zamorra wieder bewußtlos zusammen. Sein wahrhaftes Unterbewußtsein war nicht in der Lage, ihn aufrecht zu halten.
    Zwischen einer Hauswand und einem Wellblechschuppen blieb er reglos liegen.
    ***
    Zamorras wilder Schrei hatte Nicole, die unten wartete, alarmiert. Oben war etwas fehlgeschlagen. Jetzt mußte sie doch eingreifen. Der KGBMann, der den Tschaika fuhr, war wieder draußen und bekam höchstwahrscheinlich von allem nichts mit.
    Als Nicole die Treppe erreichte, kam Saranows Körper gerade zum Liegen. Nicole unterbrach ihren Lauf, kauerte sich neben dem Parapsychologen nieder und untersuchte ihn schnell. Er atmete, also lebte er noch. Er schien nur bewußtlos zu sein. Nicole zerrte den massigen Mann von der Treppe und brachte ihn in die stabile Seitenlage, dann hetzte sie weiter nach oben. Inzwischen waren auch andere Leute aufmerksam geworden, aber darauf achtete Nicole nicht. Sie sah nur, daß der Hotelbesitzer zornentbrannt die Treppe hinaufstampfen wollte, um zu sehen und darüber zu zetern, was denn nun wieder los sei.
    »Untenbleiben!« schrie sie ihn auf englisch an. Er verstand’s und gehorchte eingeschüchtert von Nicoles Entschlossenheit und vor allem durch den Anblick des bewußtlosen Boris Saranow.
    Auf dem Gang lag Semjonow, ein paar Meter weiter seine Pistole. Nicole stürmte in den Raum hinein und sah, wie Zamorra sich gerade abstieß und durch das Fenster verschwand.
    Nicole erstarrte. So, wie sie hier hineingestürmt war, hätte sie in eine prachtvolle Falle laufen können. Auch jetzt noch bestand Gefahr! Sie sah sich um, aber da war nur der Spiegel, und Zamorras Amulett hatte sie draußen auf dem Korridor gesehen.
    Sie eilte zum Fenster.
    Zamorra war unten. Sie sah ihn laufen und verschwinden.
    Er floh – ohne das Amulett? Das konnte nur bedeuten, daß er in den Bann der fremden Macht geraten war. So wie drüben in England sie, Nicole. Irgend etwas hatte ihn blitzschnell übernommen.
    Das war alles andere als gut. Nicole fühlte sich unbehaglich und einen langen Moment recht hilflos. Zamorra unter dem Einfluß der gegnerischen Macht!
    Langsam drehte sie sich um, ging zur Zimmertür. Da lag das

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