0336 - Die Geburt des Schwarzen Tod
geredet. Sie hat…« Seine weiteren Worte gingen in einem unverständlichen Gemurmel unter.
Suko jedoch war von diesen abgehackt gesprochenen Sätzen regelrecht alarmiert worden. Hatte er nicht unter einem Bann gestanden, er wäre vorgelaufen, so aber wurde er abermals durch den Willen der Frau gestoppt und erstarrte mitten in der Bewegung.
»Wer hat geredet?« rief Maria Canotti.
»Die Tote… sie … sie konnte sprechen.«
»Und worüber?«
»Von einem Mann. John Sinclair. Ich sah ihn mit einem Mädchen. Im Würfel, ich…«
»Er scheint zuviel zu wissen!« Mitten in das Schreien des Piloten fielen die Worte des Romano Canotti. Und dieser einfach dahingesprochene Satz wurde von der Frau als Befehl aufgefaßt.
Und zwar als Mordbefehl.
Suko konnte nichts machen. Zu stark war der Bann, unter dem er stand. Er schaute nur zu und sah, wie die Frau ihren rechten Arm in die Höhe drückte, um ihn kreisförmig zu bewegen.
Auch die Kugeln der Bola drehten sich mit. Gleichzeitig startete Maria, lief auf das Flugzeug zu, um genau die Wurfentfernung zu erreichen, die sie brauchte.
Daniel Ricon mußte sehen, daß da einiges nicht stimmte.
Vielleicht ahnte er die Gefahr auch, dennoch traf er keine Anstalten; ihr zu entgehen.
Er stand da wie festgewachsen und schaute zu, wie die gefährlichen Kugeln der jetzt goldenen Bola Kurs auf ihn nahmen.
In den Wurf hinein schallte das hohe, schrille Lachen der Frau.
Daniel Ricon hörte es noch, als sich das Band, an der die erste Kugel hing, blitzschnell um seinen Hals legte.
Erst jetzt riß er den Mund auf. Kein Schrei drang mehr über die Lippen, denn die Luft war ihm abgewürgt worden.
Noch in derselben Sekunde traf die zweite Kugel seinen Schädel.
Die dritte erwischte ihn im Unterleib, ließ ihn zusammenbrechen, und mit einem heftigen Ruck zog Maria die Bola und den daran hängenden Piloten nach vorn. Ricon bekam das Übergewicht. Er kippte.
Jeder sah ihn aus dem Ausstieg fallen, und jeder vernahm den dumpfen Aufprall, bevor Ricon regungslos liegenblieb.
Suko stand auf dem Fleck und hatte das Gefühl, sein Gehirn wäre mit Watte gefüllt. Er sah und hörte klar und deutlich, nur konnte er nichts unternehmen, der Bann der Goldenen ließ ihn nicht aus seinen Klauen.
Er schaute auf den Toten und hörte die Schritte.
Maria Canotti ging auf Daniel Ricon zu. Das Gold schimmerte auch in ihren hochgetürmten Haaren. Auf dem breitflächigen Gesicht lag die Farbe ein wenig im Schatten, als sie den Kopf drehte und Suko angrinste. »Glaubst du mir, daß er tot ist?« fragte sie.
Der Chinese nickte.
Mit geschickten Bewegungen löste die Frau die würgende Bolaschlinge vom Hals des Mannes. »Er hätte nicht zuviel verraten sollen. So etwas endet meist tödlich.« Sie lachte wieder. »Fast hätte es dich ja auch erwischt, Chinese.«
Suko schwieg. Was sollte er der anderen auch erzählen? Es gab zwischen ihnen keine Gemeinsamkeiten, zudem wollte es ihm nicht so recht gelingen, seine Gedanken zu ordnen, weil die eigenen noch immer von denen der Canottis überdeckt wurden.
»Die Maschine gehört uns!« erklärte Romano und setzte sich in Bewegung.
Hinter Suko erklangen Schritte. Luigi kam näher. Er drückte dem Inspektor den Lauf der Beretta in den Rücken, bevor er scharf flüsterte:
»Du kannst auch gehen, Chinese!«
Romano Canotti war bereits eingestiegen. Er half seiner Frau hoch, die sich trotz ihres Alters noch geschmeidig bewegte und den Inspektor erwartete. »Komm schon, wir wollen es so rasch wie möglich hinter uns bringen!« Sie begann meckernd zu lachen.
Suko blieb nichts anderes übrig, als dem Befehl Folge zu leisten.
Es fiel ihm immer noch schwer, sich zu bewegen. Hoch reckte er die Arme, packte den Rand des Ausstiegs, klammerte seine Hände darum und schaffte es, mit einem Klimmzug in die Höhe zu gleiten.
Das Ehepaar Canotti erwartete ihn lächelnd, während Luigi als letzter kletterte.
Suko hatte während des Flugs schon einige Zeit im Innern der Maschine verbracht. Dennoch kam sie ihm plötzlich so fremd vor, so leer, so kalt, einfach anders.
Möglicherweise lag es an der Anwesenheit der Canottis. Jedenfalls fühlte Suko sich unwohl.
Zwar stand die Familie noch nicht am endgültigen Ziel ihrer Wünsche, doch dicht davor.
Automatisch hatte sich Suko zu der Seite hingedreht, wo die Vitrine mit ihrem makabren Inhalt stand.
Niemand hatte sich daran zu schaffen gemacht. Sie befand sich noch auf demselben Fleck wie zuvor.
Suko setzte seine Schritte
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