0335 - Die goldenen Skelette
Außenrand hielt sie sich. Obwohl die Bola schwang, klackten oder stießen die Kugeln nicht aneinander. So perfekt beherrschte Maria diese Waffe.
Unhörbar erreichte sie das Ende der Treppe.
Die vier Männer standen längst nicht mehr in der Halle, aber die Frau wußte genau, welchen Weg sie genommen hatten.
Und den ging sie auch. Auf Zehenspitzen.
Die Brille war ein wenig verrutscht. Sie trug sie nicht immer, nur wenn sie genau werfen und zielen mußte.
Völlig geräuschlos bewegte sie sich durch den Salon. Nirgendwo stieß sie gegen und erreichte den Gang, der später zu einem Stollen wurde und den die Männer längst erreicht haben mußten.
Niemand hörte sie. Keiner vernahm ihre Schritte. Wahrscheinlich war auch keiner der vier auf die Idee gekommen, daß ihnen noch ein Mitglied der Familie folgte.
Sie hielt sich dicht an der Wand. Und sie vernahm die Stimmen der anderen.
Wahrscheinlich war die Luke schon aufgezogen worden. Maria ging jetzt schneller.
Auf dem Weg zu ihrem Ziel machte sie die Bola wurfbereit.
Ja, das würde passen…
Der blonde Engländer faßte soeben ihren Sohn an der Schulter und wollte ihn herumwirbeln, während der Chinese Romano nicht aus den Augen ließ.
Hatten sie Verdacht geschöpft?
Wenn ja, dann würden sie sich in den nächsten Sekunden wundern.
Einen Schritt trat Maria in die Gangmitte hinein, schwang die Bola wie ein Lasso und schickte im nächsten Augenblick die drei Kugeln auf die Reise.
Mit vor Triumph weit aufgerissenen Augen schaute sie den Volltreffern zu…
***
Claudine Auber hörte ihren eigenen Schrei noch als Echo, obwohl sie den Mund schon geschlossen hatte. Schließlich war er verhallt, und sie sah sich mit dem konfrontiert, was sie umgab.
Ihr Feuerzeug brauchte sie nicht mehr einzuschalten, denn die drei goldenen Skelette gaben genügend Licht ab.
Die Helligkeit floß aus der Wand. Ein fluoreszierendes Leuchten flimmerte als geisterhafter Schein über das sie umgebende und bis an die Wände reichende Moor.
Es ließ die sonst so schwarze Fläche schaurig, geisterhaft und gleichzeitig unwirklich erscheinen.
Claudine kam sich vor wie im Mittelpunkt einer makabren Horror-Geschichte, und so verhielt sie sich auch. Sie hockte verängstigt auf der runden Holzplatte, wagte nicht, sich zu rühren, sondern schaute nur zu den drei Goldenen in der Wand hin.
Dabei erinnerte sie sich daran, daß auch der jetzt tote Pierre von den drei goldenen Skeletten gesprochen hatte. Sie umgaben ein gut gehütetes Geheimnis, und sie waren es auch, die man ruhig als Initialzündung bezeichnen konnte.
Noch taten die Skelette nichts. Beim Auftauchen des ersten Monstrums in der Disco hatte das Mädchen sich kaum erschreckt. Da war sie nicht allein gewesen, sondern in Begleitung. Zudem hatten sich zahlreiche Zeugen in der Nähe befunden. Hier jedoch, eingeschlossen in einem tiefen Schacht, sah die Lage schon völlig anders aus.
Den Skeletten würde es sicherlich nichts ausmachen, sie zu töten.
Und davor fürchtete sie sich.
Noch taten sie nichts. Sie standen da, strahlten ihren goldenen Schein ab und hielten die Knochenköpfe gesenkt, um das mitten im Moor sitzende Mädchen anschauen zu können.
Claudine wußte selbst nicht, aus welchem Grund sie anfing zu lachen.
Sie mußte es einfach, und sie breitete dabei ihre Arme aus. »Was… was wollt ihr von mir?« fragte sie, immer wieder durch ein Lachen unterbrochen. »Verdammt, sagt es mir doch …«
Die Skelette schwiegen.
Dafür bewegten sie sich. Als würden sie von nicht sichtbaren Bändern geführt, schwärmten sie aus. Die beiden außenstehenden Knöchernen drückten sich nach rechts und links weg.
Wieder geschah dieses Phänomen, für das Claudine Auber keine Erklärung besaß.
Die goldenen Skelette bewegten sich tatsächlich innerhalb der Wand.
Lautlos geschah dies, und sie schwangen vor, als gäbe es für sie überhaupt keine Widerstände.
Sie selbst berührten sich nicht. Die knöchernen Arme hingen rechts und links von ihren Körpern herab, als würden sie überhaupt nicht zu ihnen gehören.
So schwangen sie weiter…
Claudine konnte sich nicht sehr bewegen. Dazu war die runde Platte viel zu klein. Aber sie drehte den Kopf und verfolgte den Weg der Knöchernen.
Der mittlere veränderte seinen Standort nicht. Dafür hatten die anderen beiden eine Stellung eingenommen, die Claudine von sich aus als kreisförmig ansah.
Und sie wurde beobachtet.
Obwohl sie in den Augen der Knöchernen kein Leben sah, hatte sie
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