0334a - Wir gegen 'Mastermind'

den Ermittlungen der Polizei vorliegen haben. Nur ungern war der junge Arzt Tom Constant der Einladung seines Chefs Carter nachgekommen und mit ihm in ein Blockhaus nach Annadale gefahren. Aber Constant war seinem Chef zu großem Dank verpflichtet und konnte die Wochenendeinladung nicht abschlagen. Carter hatte ihn sofort nach seinem Doktorexamen engagiert und ihm so zu einem achtbaren Verdienst verholfen. Zum anderen war der junge Mann auch sehr schnell zu einer echten Hilfe des Arztes geworden, denn Carter hatte ein Gebrechen: Sein linker Arm war gelähmt. Wie gesagt - Constant war keineswegs begeistert über diese Einladung. Dennoch kam es am Tage ihrer Ankunft zu einem außerordentlich großen Trinkgelage. Niemand weiß heute mehr, wie viel in jener unglückseligen Nacht getrunken worden ist.«
    Hier machte der Attorney eine Kunstpause, um die Schilderung des folgenden Tatbestands tiefer wirken zu lassen. »Fest steht nur, dass der Angeklagte den Alkohol nicht vertragen konnte. Als nämlich am anderen Morgen Albert Melvon, ein Jagdaufseher, zur Hütte Carters kam, bot sich ihm ein abscheuliches Bild. Schlafend, noch immer im Vollrausch, lag Tom Constant neben einem Hauklotz. In seiner Hand hielt er ein blutiges Beil. Auf dem Klotz selbst lag die Hand Carters…«
    Mr. High schaltete das Tonband ab.
    »Soweit unser Attorney. Natürlich ist es sein gutes Recht, die Dinge so zu sehen. Es spricht ja auch vieles gegen den jungen Arzt.«
    Ich nickte.
    »Einiges war für mich neu«, sagte ich. »Constant soll also Carter im Vollrausch ermordet haben?«
    »Ja, genau zu diesem Schluss ist die Staatsanwaltschaft aufgrund des Alkoholtests gekommen.«
    »Und im Vollrausch soll er die Leiche weggebracht haben?«
    »Das ist unmöglich«, sagte Phil. »Kein Volltrunkener könnte das schaffen.«
    »Vielleicht hat er den toten Carter aber auch nur einige Meter weit geschleppt und ihn dann verscharrt«, meinte ich. Ich hatte das ausgesprochen, als es bei mir einrastete. Ich wusste mit einem Mal, dass Tom Constant unschuldig war und dass es Leute gab, denen meine Bodenuntersuchungen überhaupt nicht gefallen hatten.
    »Von welcher Statur war Dr. Carter eigentlich?«, fragte ich den Chef.
    Er schaute in den Akten nach und fand sofort die gewünschte Angabe.
    »106 cm Leibesumfang genau.«
    Ich schüttelte den Kopf.
    »Dann hat Tom Constant niemals auf dem Gelände um die Hütte die Leiche seines Chefs verscharrt.«
    »Warum nicht?«, wollte Phil wissen.
    Ich wies auf meinen Hinterkopf und zeigte die Beule.
    »Heute war ich bei der Jagdhütte. Ich nahm eine Bodenprobe und wollte gerade den Tatort besichtigen, als ich hinterrücks zu Boden geschlagen wurde. Vermutlich donnerte mir jemand einen Totschläger auf den Kopf.«
    Phil besah sich meine Beule und fragte anzüglich: »Kannst du mir einen besonderen Grund für das Vorgehen dieses lieben Zeitgenossen nennen?«
    »Natürlich. Die Bodenprobe war es, die ihn störte. Deswegen schlug er mich nieder. Der Boden hat dort nur eine Oberschicht von fünfzehn Zentimetern. Darunter ist Schiefer.«
    »Was besagt das? Ich bin schließlich keine Geologe«, fragte Phil.
    »Ganz einfach. Wenn man nur eine Bodendicke von 15 cm zur Verfügung hat, kann man dort nicht einen Mann mit einem Leibesumfang von 106 cm vergraben.«
    Phil kratzte sich verwirrt am Kopf und Mr. High schob mir ein Aktenbündel zu.
    »Lesen Sie sich diese Unterlagen durch. Ich wünsche Ihnen viel Glück. Aber denken Sie daran, wir haben vornehmlich ein Rauschgiftverfahren und einen Mord zu klären. Es ist noch lange nicht erwiesen, dass der ermordete Carter mit dem Rauschgifthändler Carter identisch ist. Dr. Carter ist seit mehr als vier Wochen tot, und der Rauschgifthändler hat vor drei Tagen sechs Menschen ermordet. Für einen Toten ist das etwas viel Aktivität.-«
    ***
    Ich war ahnungslos wie ein Wähler vor der Stimmabgabe, als ich wenige Stunden später den Schlüssel zu meiner Wohnungstür ins Schloss schob.
    Die Milchflasche vom Morgen stand ordentlich auf der Fußmatte und der Geruch von Reinigungsmitteln verriet mir, dass die Putzfrau wieder einmal heiß gekämpft hatte, um in meiner Junggesellenwohnung Ordnung zu schaffen.
    Ich knipste.das Licht im Flur an und hängte den Mantel an den Haken. Zufällig blickte ich zu Boden.
    Gewöhnlich sind meine Reaktionen ziemlich schnell. Das empfiehlt sich in meinem Beruf. Andernfalls kommt man nicht lange in den Genuss seines kärglichen Gehaltes, und die Pensionsgelder sieht